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Kein Blick zurueck

Kein Blick zurueck

Titel: Kein Blick zurueck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Horan
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beinahe geschafft. Ich glaube, du hieltest länger durch als ich.«
    »Nicht absichtlich. Als Alden Interesse zeigte, hätte ich ihm beinahe eins übergezogen und ihn hinausgeworfen wie eine steinzeitliche Höhlenfrau.«
    Mamah lachte. »Ich glaube, Alden hat sich gut gebettet.« Sie dachte an ihre eigene Hochzeit. »Es ist traurig, dass meine Mutter nicht lange genug gelebt hat, um mitzuerleben, dass ich vor den Altar trat – denn das war es, was sie sich auf der Welt am meisten wünschte. Am Ende bereute sie den Tag, an dem sie Lizzie, Jessie und mich aufs College geschickt hatte, denn als ihre Kräfte allmählich nachließen, war nicht eine von uns verheiratet.«
    »Sie wünschte sich vermutlich, dass alles geregelt sein sollte«, sagte Mattie. »Sie wollte Gewissheit, dass ihr alle in Sicherheit seid. Ich kannte deine Mutter. Sie war stolz auf dich.«
    »Oh, ich glaube, anfangs war sie stolz. Sie wollte, dass wir eine Chance bekämen, die sie niemals hatte. Aber willst du die Wahrheit hören? Ich glaube, tief in ihrem Innern war sie der Ansicht, kultivierte Töchter machten die besseren Partien. Und wir, wir gingen stattdessen arbeiten. Am Ende war sie ganz sicher enttäuscht.« Mamah nickte, in Gedanken versunken. »Schließlich glaubte sie, die Ausbildung hätte uns für eine Ehe ungeeignet gemacht. Und manchmal glaube ich, sie hatte recht.«
    »Das ist aber ein ziemlich düsterer Blick auf dieses Thema.« »Nun, damals dachte ich, die Welt stände an der Schwelle zu einer Veränderung. Aber sieh dir uns an. Wir schreiben das Jahr 1909. Ich hätte mir damals nicht vorstellen können, dass wir heute nicht bereits das Frauenwahlrecht hätten.«
    »Diese Dinge brauchen ihre Zeit.«
    »Ich bin es müde«, sagte Mamah. »Das ganze Gerede dreht sich darum, das Wahlrecht zu erlangen. Es sollte selbstverständlich sein. Darüber hinaus gäbe es so viel mehr persönlichen Freiraum zu gewinnen. Und doch sind die Frauen Teil des Problems. Wir planen Dinnerpartys und basteln Kreppblumen. Es gibt zu viele von uns, die sich in einem kleinen Leben häuslich einrichten.«
    »Siehst so in deinen Augen mein Leben aus?«
    Mamah war über diese Frage bestürzt. »Nein, Mattie. Du tust in dieser Stadt wichtige Arbeit. Du weißt, was ich meine.«
    Am Nachmittag fuhr Mamah Mattie in die Stadt zu einem Obststand, an dem sie gerne einkaufte.
    »Wie waren heute die Horden in der Bibliothek?«, fragte Mattie.
    »Lebhaft.«
    »Clara Savory ist göttlich, nicht wahr?«
    »Sie war es, bis mir herausgerutscht ist, dass ich einen Magisterabschluss habe. Seitdem ist sie etwas abgekühlt.«
    »Ist sie von dir eingeschüchtert?«
    »Sie hat keine formale Ausbildung, weißt du. Ich habe nicht erwähnt, dass ich die Bibliothek in Port Huron geleitet habe, und natürlich füge ich mich ihren Wünschen. Aber manchmal kann ich Fragen beantworten, die sie nicht beantworten kann, dann fühlt sie sich nicht wohl in ihrer Haut. Bevor ich heute ging, sagte sie wie aus heiterem Himmel: ›Ich arbeite von morgens acht bis abends zehn. Und bekomme dafür acht Dollar im Monat. Zusätzlich zur Unterkunft, die aus einem Zimmer in einer Pension besteht.‹«
    »Hmm.«
    »Ich habe mit keiner Silbe meine Situation angesprochen. Ist es so offensichtlich, dass ich nicht weiß, was aus mir werden wird?«
    »Was Clara Savory denkt, spielt keine Rolle. Mich interessiert, was du denkst.« Matties Blick forderte eine Antwort. »Ich schätze, ich teste Boulder zurzeit. Um zu sehen, ob es passt.«
    »Dir ist es ernst damit, Edwin zu verlassen, nicht wahr?« »Ja. Aber jedes Mal, wenn ich darüber nachdenke, hier ein neues Leben anzufangen, stoße ich mit der harten Realität zusammen.« Mamah fand einen Parkplatz und stellte den Motor ab.
    »Gehen wir einmal von den allerbesten Umständen aus. Sagen wir, Edwin willigt in die Scheidung ein und erlaubt mir wie durch ein Wunder, die Kinder die meiste Zeit zu behalten. Er lässt zu, dass wir tausend Meilen von ihm wegziehen,und unterstützt uns sogar. Dann bin ich immer noch eine gebrandmarkte Frau, selbst hier in Boulder. Sobald ich keine verheiratete Frau mehr bin, die zu Besuch ist, sondern eine Geschiedene, würde das sogar meine ehrenamtliche Tätigkeit gefährden. Niemand will, dass Hawthornes Hester Prynne die Vorlesestunde der Kinder bestreitet.«
    »Oh, du übertreibst. Boulder ist nicht so rückständig.«
    Mamah half Mattie aus dem Auto und nahm auf dem Weg zum Obststand ihren Arm. »Oder«, fuhr Mamah fort,

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