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Kein Blick zurueck

Kein Blick zurueck

Titel: Kein Blick zurueck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Horan
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bedeutete, damit diese Schlagzeilen rückgängig zu machen.
    Mamah nahm den Zeitungsausschnitt mit ihrem Bild in die Hand.
    CHENEY FÜRSPRECHER DER
    DAVONGELAUFENEN EHEFRAU
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    Mann aus Oak Park erhebt keinerlei Vorwürfe gegen die Frau, die mit Frank L. Wright durchbrannte.
    TELEGRAMME WERDEN SIE
    MÖGLICHERWEISE AUFHALTEN.
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    Freunde hoffen, die »Seelenverwandten« aufzuhalten, ehe sie sich nach Japan einschiffen.
    Eine neue Phase der »spirituellen Wright-Cheney-Hedschra« begann gestern, als der Ehemann …
    Sie hatten Edwin bei Wagner Electric aufgelauert.
    »Mrs. Cheney war in dieser Situation unablässig schlimmsten Vorwürfen ausgesetzt, das ist nicht fair«, sagte er. »Diejenigen ihrer Freunde, die mit der Situation vertraut sind, wissen, dass sie nicht in dieser Weise verantwortlich gemacht werden kann, wie das bisher der Fall war… Wir alle wären dankbar, wenn man die Angelegenheit nun auf sich beruhen lassen könnte. InBezug auf ein Scheidungsverfahren oder irgendein anderes Vorgehen, das ich mir für die Zukunft möglicherweise vorbehalten werde, habe ich nichts mitzuteilen.«
    Edwin, dachte sie. Treuer Edwin.
    Freunde sagen, Mr. Cheney habe Wright schon seit über einem Jahr verdächtigt, doch seien die Beziehungen zwischen den beiden Familien dergestalt gewesen, dass ein offener Bruch öffentlichen Klatsch zur Folge gehabt hätte, und aus diesem Grund habe er diesen Verdacht für sich behalten. Ihre Freunde kennen Mrs. Cheney als eine sehr temperamentvolle, kapriziöse und gelegentlich auch sentimentale Frau. Sie hat in Ann Arbor studiert und hat ausgeprägte literarische Neigungen. Mrs. Cheneys Schwester, eine Lehrerin, lebt im selben Haushalt. Für die beiden Kinder gibt es eine Kinderfrau. Mrs. Cheney wird nachgesagt, sie habe ihnen wenig Zeit gewidmet.
    Mamah lag ausgestreckt auf dem Bett. Mrs. Cheney wird nachgesagt, sie habe ihnen wenig Zeit gewidmet.
    Bilder von Martha zogen vor ihren geschlossenen Augen vorbei. Da war sie, mit neun Monaten, mit ihren winzigen, pummeligen Füßchen. Sie kletterte auf Mamahs Körper herum wie auf einem Berg. Sie stellte einen Fuß auf die Hüfte ihrer Mutter, dann stieß sie sich ab und klammerte sich beim Aufstieg an Mamahs Nachthemd. Dann ging es weiter, über den Bauch und die Brüste, bis sie mit ihrer Mutter Auge in Auge war. Die leuchtend blauen Augen. Lachen und Fröhlichkeit. Der Duft nach Talkumpuder.
    Das Quietschen einer Türangel weckte sie.
    »Du kannst dich nicht ewig hier verstecken.« Frank stand neben ihrem Bett. Er sprühte vor Leben, wirkte beinahe gut gelaunt.
    »Jemand hat uns beobachtet.«
    »Worte der Medusa.« Frank stellte das Essen ab, das er ihr mitgebracht hatte, eine weitere Schale Suppe. »Iss das. Wir reden weiter, wenn du das im Magen hast.«
    Mamah setzte die Suppenschale an den Mund und trank sie aus. »Es ist alles verloren.« Ihre Stimme klang dumpf und weit entfernt.
    »Du lallst. Iss jetzt.« Frank nahm die leere Hustensirupflasche und warf sie in den Papierkorb. »Das alles wird vorübergehen. In ein paar Wochen kannst du in aller Stille zurückkehren, wenn du willst, und über die ganze Sache wird Gras wachsen. Diese Artikel waren bei ihrem Eintreffen bereits zehn Tage alt.«
    »Was sollen wir tun?«
    »Wir leben unser Leben. Berlin werden wir möglicherweise verlassen müssen, aber die Mappe werde ich fertigstellen.« Seine Gelassenheit war fantastisch. »Denkst du, ich lasse mir so schnell den Boden unter den Füßen wegziehen?«
    Wieder stiegen ihr die Tränen in die Augen.
    »Keine weiteren Tränen mehr. Komm, steh auf.« Er packte sie unter den Armen und zog ihren schlaffen Körper an die Bettkante, dann half er ihr ins Badezimmer. »Kommst du zurecht?«
    Sie nickte. Er verließ den Raum und schloss leise die Tür hinter sich.
    Mamah hielt sich am Waschbecken fest und sah sich selbst im Spiegel an. Ich sehe aus wie eine Verrückte, dachte sie.
    Sie setzte sich auf den Rand der Badewanne, drehte den Wasserhahn auf und sah zu, wie das Wasser lief und lief. Als die Wanne beinahe überfloss, griff sie mit der Hand hinein, um etwas Wasser daraus zu schöpfen, und ihre Haut verfärbte sich rosig. Sie zog ihr Nachthemd aus und setzte sich ins Wasser, dankbar für das Brennen. Sie ließ sich tiefer indie Wanne sinken, und das Wasser floss ihr in den geöffneten Mund und schwappte ihr in die Nasenlöcher.
    Atme ein.
    Im selben Moment ging die Tür auf, und wie ein Gespenst tauchte Frank aus dem Dampf mit einem Handtuch

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