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Kein böser Traum

Kein böser Traum

Titel: Kein böser Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
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rechnete sich dennoch gute Chancen aus. Allerdings musste er schnell zuschlagen. Und dazu musste er zuerst wissen, wo der Mann stand, der die andere Grundstücksgrenze bewachte. Den einen würde er mit bloßen Händen, den anderen mit der Waffe aus dem Verkehr ziehen. Dann würde er ins Haus stürmen. Leider war dadurch der Mann im Inneren des Hauses bereits gewarnt. Trotzdem würde er mit ihm fertig werden.
    Wu sah auf die Uhr. Zwanzig Minuten vor drei.
    Er trat gerade den Rückzug um das Grundstück herum an, als die Hintertür des Hauses aufging. Grace trat ins Freie. Sie hatte einen Koffer in der Hand. Wu hielt inne und beobachtete sie. Sie
legte den Koffer in den Kofferraum ihres Wagens. Sie ging ins Haus zurück. Sie tauchte mit einem zweiten Koffer und einem Paket wieder auf – dasselbe Paket, so schätzte er, das sie vor der Haustür aufgehoben hatte.
    Wu eilte zu dem Wagen zurück, den er benutzte – es war, Ironie des Schicksals, der Ford Windstar der Lawsons, allerdings hatte er an der Palisades Mall das Nummernschild ausgetauscht und einige Aufkleber an der Stoßstange angebracht, um von diesem Umstand abzulenken. Die Leute erinnerten sich eher an Aufkleber als an Kennzeichen oder Automarken. Einer davon wies ihn als stolzen Elternteil eines Einser-Examensstudenten aus. Ein zweiter warb für die New York Knicks und lautete ONE TEAM, ONE NEW YORK.
    Grace Lawson setzte sich ans Steuer ihres Wagens und ließ den Motor an. Gut, dachte Wu. Es war wesentlich einfacher, sich die Frau dort zu schnappen, wo – und egal wo – sie anhielt. Seine Instruktionen waren eindeutig. Er sollte herausfinden, was sie wusste, und die Leiche verschwinden lassen. Er schaltete die Automatik des Ford Windstar auf »Start« und ließ den Fuß auf der Bremse. Zuerst musste er feststellen, ob ihr jemand folgte. Kein Wagen tauchte hinter ihr in der Einfahrt auf. Wu hielt Abstand.
    Andere Verfolger gab es nicht.
    Die Männer hatten offenbar nur den Auftrag, das Haus zu bewachen. Wu grübelte über den Koffer, ihr Fahrziel und über die Länge ihrer Reise nach. Er war überrascht, als sie plötzlich in kleine Nebenstraßen einbog. Und noch erstaunter war er, als sie vor einem Schulhof anhielt.
    Natürlich. Es war kurz vor drei Uhr. Sie holte ihre Kinder von der Schule ab.
    Er dachte wieder an die Koffer und was die zu bedeuten hatten. Beabsichtigte sie, die Kinder abzuholen und eine Reise anzutreten? Wenn ja, konnte das durchaus eine Fernreise sein. In diesem Fall würde es Stunden dauern, bevor sie wieder anhielt.

    Wu wollte nicht stundenlang warten.
    Andererseits könnte sie ebenso gut nach Hause und in die Obhut der beiden Wächter auf dem Grundstück und des Mannes im Haus zurückkehren. Diese Alternative war auch nicht besser. Damit sah er sich den alten Problemen und in diesem Fall zusätzlich der Tatsache gegenüber, dass er es auch noch mit den Kindern zu tun hatte. Wu war weder blutrünstig noch sentimental. Er war Pragmatiker. Eine Frau zu verschleppen, deren Mann bereits verschwunden war, mochte Verdacht erregen, ja sogar ein Eingreifen der Polizei provozieren, aber wenn noch zwei Kinderleichen hinzukamen, dann brach die Hölle los.
    Nein, das war denkbar ungünstig, erkannte Wu. Es war am besten, sich Grace Lawson hier und jetzt zu schnappen. Bevor die Kinder aus der Schule kamen.
    Die Zeit drängte.
    Immer mehr Mütter trafen ein und standen in Gruppen zusammen, während Grace Lawson im Wagen blieb. Sie schien zu lesen. Es war zehn Minuten vor drei. Damit hatte Wu exakt zehn Minuten Zeit. Dann fiel ihm die erste Drohung ein. Sie hatten ihr gesagt, man würde ihre Kinder entführen. In diesem Fall musste er damit rechnen, dass auch die Schule überwacht wurde.
    Das musste er überprüfen. Und zwar schnell.
    Es dauerte nicht lange. Der Van parkte eine Querstraße weiter, am Ende einer Sackgasse. Offensichtlicher ging es nicht. Wu bedachte auch die Möglichkeit, dass mehr als ein Wagen involviert war. Er überflog hastig die Umgebung. Nichts zu sehen. Die Zeit lief ihm davon. Er musste handeln. In fünf Minuten war die Schule zu Ende. Sobald die Kinder auf der Bildfläche erschienen, würde das die Situation ins Unermessliche verkomplizieren.
    Wus Haar war wieder schwarz. Er setzte eine Goldrandbrille auf. Er trug weite, lässige Kleidung. Er versuchte sich den Anschein von Schüchternheit zu geben, als er auf den Van zuging. Er sah sich um, als habe er sich verlaufen. Er ging geradewegs zur
Hecktür und wollte sie

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