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Kein böser Traum

Kein böser Traum

Titel: Kein böser Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
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Vergangenheit gespielt – sich vorgestellt, wie das dumme Weibchen handeln würde, und dann das Gegenteil davon getan.
    Mach schon, mach schon …
    Charlaine versuchte, diese lähmende Angst abzuschütteln. Sie hatte nicht erwartet, diesen Mann jemals wieder zu sehen. Eric Wu wurde von der Polizei gesucht. Er hatte auf Mike geschossen. Er hatte Freddy überfallen und ihn gefangen gehalten. Die Polizei besaß seine Fingerabdrücke. Sie kannten seinen Namen. Sie würden ihn wieder ins Gefängnis schicken. Also was machte der Kerl dann hier?
    Wen interessiert das, Charlaine? Tu etwas. Aber was?
    Die Antwort war kein sonderlicher Intelligenzbeweis: Ruf die Polizei an.
    Sie griff in ihre Handtasche und zog ihr Motorola-Handy heraus. Die Mütter plapperten noch immer munter durcheinander. Charlaine klappte ihr Handy auf.
    Der Akku war leer.
    Typisch und doch leicht zu erklären. Sie hatte es während der Verfolgungsjagd benutzt. Und sie hatte es die ganze Zeit über eingeschaltet gelassen. Das Handy war zwei Jahre alt. Das verdammte
Ding hatte einen schwachen Akku. Sie sah quer über den Schulhof. Eric Wu sprach mit Grace Lawson. Sie wandten sich beide zum Gehen.
    Dieselbe Frau fragte erneut: »Stimmt was nicht, Charlaine?«
    »Ich brauche dein Handy«, sagte sie. »Sofort.«

    Grace starrte den Mann nur an.
    »Wenn Sie freiwillig mitkommen, bringe ich Sie zu Ihrem Mann. Sie können ihn sehen. In einer Stunde sind Sie zurück. In einer Minute klingelt die Schulglocke. Wenn Sie nicht mitkommen, ziehe ich meine Waffe. Ich erschieße Ihre Kinder. Ich schieße wahllos auf andere Kinder. Kapiert?«
    Grace brachte kein Wort heraus.
    »Viel Zeit bleibt Ihnen nicht.«
    Sie fand ihre Stimme wieder. »Ich komme mit.«
    »Sie fahren. Gehen Sie ruhig neben mir her. Bitte machen Sie nicht den Fehler, jemandem ein Zeichen zu geben. Ich bringe sie um. Verstanden?«
    »Ja.«
    »Vermutlich wundern Sie sich, wo der Mann bleibt, der Sie beschützen soll«, fuhr er fort. »Ich darf Ihnen versichern, dass er mir nicht mehr in die Quere kommen wird.«
    »Wer sind Sie?«, fragte Grace.
    »Die Glocke läutet gleich.« Er wandte den Blick ab, ein flüchtiges Lächeln auf den Lippen. »Wollen Sie, dass ich noch hier bin, wenn Ihre Kinder herauskommen?«
    Schrei, dachte Grace. Schrei wie eine Verrückte und lauf davon. Doch sie konnte die Umrisse seiner Waffe erkennen. Sie sah die Augen des Mannes. Er bluffte nicht. Er meinte, was er sagte. Er würde töten.
    Und er hatte Jack.
    Sie begannen zum Wagen zu gehen, Seite an Seite, wie zwei
Freunde. Graces Blick zuckte über den Spielplatz. Sie entdeckte Cora. Cora warf ihr einen verdutzten Blick zu. Grace wollte nichts riskieren. Sie sah weg.
    Grace ging weiter. Sie erreichten ihren Wagen. Sie hatte gerade die Türen aufgeschlossen, als die Schulglocke zu läuten begann.
     
    Die gesprächige Mutter kramte in ihrer Handtasche. »Wir haben einen halsabschneiderischen Handy-Vertrag. Hal ist manchmal so geizig. Unsere Freiminuten sind schon in der ersten Woche aufgebraucht, und dann müssen wir den restlichen Monat jedes Gespräch auf die Goldwaage legen.«
    Charlaine sah in die anderen Gesichter. Sie wollte keine Panik verursachen und zwang sich, ihrer Stimme einen ruhigen Klang zu geben. »Bitte, hat jemand ein Handy, das ich benutzen kann?«
    Sie hielt den Blick auf Wu und Lawson gerichtet. Sie hatten inzwischen die Straße überquert und standen vor Graces Wagen. Sie sah, wie Grace die Fernbedienung drückte und die Türen öffnete. Grace blieb neben der Fahrertür. Wu ging zur Beifahrerseite. Grace Lawson machte keinerlei Anstalten, wegzulaufen. Ihr Gesicht war kaum zu erkennen, doch sie wirkte kaum wie jemand, der unter Zwang handelte.
    Die Schulglocke schrillte.
    Alle Mütter wandten sich dem Schultor zu, ein Pawlowscher Reflex, und warteten darauf, dass ihre Kinder herauskamen.
    »Hier, Charlaine.«
    Eine der Mütter reichte Charlaine, den Blick auf die Schultür gerichtet, ihr Handy. Charlaine zwang sich, es ihr nicht aus der Hand zu reißen. Sie hob es ans Ohr, während sie noch einmal zu Grace und Wu hinübersah. Sie erstarrte.
    Wu hatte den Blick auf sie gerichtet.
     
    Als Wu diese Frau wieder sah, fuhr seine Hand instinktiv zur Waffe.

    Er würde sie erschießen. Hier und jetzt. Vor allen anderen.
    Wu war nicht abergläubisch. Ihm war klar, dass es kein abwegiger Zufall war, dass sie wieder hier war. Sie hatte Kinder. Sie wohnte in der Gegend. Das traf auf mindestens zwei- bis dreihundert

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