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Kein böser Traum

Kein böser Traum

Titel: Kein böser Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
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Mütter zu. Dass sie eine von ihnen war, machte Sinn.
    Und trotzdem wollte er nur eines: sie umbringen.
    Abergläubisch gedacht, wollte er sich eines Dämons entledigen.
    Praktisch gedacht, hinderte er sie damit daran, die Polizei zu verständigen. Davon abgesehen konnte er die darauf folgende Panik zur Flucht nutzen. Wenn er sie erschoss, würden alle zu der getroffenen Frau laufen. Es war das ideale Ablenkungsmanöver.
    Die Sache hatte nur einen Haken.
    Erstens war sein Ziel gut dreißig Meter entfernt. Und er kannte seine Stärken wie seine Schwächen. Im Kampf mit den bloßen Händen war er einsame Spitze. Mit einer Pistole war er eher Mittelmaß. Möglicherweise verletzte er sie nur, oder schlimmer noch, verfehlte sie. Natürlich würde auch dann Panik ausbrechen, aber falls niemand getroffen wurde, erbrachte die Aktion nicht das von ihm beabsichtigte Ablenkungsmanöver.
    Seine Zielperson – der Grund, weshalb er hier war – war Grace Lawson. Sie hatte er in seiner Gewalt. Sie gehorchte ihm. Sie war Wachs in seinen Händen, denn sie hoffte noch immer, dass ihre Familie alles überleben würde. Falls sie merkte, dass er abgelenkt war, bestand die Gefahr, dass sie in Panik geriet und floh.
    »Steigen Sie ein«, sagte er.
    Grace Lawson öffnete die Wagentür. Eric Wu starrte auf die Frau auf der anderen Seite des Schulhofs. Als sich ihre Blicke trafen, schüttelte er nur bedächtig den Kopf und deutete auf seinen Gürtel. Sie würde verstehen. Sie war ihm schon einmal in die Quere gekommen, und er hatte geschossen. Er würde es wieder tun.
    Er wartete, bis die Frau das Handy sinken ließ. Ohne den Blick von ihr abzuwenden, glitt Wu in den Wagen. Sie fuhren aus der Parklücke und verschwanden den Morningside Drive hinunter.

43
    Perlmutter saß Scott Duncan gegenüber. Sie befanden sich im Büro des Captains auf dem Polizeirevier. Die Klimaanlage war im Eimer. Dutzende von Cops, den ganzen Tag über in Uniform, und keine funktionstüchtige Klimaanlage – in der Bude begann es allmählich zu stinken.
    »Sie sind von Ihrem Amt bei der Staatsanwaltschaft beurlaubt«, sagte Perlmutter.
    »Das ist richtig«, erwiderte Duncan. »Im Augenblick arbeite ich als freier Anwalt.«
    »Verstehe. Und Ihr Mandant hat Indira Khariwalla engagiert  – halt, ich korrigiere mich, Sie haben Mrs. Khariwalla im Auftrag Ihres Mandanten engagiert.«
    »Das werde ich weder bestätigen noch leugnen.«
    »Und Sie wollen mir auch nicht sagen, ob Ihr Mandant die Überwachung von Jack Lawson angeordnet hat. Oder weshalb.«
    »Korrekt.«
    Perlmutter spreizte die Finger. »Was genau wollen Sie eigentlich, Mr. Duncan?«
    »Ich möchte wissen, was Sie über den verschwundenen Jack Lawsons in Erfahrung gebracht haben.«
    Perlmutter lächelte. »Okay. Also wenn ich Sie richtig verstanden habe, soll ich Ihnen alles sagen, was ich über einen Mord und die Ermittlungen im Fall Lawson weiß, obwohl Ihr Mandant mit großer Wahrscheinlichkeit in die Sache verwickelt ist. Ich dagegen erfahre von Ihnen nichts. Null. Trifft das so ungefähr den Kern?«
    »Nein, tut es nicht.«
    »Gut, dann belehren Sie mich eines Besseren.«
    »Es geht nicht um einen Mandanten.« Duncan legte den Fuß auf sein Knie. »Ich bin in den Lawson-Fall persönlich involviert.«

    »Wie bitte?«
    »Mrs. Lawson hat Ihnen das Foto gezeigt.«
    »Richtig. Ich erinnere mich.«
    »Das Mädchen, dessen Gesicht mit einem X durchgestrichen ist«, sagte er, »war meine Schwester.«
    Perlmutter lehnte sich zurück und pfiff leise durch die Zähne. »Vielleicht erzählen Sie mir die Geschichte mal von Anfang an.«
    »Ist eine lange Geschichte.«
    »Wenn ich jetzt behaupte, ich hätte alle Zeit der Welt, wäre das eine Lüge.«
    Wie zur Bestätigung flog die Tür auf. Daley steckte den Kopf herein.
    »Telefon für dich. Auf Leitung 2.«
    »Was gibt’s?«
    »Charlaine Swain. Sie sagt, sie hat gerade Eric Wu vor dem Schulhof gesehen.«

    Carl Vespa starrte auf das Gemälde.
    Es stammte von Grace. Er besaß acht ihrer Bilder. Dennoch war es dieses, das ihn am stärksten berührte. Es war, so vermutete er, ein Portrait von Ryan in den letzten Minuten seines Lebens. Graces Erinnerungen an jenen Abend waren undeutlich und verschwommen. Wichtigtuerei war ihr fremd, aber diese Vision – dieses scheinbar alltägliche Bild eines jungen Mannes am Rande eines Albtraums – hatte ihr angeblich ihr Unterbewusstsein eingegeben. Grace Lawson behauptete, von dieser Nacht nur aus Träumen zu wissen. Diese,

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