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Kein böser Traum

Kein böser Traum

Titel: Kein böser Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
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einen Moment glaubte, ihr Brustkorb müsse einknicken wie eine Streichholzkonstruktion. Es gab einen dumpfen Schlag und ein Knacken.

    Heißer, brennender Schmerz breitete sich über ihre rechte Körperhälfte aus.
    Sie glaubte, sämtliche Körperfunktionen müssten aussetzen. Dann packte der Asiate sie mit einer Hand am Kopf. Die andere glitt seitlich über ihren Brustkasten. Sein Zeigefinger verharrte auf dem Punkt an der Unterseite, den er kurz zuvor getroffen hatte.
    Seine Stimme war sanft. »Sagen Sie mir bitte, wie Sie an das Foto gekommen sind.«
    Sie machte den Mund auf, brachte jedoch kein Wort heraus. Er nickte, als habe er nichts anderes erwartet. Seine Hand fiel von ihr ab. Er öffnete die Autotür und stieg aus. Grace war schwindelig vor Schmerzen.
    Die Pistole, dachte sie. Zieh die verdammte Pistole!
    Doch er war bereits auf ihrer Wagenseite. Er riss ihre Tür auf. Seine Hand packte sie im Nacken, Daumen auf der einen, Zeigefinger auf der anderen Seite. Er drückte auf die Akupressurpunkte und begann sie hochzuziehen. Grace versuchte, der Bewegung zu folgen, die sich wie eine Welle bis in die letzte Rippe fortsetzte. Es fühlte sich an, als hätte jemand einen Schraubenschlüssel zwischen zwei Knochen gesteckt und bewegte ihn jetzt hin und her.
    Er zog sie beim Nacken aus dem Wagen. Jeder Schritt war ein neues Schmerzerlebnis. Sie versuchte nicht zu atmen. Als sie endlich vorsichtig Luft holte, war es, als würden ihre Sehnen bei der geringsten Dehnung der Rippen zerreißen. Er zerrte sie zum Haus. Die Haustür war nicht verschlossen. Er drehte den Knauf herum, stieß die Tür auf und schubste sie ins Innere. Sie schlug hart zu Boden und verlor beinahe das Bewusstsein.
    »Bitte sagen Sie mir, wie Sie an das Foto gekommen sind.«
    Er kam langsam auf sie zu. Die Angst brachte augenblicklich Klarheit in ihre Gedanken. Sie redete schnell.
    »Ich habe die Abzüge von einem frisch entwickelten Film aus dem Fotolabor geholt«, begann sie.
    Er nickte so, als höre er ihr gar nicht zu. Er kam immer näher.
Grace redete weiter und versuchte dabei vor ihm zurückzuweichen. Seine Miene verriet nichts. Er wirkte wie ein Mann, der eine ganz prosaische Aufgabe zu erledigen hatte, wie zum Beispiel Saatgut einpflanzen, einen Nagel einschlagen, Holz hacken.
    Dann war er direkt über ihr. Sie versuchte, sich zu wehren. Angesichts seiner Kraft ein lächerliches Unterfangen. Er hob sie gerade so weit hoch, dass er sie auf den Bauch drehen konnte. Ihre Rippen wurden auf den harten Boden gepresst. Ein Schmerz anderer Art fuhr wie ein glühendes Messer durch ihren Körper. Vor ihren Augen lag ein Schleier. Sie befanden sich noch immer in der Diele. Er setzte sich rittlings auf ihren Rücken. Sie versuchte nach ihm zu treten und trat ins Leere. Er drückte sie zu Boden.
    Grace lag bewegungslos wie in einem Schraubstock.
    »Bitte sagen Sie mir, wie Sie an das Foto gekommen sind.«
    Sie fühlte die Tränen aufsteigen und gestattete sich nicht, zu weinen. Dumm. Machogehabe. Trotzdem würde sie nicht weinen. Sie wiederholte ihre Antwort mit dem Fotolabor. Noch immer rittlings auf ihr sitzend, ihre Rippen zwischen seinen Knien, legte er seinen Zeigefinger auf die wunde Unterseite ihres Brustkorbs. Grace versuchte sich der Berührung zu entwinden. Er fand den Punkt, wo es am meisten wehtat und verharrte mit seiner Fingerspitze genau dort. Für einen Moment rührte er sich nicht. Sie bockte wie ein junges Fohlen. Sie warf ihren Kopf vor und zurück. Sie schlug mit den Armen um sich. Er wartete nur eine Sekunde. Dann noch eine.
    Und dann stieß er mit dem Finger zwischen die gebrochenen Rippen.
    Grace schrie gellend auf.
    »Bitte sagen Sie mir, wie Sie an das Foto gekommen sind«, fragte die Stimme unverändert gleichmütig.
    Jetzt flossen ihre Tränen. Er ließ sie weinen. Sie begann erneut zu erklären, wählte andere Worte, hoffte, dass es nun glaubhafter klingen würde, überzeugender. Er schwieg.

    Dann legte er den Zeigefinger erneut auf die gebrochene Rippe.
    In diesem Augenblick klingelte sein Handy.
    Der Asiate seufzte. Er stützte die Hände auf ihren Rücken und stemmte sich hoch. Ihre Rippen knirschten. Grace hörte ein Wimmern und merkte, dass es von ihr kam. Sie hielt sofort inne. Es gelang ihr, einen Blick über die Schulter zu werfen. Ohne sie aus den Augen zu lassen, nahm er sein Handy aus der Tasche und klappte es auf.
    »Ja.«
    Sie hatte nur einen Gedanken: Hol dir die Pistole.
    Er starrte auf sie herab. Es war ihr

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