Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kein böser Traum

Kein böser Traum

Titel: Kein böser Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
Vom Netzwerk:
Situation wieder und wieder im Geiste durchzuspielen. Sie würde die Wagentür öffnen. Während sie die Beine hinaus schwang, konnte sie das Hosenbein hochschieben. Sobald ihre Füße den Boden berührten, war ihm die Sicht durch das Chassis des Wagens versperrt. Wenn sie es geschickt anstellte, stieg er zur gleichen Zeit auf seiner Seite aus. Er würde ihr den Rücken zuwenden. Und sie bekäme Gelegenheit, die Waffe zu ziehen.
    »Die nächste rechts«, befahl er. »Und die zweite links.«
    Sie fuhren durch eine ihr unbekannte Stadt. Hier gab es mehr Bäume als in Kasselton. Die Häuser waren älter, abgewohnter, vereinzelter.
    »Fahren Sie in die Auffahrt dort drüben. Die dritte links.«
    Grace hielt das Lenkrad fest umklammert. Sie bog in die Auffahrt ein. Er befahl ihr, vor dem Haus anzuhalten.

    Perlmutter hatte so etwas noch nie gesehen.
    Der Mann im Van, ein übergewichtiger Hüne im Standard-Trainingsanzug der Mafiosi, war tot. Seine letzten Minuten dürften kaum angenehm gewesen sein. Der Hals des massigen Mannes war flach, vollkommen platt gedrückt, als habe ihn eine Dampfwalze überrollt, ohne dabei Kopf und Torso zu berühren.
    Daley, der nie um ein Wort verlegen war, sagte: »Himmelschreiende Sauerei.« Und dann fügte er hinzu: »Kommt mir bekannt vor.«
    »Richie Jovan«, sagte Perlmutter. »Macht die Drecksarbeit für Carl Vespa.«
    »Vespa?«, wiederholte Daley. »Ist er in die Sache verwickelt?«

    Perlmutter zuckte die Achseln. »Das hier jedenfalls ist Wus Handschrift.«
    Scott Duncan wurde leichenblass. »Was zum Teufel geht hier vor?«
    »Ist doch ganz einfach, Mr. Duncan.« Perlmutter wandte sich direkt an ihn. »Rocky Conwell hat für Indira Khariwalla gearbeitet, die Privatdetektivin, die Sie engagiert haben. Dieser Eric Wu hat Conwell, den bedauernswerten kleinen Gauner, umgebracht und wurde zuletzt gesehen, wie er vor der Schule mit Grace Lawson in ein Auto gestiegen und mit ihr davongefahren ist.« Perlmutter ging auf ihn zu. »Möchten Sie uns nicht endlich erklären, was hier wirklich los ist?«
    Ein weiterer Streifenwagen hielt mit quietschenden Bremsen. Veronique Baltrus sprang heraus. »Ich hab’s.«
    »Was?«
    »Eric Wu bei yenta-match.com . Er hat den Namen Stephen Fleisher benutzt.« Sie lief auf sie zu, das rabenschwarze Haar streng im Nacken aufgesteckt. »Yenta-match ist eine Kontaktbörse für jüdische Witwen und Witwer. Wu hatte dort drei Online-Flirts gleichzeitig laufen. Die eine Frau ist aus Washington, D.C. Eine andere lebt in Wheeling, West Virginia. Und die dritte und letzte, eine Beatrice Smith, wohnt in Armonk, New York.«
    Perlmutter startete durch. Kein Zweifel, dachte er. Dahin musste Wu gefahren sein. Scott Duncan folgte ihm. Die Fahrt nach Armonk würde kaum länger als zwanzig Minuten dauern.
    »Ruf die Kollegen in Armonk an«, brüllte er Baltrus zu. »Sag ihnen, sie sollen sofort alle verfügbaren Einheiten rüberschicken.«

45
    Grace wartete darauf, dass der Mann ausstieg.
    Das Grundstück war dicht mit Bäumen bewachsen, so dass das Haus von der Straße aus kaum zu sehen war. Das Haus besaß zahlreiche neugotische Türmchen und große Terrassenflächen. Grace erkannte einen altersschwachen Grill. Es gab eine Reihe von Gartenleuchten im Stil alter Straßenlaternen, doch sie waren verwittert und schadhaft. Im Hintergrund standen verrostete Kinderschaukeln wie Überbleibsel aus einer längst vergangenen Zeit. Offenbar hatte man hier einst Partys gefeiert. Eine Familie hatte hier gelebt. Menschen, die sich gern Gäste eingeladen hatten. Das Haus hatte etwas von der Geisterhaftigkeit einer alten Westernstadt. Fehlte nur noch, dass der Wind Steppenhexen über den Weg blies.
    »Stellen Sie den Motor ab.«
    Grace ging alles noch einmal durch. Tür öffnen. Beine hinaus schwingen. Die Waffe ziehen. Zielen …
    Und was dann? Ihm befehlen, die Hände hoch zu heben? Ihm in die Brust schießen? Oder was?
    Sie schaltete die Zündung aus und wartete, dass er zuerst ausstieg. Er streckte die Hand nach dem Türgriff aus. Sie machte sich bereit. Sein Blick war auf die Vordertür des Hauses gerichtet. Sie ließ ihre Hand nur millimeterweit sinken.
    Sollte sie es jetzt versuchen?
    Nein. Warte lieber, bis er aussteigt. Und dann ja nicht zögern. Jedes Zaudern würde das Überraschungsmoment zunichte machen.
    Der Mann hielt inne, die Hand am Türgriff. Dann drehte er sich um, ballte die Faust und schlug Grace mit solcher Wucht in den unteren Rippenbereich, dass sie für

Weitere Kostenlose Bücher