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Kein böser Traum

Kein böser Traum

Titel: Kein böser Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
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einmal mehr genau, worüber sie gesprochen hatten. Nur, dass sie dankbar dafür war.
    Gegen zwei Uhr morgens klingelte das Krankenhaustelefon auf Graces Nachttisch. Einen Moment starrten beide Frauen verdutzt auf den Apparat. Dann hob Grace den Hörer ab.
    »Hallo?
    »Ich habe Ihre Nachricht erhalten. Über Allaw und Still Night.«

    Sie erkannte die Stimme. Es war Jimmy X.
    »Wo sind Sie?«
    »Im Krankenhaus. Unten in der Eingangshalle. Sie wollen mich nicht reinlassen.«
    »Ich bin in einer Minute bei Ihnen.«

    In der Eingangshalle war alles ruhig.
    Grace wusste nicht recht, wie sie sich verhalten sollte. Jimmy X saß, die Unterarme auf die Oberschenkel gestützt, auf einem Stuhl. Er sah nicht auf, als sie auf ihn zuhinkte. Die Frau am Empfang las in einer Illustrierten. Der Wachmann pfiff leise vor sich hin. Grace fragte sich, ob der Wachmann sie beschützen würde. Mit einem Mal vermisste sie diese Pistole.
    Vor Jimmy X blieb sie stehen, sah auf ihn herab und wartete. Er hob den Kopf. Ihre Blicke trafen sich, und Grace wusste Bescheid. Sie kannte keine Einzelheiten. Sie kannte kaum die groben Umrisse. Aber sie wusste Bescheid.
    Seine Stimme klang beinahe flehentlich. »Wie sind Sie hinter die Sache mit Allaw gekommen?«
    »Durch meinen Mann.«
    Jimmy wirkte verwirrt.
    »Mein Mann ist Jack Lawson.«
    Seine Kinnlade klappte herunter. »John?«
    »So hat er sich damals genannt, schätze ich. Im Augenblick liegt er oben, im dritten Stock. Kann sein, dass er stirbt.«
    »Großer Gott!« Jimmy verbarg das Gesicht in den Händen.
    »Wissen Sie, was mich immer beschäftigt hat?«, fragte Grace.
    Er antwortete nicht.
    »Dass Sie weggelaufen sind. Kommt nicht gerade oft vor – ein Rockstar, der einfach alles hinschmeißt. Es gibt Gerüchte über Elvis und Jim Morrison, aber nur weil sie tot sind. Es gab auch einen Film Eddie and the Cruisers, aber das war eben ein Film. Im echten
Leben – also The Who sind nach Cincinnati auch nicht einfach untergetaucht. Und die Stones nicht nach Altamont Speedway. Also warum, Jimmy? Warum sind Sie davongelaufen?«
    Er hielt seinen Kopf wieder gesenkt.
    »Ich weiß über die Verbindung zu Allaw Bescheid. Ist nur eine Frage der Zeit, bis jemand zwei und zwei zusammenzählt.«
    Sie wartete. Er ließ die Hände sinken und rieb die Handflächen aneinander. Sein Blick schweifte zum Wachmann. Grace wäre fast einen Schritt zurückgewichen, hielt dann aber doch die Stellung.
    »Wissen Sie, weshalb Rockkonzerte immer erst so spät angefangen haben?«, fragte Jimmy.
    Die Frage verblüffte sie. »Wie bitte?«
    »Ich sagte …«
    »Ich habe schon gehört. Nein, ich weiß nicht, weshalb.«
    »Weil wir so fertig waren – besoffen, bekifft, stoned – suchen Sie sich was aus –, dass unsere Helfer eine ganze Zeit brauchten, um uns so weit wieder auszunüchtern, dass wir überhaupt auftreten konnten.«
    »Worauf wollen Sie hinaus?«
    »An jenem Abend war ich fast bewusstlos von Koks und Alkohol.« Sein Blick schweifte ab, seine Augen waren gerötet. »Daher die endlose Verspätung. Deshalb ist die Menge so ungeduldig geworden. Wäre ich nüchtern gewesen, wäre ich rechtzeitig auf der Bühne erschienen …« Er verstummte mit einem Achselzucken.
    Sie hatte seine Ausflüchte satt. »Erzählen Sie mir von Allaw.«
    »Ich kann’s nicht fassen.« Er schüttelte den Kopf. »Jack Lawson ist Ihr Mann? Wie zum Teufel ist denn das passiert?«
    Darauf wusste sie keine Antwort. Sie fragte sich, ob sie diese Frage je würde beantworten können. Das Herz war ein seltsames Organ. Konnte das ein Teil der Faszination gewesen sein, etwas Unterbewusstes, das Wissen, dass sie beide diese schreckliche Nacht überlebt hatten? In Gedanken war sie plötzlich wieder mit Jack an diesem Strand. War es Schicksal gewesen, vorherbestimmt
 – oder geplant? Hatte Jack die Frau kennen lernen wollen, die zur Symbolfigur für das Massaker von Boston geworden war?
    »Ist mein Mann an jenem Abend im Konzert gewesen?«, fragte sie.
    »Was? Das wissen Sie nicht?«
    »Wir können dieses Spielchen auf zwei Arten spielen, Jimmy. Erstens kann ich so tun, als wüsste ich alles und wollte nur noch Ihre Bestätigung. Aber so ist es nicht. Ich werde die Wahrheit vielleicht nie erfahren, wenn Sie sie mir nicht sagen. Sie könnten also Ihr Geheimnis durchaus für sich behalten. Aber ich bleibe Ihnen auf den Fersen. Genau wie Carl Vespa und die Garrisons und die Reeds und die Weiders.«
    Er sah auf. Sein Ausdruck hatte etwas

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