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Kein böser Traum

Kein böser Traum

Titel: Kein böser Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
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Video aufnehmen und ihn dann umbringen. Letzteres war allerdings noch nicht beschlossene Sache.«
    »Er hätte einen Mord begangen, sobald er den Beweis seiner Unschuld hatte?«
    Vespa zuckte die Achseln. »Er war wütend, Grace. Vielleicht hätte er ihm auch einfach nur eine Tracht Prügel verabreicht oder ihm sämtliche Knochen gebrochen. Wer weiß?«
    »Was ist also passiert?«
    »Wade Larue hat seine Meinung von Grund auf geändert.«
    Grace runzelte die Stirn.
    »Sie hätten ihn reden hören sollen. Seine Augen waren vollkommen klar. Ich hatte ihm gerade einen Kinnhaken verpasst. Ich habe ihn getreten, sein Leben bedroht. Aber dieser Friede in
seinen Zügen … er war nicht zu erschüttern. In dem Augenblick, als Wade frei war, muss er erkannt haben, dass er die Sache überwunden hatte.«
    »Was meinen Sie mit ›überwunden‹?«
    »Genau das, was es heißt. Seine Strafe gehörte der Vergangenheit an. Eine völlige Entlastung konnte es nicht geben, weil er keine weiße Weste hatte. Er hatte wahllos in eine Menschenmenge geschossen. Er hatte die Hysterie und Panik erst richtig angeheizt. Aber es war mehr. Er war wirklich frei. Nichts konnte ihn mehr an die Vergangenheit fesseln. Er war nicht mehr im Gefängnis, aber mein Sohn ist nicht von den Toten auferstanden. Verstehen Sie?«
    »Ich glaube schon.«
    »Larue wollte sein Leben leben. Und er hatte Angst davor, was ich ihm antun konnte. Also wollte er verhandeln. Er hat mir die Wahrheit gesagt. Er hat mir Wus Nummer gegeben. Und als Gegenleistung sollte ich ihn in Ruhe lassen.«
    »Dann haben Sie Wu angerufen?«
    »Das hat Larue übernommen. Aber ja, ich habe mit ihm gesprochen.«
    »Und Sie haben Wu angewiesen, uns zu Ihnen zu bringen?«
    »Ich hatte keine Ahnung, dass Sie bei ihm waren. Ich dachte, nur Jack sei da.«
    »Was hatten Sie vor, Carl?«
    Er schwieg.
    »Hätten Sie auch Jack umgebracht?«
    »Spielt das noch eine Rolle?«
    »Und was hätten Sie mit mir gemacht?«
    Er nahm sich Zeit. »Es gab Dinge, die haben mir Rätsel aufgegeben«, sagte er schließlich.
    »Rätsel worüber?«
    »Über Sie.«
    Sekunden vergingen. Im Korridor ertönten Schritte. Eine
Krankentrage mit quietschendem Fahrgestell wurde an der Tür vorbeigerollt. Grace horchte auf die leiser werdenden Geräusche. Sie versuchte, ruhiger zu atmen.
    »Einerseits sind Sie beim Massaker von Boston fast zu Tode getrampelt worden – andererseits haben Sie den Mann geheiratet, der für alles verantwortlich ist. Außerdem weiß ich, dass Jimmy X nach dieser Bühnenprobe bei Ihnen gewesen ist. Davon haben Sie mir nie ein Wort erzählt. Und dann die Tatsache, dass Sie sich so wenig an die Ereignisse erinnern können. Und ich meine jetzt nicht nur an die Nacht des Konzerts. Sie wissen ja nicht einmal mehr, was in der Woche davor geschehen ist.«
    Sie versuchte, ruhig zu atmen. »Sie dachten …«
    »Ich wusste nicht, was ich denken sollte. Aber jetzt vielleicht …. Ich glaube, Ihr Mann ist ein guter Mensch, der einen fatalen Fehler gemacht hat. Ich denke, nach der Katastrophe ist er einfach davongelaufen. Ich glaube, er fühlte sich schuldig. Deshalb wollte er Sie kennen lernen. Er hatte die Zeitungsberichte gelesen und wollte sich vergewissern, dass mit Ihnen alles in Ordnung ist. Vielleicht hatte er sogar vor, sich zu entschuldigen. Also hat er Sie an diesem Strand in Frankreich aufgesucht. Und dann hat er sich in Sie verliebt.«
    Sie schloss die Augen und lehnte sich zurück.
    »Es ist jetzt vorbei, Grace.«
    Sie schwiegen beide. Es gab nichts mehr zu sagen. Wenige Minuten später schlich sich Vespa aus dem Zimmer, lautlos wie die Nacht.

53
    Doch es war noch nicht vorbei.
    Vier Tage vergingen. Grace erholte sich. An jenem ersten Nachmittag fuhr sie nach Hause. Cora und Vickie blieben bei ihnen.
Am ersten Tag kam auch Cram vorbei, doch Grace bat ihn, wieder zu gehen. Er nickte und gehorchte.
    Die Medien stürzten sich wie die Aasgeier auf die Geschichte. Sie wussten nur Bruchstücke von dem, was geschehen war, doch die Tatsache, dass der berühmt-berüchtigte Jimmy X endlich aus der Versenkung aufgetaucht war, nur um ermordet zu werden, versetzte die Meute in Aufruhr. Perlmutter postierte einen Streifenwagen vor Graces Haus. Emma und Max gingen weiter zur Schule. Grace verbrachte den größten Teil des Tages bei Jack im Krankenhaus. Charlaine Swain leistete ihr häufig Gesellschaft.
    Grace dachte über das Foto nach, das alles ins Rollen gebracht hatte. Sie vermutete mittlerweile, dass einer

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