Kein Engel so rein
Problem.
»Ich habe meinen Sohn umgebracht. Arthur. Ich habe ihn umgebracht. Ich wusste, dass Sie eines Tages auftauchen würden. Es hat lange gedauert.«
Bosch sah zu Edgar hinüber. Er schrieb auf einen Notizblock. So hätten sie wenigstens eine schriftliche Aufzeichnung von Delacroix’ Geständnis. Bosch sah wieder Delacroix an und hoffte, er würde sein Schweigen als Aufforderung auffassen, mehr zu sagen. Aber das tat er nicht. Stattdessen vergrub er wieder das Gesicht in den Händen. Gleich darauf begannen seine Schultern zu zucken, und er fing an zu weinen.
»Gott steh mir bei … ich war’s.«
Bosch sah wieder Edgar an und zog fragend die Augenbrauen hoch. Sein Partner reckte ihm rasch seinen erhobenen Daumen entgegen. Sie hatten mehr als genug, um zur nächsten Phase überzugehen: in den kontrollierten und dokumentierbaren Rahmen eines Verhörzimmers in der Polizeistation.
»Mr. Delacroix, haben Sie eine Katze?«, fragte Bosch. »Wo ist Ihre Katze?«
Delacroix spähte mit feuchten Augen zwischen seinen Fingern hindurch.
»Er muss hier irgendwo sein. Wahrscheinlich schläft er im Bett. Warum?«
»Also, wir werden bei Animal Control anrufen; sie kommen ihn dann abholen und kümmern sich um ihn. Sie müssen mit uns kommen. Wir nehmen Sie jetzt fest. Und wir werden uns auf der Polizeistation weiter unterhalten.«
Delacroix ließ die Hände sinken. Er machte einen aufgebrachten Eindruck.
»Von wegen. Die von Animal Control werden sich nicht um ihn kümmern. Sie werden ihn auf der Stelle einschläfern, wenn sie rauskriegen, dass ich nicht zurückkomme.«
»Wir können ihn auch einfach hier lassen.«
»Mrs. Kresky wird sich um ihn kümmern. Sie wohnt nebenan. Sie hat einen Schlüssel und wird ihn füttern.«
Bosch schüttelte den Kopf. Es scheiterte an einer Katze.
»Das geht nicht. Wir müssen den Wohnwagen plombieren, bis wir ihn durchsuchen können.«
»Wozu müssen Sie ihn noch durchsuchen?«, fragte Delacroix, inzwischen richtig wütend. »Ich sage Ihnen alles, was Sie wissen wollen. Ich habe meinen Sohn umgebracht. Aus Versehen. Ich habe ihn zu fest geschlagen, glaube ich. Ich …«
Delacroix vergrub das Gesicht wieder in den Händen und murmelte mit tränenerstickter Stimme: »Mein Gott … was habe ich nur getan?«
Bosch sah zu Edgar hinüber; er schrieb. Bosch stand auf. Er wollte Delacroix in die Station und in eins der Verhörzimmer bringen. Seine Erregung war inzwischen Hektik gewichen. Anfälle von schlechtem Gewissen und Schuldgefühlen waren kurzlebig. Er wollte Delacroix auf Band – Video und Audio – festhalten, bevor er auf die Idee kam, mit einem Anwalt zu sprechen , und bevor er merkte, dass er sich für den Rest seines Lebens in eine zwei mal drei Meter große Zelle redete.
»Okay, über die Katze werden wir uns später Gedanken machen«, sagte er. »Wir lassen fürs Erste mal genügend Futter da. Stehen Sie auf, Mr. Delacroix, wir müssen jetzt gehen.«
Delacroix stand auf.
»Kann ich mir noch was Besseres anziehen? Das sind nur alte Sachen, die ich gerade anhabe.«
»Nein, machen Sie sich deswegen mal keine Gedanken«, sagte Bosch. »Wir bringen Ihnen später was zum Anziehen.«
Er vermied es, ihm zu sagen, dass das nicht seine Sachen sein würden. Vielmehr würde er einen von einem Bezirksgefängnis gestellten Overall mit einer Nummer auf dem Rücken bekommen. Sein Overall würde gelb sein, die Farbe, die den Häftlingen im Hochsicherheitstrakt vorbehalten war – den Mördern.
»Werden Sie mir Handschellen anlegen?«, fragte Delacroix.
»Vorschrift«, sagte Bosch. »Das müssen wir leider.«
Er ging um den Couchtisch und drehte Delacroix herum, damit er ihm auf dem Rücken Handschellen anlegen konnte.
»Ich war Schauspieler, wissen Sie. Einmal habe ich in einer Folge von Auf der Flucht einen Häftling gespielt. In der ursprünglichen Serie mit David Janssen. Es war nur eine kleine Rolle. Ich saß neben Janssen auf einer Bank. Das war alles, was ich tat. Ich stand unter Drogeneinfluss, glaube ich.«
Bosch sagte nichts. Behutsam schob er Delacroix auf die schmale Tür des Wohnwagens zu.
»Ich weiß nicht, warum mir das gerade eingefallen ist«, sagte Delacroix.
»Das ist schon in Ordnung«, sagte Edgar. »In Momenten wie diesem erinnern sich die Leute an die komischsten Dinge.«
»Seien Sie auf der Treppe vorsichtig«, sagte Bosch.
Sie führten ihn nach draußen, Edgar vorne, Bosch hinten.
»Gibt es hier irgendwo einen Schlüssel?«, fragte Bosch.
»Auf der
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