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Kein Engel so rein

Kein Engel so rein

Titel: Kein Engel so rein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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ich wegen des Unfalls ein furchtbar schlechtes Gewissen hatte, wissen Sie.«
    »Wegen welchen Unfalls?«
    »Na ja, dass ich Arthur so fest geschlagen hatte.«
    »Aha. Also irgendwo hinter der Schule in die Hügel rauf. Wissen Sie noch, in welcher Straße das war?«
    »In der Wonderland.«
    »In der Wonderland? Sind Sie sicher?«
    »Nein, aber ich denke, sie muss es gewesen sein. Ich habe die ganze Zeit … ich habe versucht, so viel wie möglich von der ganzen Geschichte zu vergessen.«
    »Sie sagen also, Sie waren betrunken, als Sie die Leiche versteckt haben?«
    »Ich war betrunken. Können Sie sich nicht denken, dass ich das sein musste?«
    »Was ich denke, tut nichts zur Sache.«
    Bosch spürte, wie ihn das erste Zittern drohender Gefahr durchlief. Er hatte Delacroix im Zuge seines Geständnisses Informationen entlockt, die sich auch nachteilig auf den Fall auswirken konnten. Der Umstand, dass Delacroix betrunken gewesen war, könnte erklären, warum die Leiche offensichtlich überstürzt in lockerer Erde verscharrt und nur mit Fichtennadeln bedeckt worden war. Aber Bosch hatte auch noch sehr gut seinen eigenen mühsamen Aufstieg auf den Hügel in Erinnerung und konnte sich nicht vorstellen, dass ihn ein Betrunkener geschafft haben könnte, der zudem auch noch die Leiche seines Sohnes tragen oder hinter sich herziehen musste.
    Von dem Rucksack ganz zu schweigen. War er zusammen mit der Leiche mitgeschleppt worden oder war Delacroix mit dem Rucksack ein zweites Mal den Hügel hinaufgestiegen und hatte trotz der Dunkelheit die Stelle wiedergefunden, an der er die Leiche zurückgelassen hatte?
    Bosch sah Delacroix an und überlegte, wie er weitermachen sollte. Er musste sehr vorsichtig sein. Es wäre juristischer Selbstmord, eine Antwort aus ihm herauszukitzeln, die sein Verteidiger später vor Gericht tagelang für seine Zwecke ausschlachten konnte.
    »Alles, woran ich mich noch erinnern kann«, sagte Delacroix plötzlich unaufgefordert, »ist, dass es lang gedauert hat. Ich war fast die ganze Nacht weg. Und ich weiß noch, dass ich ihn, so fest ich konnte, an mich drückte, bevor ich ihn in das Loch hinabließ. Es war, als hielte ich ein Begräbnis für ihn ab.«
    Delacroix nickte und betrachtete forschend Boschs Augen, als suchte er darin eine Bestätigung, dass er richtig gehandelt hatte. Bosch sendete nichts mit seinem Blick.
    »Fangen wir vielleicht damit an«, sagte er. »Das Loch, in das sie ihn gelegt haben, wie tief war es?«
    »Nicht besonders. Vielleicht einen halben Meter. Allerhöchstens.«
    »Wie haben Sie es ausgehoben? Hatten Sie Werkzeug dabei?«
    »Nein, daran hab ich nicht gedacht. Deshalb musste ich mit den Händen graben. Besonders tief bin ich auch nicht gekommen.«
    »Was war mit dem Rucksack?«
    »Ähm, den habe ich auch hineingelegt. In das Loch. Aber sicher bin ich nicht.«
    Bosch nickte.
    »Okay. Können Sie sich sonst noch an etwas von der Stelle erinnern, an der Sie ihn begraben haben? War es dort steil oder flach oder schlammig?«
    Delacroix schüttelte den Kopf.
    »Das weiß ich nicht mehr.«
    »Gab es dort Häuser?«
    »In der Nähe waren ein paar, ja, aber niemand hat mich gesehen, falls Sie das meinen.«
    Bosch wurde bewusst, dass er sich auf juristisch brisantes Terrain vorwagte. Er musste anhalten und zurückgehen und verschiedene Einzelheiten klären.
    »Was war mit dem Skateboard Ihres Sohns?«
    »Was soll damit gewesen sein?«
    »Was haben Sie damit gemacht?«
    Delacroix beugte sich vor, um nachzudenken.
    »Also, daran kann ich mich beim besten Willen nicht mehr erinnern.«
    »Haben Sie es mit ihm begraben?«
    »Daran kann ich mich nicht … das weiß ich nicht mehr.«
    Bosch wartete eine Weile, um zu sehen, ob etwas herauskäme. Delacroix sagte nichts.
    »Okay, Mr. Delacroix, an dieser Stelle machen wir jetzt eine Pause, damit ich mit meinem Partner reden kann. Ich würde Sie bitten, darüber nachzudenken, worüber wir gerade gesprochen haben. Über den Ort, an den Sie Ihren Sohn gebracht haben. Es ist wichtig, dass Sie sich genauer daran erinnern. Und an das Skateboard auch.«
    »Ich will’s versuchen.«
    »Ich bringe Ihnen noch Kaffee.«
    »Das wäre nett.«
    Bosch stand auf und nahm die leeren Tassen mit. Er ging sofort zum Beobachtungszimmer und öffnete die Tür. In dem Raum waren Edgar und ein anderer Mann, den Bosch nicht kannte. Der Mann beobachtete Delacroix durch den Einwegspiegel. Edgar streckte die Hand nach dem Videorecorder aus, um ihn auszuschalten.
    »Nicht

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