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Kein Engel so rein

Kein Engel so rein

Titel: Kein Engel so rein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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Reden übernehmen würde.
    Sie sagte: »Die Sendung, die ich caste, handelt von zwei Detectives, die ›the closers‹ genannt werden, weil sie die Fälle lösen, die sonst niemand lösen zu können scheint. Im richtigen Leben gibt es so was wahrscheinlich nicht, oder?«
    »Niemand ist vollkommen«, sagte Bosch. »Nicht mal annähernd.«
    »Was ist so wichtig, dass Sie hier reingeplatzt kommen und mich dermaßen in Verlegenheit bringen?«
    »Verschiedenes. Ich dachte, es könnte Sie vielleicht interessieren, dass ich gefunden habe, wonach Sie gestern Abend gesucht haben, und –«
    »Ich sagte Ihnen doch, ich habe nichts –«
    »– und dass Ihr Vater vor etwa einer Stunde aus der Haft entlassen wurde.«
    »Was soll das heißen, entlassen? Gestern Abend haben Sie doch selbst gesagt, er könnte die Kaution nicht aufbringen.«
    »Das hätte er auch nicht gekonnt. Aber er wird der Straftat nicht mehr angeklagt.«
    »Aber er hat doch gestanden. Sie sagten, er –«
    »Nun, er hat sein Geständnis heute Morgen widerrufen. Und zwar, als wir ihm sagten, wir würden ihn einem Lügendetektortest unterziehen, und dabei einfließen ließen, dass Sie es waren, die uns den telefonischen Hinweis gegeben haben, der zur Identifizierung Ihres Bruders geführt hat.«
    Sie schüttelte kaum merklich den Kopf.
    »Das verstehe ich nicht.«
    »Das verstehen Sie, glaube ich, sehr wohl, Sheila. Ihr Vater dachte, Sie hätten Arthur umgebracht. Sie waren es, die ihn die ganze Zeit schlug, die ihm die Verletzungen beibrachte und die ihn ins Krankenhaus brachte, nachdem Sie ihn mit dem Baseballschläger geschlagen hatten. Als er verschwand, dachte Ihr Vater, Sie wären möglicherweise einen Schritt zu weit gegangen und hätten ihn umgebracht und anschließend seine Leiche versteckt. Er ging sogar in Arthurs Zimmer und ließ für den Fall, dass Sie wieder einmal davon Gebrauch gemacht haben sollten, diesen kleinen Baseballschläger verschwinden.«
    Sheila Delacroix stützte die Ellbogen auf den Schreibtisch und verbarg das Gesicht in den Händen.
    »Deshalb hat er sofort alles gestanden, als wir bei ihm auftauchten. Er wäre bereit gewesen, für das, was er Ihnen angetan hat, an Ihrer Stelle die Schuld am Tod Ihres Bruders auf sich zu nehmen. Für das hier.«
    Bosch griff in seine Tasche und holte den Umschlag mit den Fotos heraus. Er warf ihn zwischen ihren Ellbogen auf den Schreibtisch. Langsam ließ sie die Hände sinken und griff danach. Sie öffnete den Umschlag nicht. Das brauchte sie nicht.
    »Wie wäre das für eine Leseprobe, Sheila?«
    »Sie … ist es das, was Sie tun? Sich in anderer Leute Leben zu schleichen? In ihre Geheimnisse, meine ich, in alles?«
    »Wir sind die Closer, Sheila. Manchmal müssen wir das tun.«
    Bosch sah neben ihrem Schreibtisch einen Kas ten Mineralwasser auf dem Boden stehen. Er bückte sich und machte eine Flasche für sie auf. Er sah Edgar an, aber sein Partner schüttelte den Kopf. Darauf nahm er sich eine Flasche heraus, zog den Stuhl, auf dem Frank gesessen hatte, näher an den Schreibtisch und setzte sich.
    »Hören Sie zu, Sheila. Sie waren ein Opfer. Sie waren ein Kind. Er war Ihr Vater, er war der Starke, der Überlegene. Es ist keine Schande für Sie, ein Opfer gewesen zu sein.«
    Sie antwortete nicht.
    »Egal, welche Last Sie mit sich herumschleppen, jetzt ist der Moment, sie abzuwerfen. Uns zu erzählen, wie es tatsächlich war. Alles. Ich glaube, da gibt es mehr als das, was Sie uns bisher erzählt haben. Wir stehen wieder ganz am Anfang und sind dringend auf Ihre Hilfe angewiesen. Nicht zuletzt geht es hier um Ihren Bruder.«
    Er öffnete die Flasche und nahm einen langen Schluck Wasser. Dabei fiel ihm zum ersten Mal auf, wie warm es in dem Zimmer war. Sheila begann zu sprechen, als er den zweiten Schluck aus der Flasche nahm.
    »Jetzt verstehe ich etwas …«
    »Was verstehen Sie?«
    Sie starrte auf ihre Hände hinab. Wenn sie sprach, war es, als spräche sie mit sich selbst. Jedenfalls zu niemand anderem.
    »Sobald Arthur weg war, hat mich mein Vater kein einziges Mal mehr angerührt. Ich kam nie auf die … ich dachte immer, das wäre gewesen, weil ich aus irgendeinem Grund unattraktiv geworden war. Ich war dick, hässlich. Aber jetzt wird mir klar, es war, weil … weil er wegen dem, was er dachte, dass ich getan hatte oder zu tun in der Lage wäre, Angst bekam.«
    Sie legte den Umschlag auf den Schreibtisch zurück. Bosch beugte sich wieder vor.
    »Sheila, gibt es über diese Zeit, über

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