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Kein Engel so rein

Kein Engel so rein

Titel: Kein Engel so rein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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führe.«
    »Sie allein?«
    »Ja.«
    »Wie lang sind Sie schon da draußen?«
    Bosch grinste.
    »Seit etwa vier Uhr. War ein bisschen zu spät, um noch ein Zimmer zu kriegen.«
    »Kommen Sie rein. Wir haben gerade Kaffee gemacht.«
    »Wenn er heiß ist, nehme ich welchen.«
    Der Mann ließ Bosch eintreten und deutete auf die Sitzgruppe vor dem Kamin.
    »Ich gehe meine Frau und den Kaffee holen.«
    Bosch ging zu den Sesseln, die am nächsten am Kamin standen. Gerade als er sich setzen wollte, wurde er auf die zahlreichen gerahmten Fotos an der Wand hinter der Couch aufmerksam. Er blieb davor stehen, um sie sich anzusehen. Auf allen waren Kinder und junge Erwachsene aller Rassen abgebildet. Zwei waren offensichtlich körperlich oder geistig behindert. Die Pflegekinder. Er wandte sich ab und setzte sich auf den Sessel, der dem Feuer am nächsten stand, und wartete.
    Wenig später kam Blaylock mit einem großen Becher dampfend heißem Kaffee zurück. Hinter ihm trat eine Frau in den Raum. Sie sah etwas älter aus als ihr Mann. Ihre Augenpartie war noch schlafzerknittert, aber sie hatte ein sympathisches Gesicht.
    »Das ist meine Frau Audrey«, sagte Blaylock. »Trinken Sie Ihren Kaffee schwarz? Jeder Cop, den ich kenne, hat ihn schwarz getrunken.«
    Der Mann und die Frau setzten sich nebeneinander auf die Couch.
    »Ja, bitte schwarz. Kennen Sie viele Cops?«
    »Als ich noch in L. A. war, kannte ich viele. Ich war dreißig Jahre bei der Feuerwehr. Nach den Unruhen von zweiundneunzig bin ich dann als Stationskommandant in Pension gegangen. Das hat mir gereicht. Kurz vor Watts habe ich angefangen und nach zweiundneunzig aufgehört.«
    »Worüber wollen Sie eigentlich mit uns sprechen?« Die Frau war sichtlich ungeduldig wegen des Smalltalks ihres Mannes.
    Bosch nickte. Er hatte seinen Kaffee, und sie hatten sich miteinander bekannt gemacht.
    »Ich bin für Mordfälle zuständig. Bei der Hollywood Division. Ich arbeite gerade –«
    »Ich war sechs Jahre im Fünfundachtzigsten«, sagte Blaylock. Er meinte damit die Feuerwache hinter der Hollywood Division.
    Bosch nickte wieder.
    »Don, jetzt lass den Mann doch erzählen, warum er den weiten Weg hier hoch gekommen ist«, sagte Audrey Blaylock.
    »Entschuldigen Sie die Unterbrechung.«
    »Ich ermittle gerade in einem Fall. Ein Mord oben im Laurel Canyon. Wo Sie früher gewohnt haben. Wir suchen alle Leute auf, die neunzehnhundertachtzig in der Wonderland gewohnt haben.«
    »Warum gerade damals?«
    »Weil damals der Mord passiert ist.«
    Sie sahen ihn verständnislos an.
    »Ist das so ein alter Fall?«, fragte Blaylock. »Ich kann mich nämlich nicht erinnern, dass damals irgend so was passiert ist.«
    »In gewisser Weise ist es ein alter Fall. Nur wurde die Leiche erst vor ein paar Wochen entdeckt. Sie war oben im Wald verscharrt. Auf dem Hügel.«
    Bosch beobachtete ihre Gesichter. Nichts Verräterisches, nur Bestürzung.
    »Du lieber Himmel«, sagte Audrey Blaylock. »Soll das heißen, die ganze Zeit, als wir dort gewohnt haben, lag oben auf dem Hügel ein Toter? Dort haben unsere Kinder immer gespielt. Wer wurde dort ermordet?«
    »Ein Kind. Ein zwölfjähriger Junge. Er hieß Arthur Delacroix. Sagte Ihnen der Name etwas?«
    Zunächst durchforsteten der Mann und die Frau jeweils ihr eigenes Gedächtnis, bevor sie sich gegenseitig ansahen und kopfschüttelnd das Ergebnis bestätigten.
    »Nein, der Name sagt uns nichts«, antwortete Don Blaylock.
    »Von wo war der Junge?«, fragte Audrey Blaylock. »Doch sicher nicht aus der Nachbarschaft, nehme ich mal an.«
    »Nein, er hat unten in der Miracle Mile gewohnt.«
    »Das ist ja schrecklich«, sagte Audrey Blaylock. »Wie wurde er ermordet?«
    »Er wurde erschlagen. Aber ich würde Sie bitten … ich meine, mir ist klar, dass Sie das alles gern wissen möchten, aber zuerst muss ich Ihnen meine Fragen stellen.«
    »O natürlich, Entschuldigung«, sagte Audrey Blaylock. »Machen Sie bitte weiter. Was können wir Ihnen sonst noch sagen?«
    »Also, wir versuchen ein Profil der Straße – der Wonderland Avenue – zu erstellen, wie sie damals war. Damit wir wissen, wer wer war und wer wo war. Wirklich eine reine Routinesache.«
    Bosch lächelte und wusste sofort, sein Lächeln käme nicht als aufrichtig rüber.
    »Bisher war das allerdings nicht ganz einfach. Die Fluktuation war seitdem ziemlich stark. Das geht sogar so weit, dass Dr. Guyot und ein Mann, der am Ende der Straße wohnt, die einzigen sind, die schon seit

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