Kein Engel so rein
aussah?«
»Nein. Es war ein ganz normaler Rucksack. Bei den Brethren musste jeder so einen benutzen. Ab und zu sehe ich auf der Pico immer noch Kids mit diesen Dingern rumlaufen, mit Rucksäcken mit einem B hinten drauf.«
Bosch sah kurz Edgar an und dann wieder Sheila Delacroix.
»Zurück zu dem Skateboard. Sind Sie sicher, dass er es mitgenommen hat?«
Sie dachte eine Weile nach, dann nickte sie langsam.
»Ja, ich bin ziemlich sicher, dass er es mitgenommen hat.«
Bosch beschloss, die Vernehmung abzubrechen und sich auf den Abschluss der Identifizierung zu konzentrieren. Sobald sie die Bestätigung hatten, dass die Knochen von Arthur Delacroix stammten, konnten sie seine Schwester ein zweites Mal aufsuchen.
Er dachte an Gollihers Interpretation der Knochenverletzungen. Chronische Misshandlungen. Konnten alle diese Verletzungen von Pausenhofschlägereien und Skateboardstürzen stammen? Er musste auf das Thema Kindesmissbrauch zu sprechen kommen, hielt den Zeitpunkt aber für verfrüht. Außerdem wollte er sich von der Tochter nicht in die Karten schauen lassen, damit sie nicht möglicherweise den Vater warnte. Bosch hielt es für besser, sich zunächst einmal zurückzuziehen und erst wieder zurückzukommen, wenn er das Gefühl hatte, ein besseres Verständnis des Falls und konkretere Vorstellungen vom weiteren Verlauf der Ermittlungen zu haben.
»Okay, wir sind gleich fertig, Sheila. Nur noch ein paar Fragen. Hatte Arthur Freunde? Einen besten Freund vielleicht, jemand, der ihm besonders nahe stand?«
Sie schüttelte den Kopf.
»Eigentlich nicht. Er war meistens allein.«
Bosch nickte und wollte gerade sein Notizbuch zuklappen, als sie hinzufügte: »Es gab einen Jungen, mit dem er immer Skateboard fuhr. Er hieß Johnny Stokes. Er wohnte ein Stück von hier, in der Nähe der Pico. Er war größer und etwas älter als Arthur, aber sie waren in derselben Klasse. Mein Vater war sich ziemlich sicher, dass er Gras rauchte. Deshalb waren wir nicht besonders begeistert, dass Arthur mit ihm befreundet war.«
»Mit ›wir‹, meinen Sie damit Ihren Vater und sich?«
»Ja, mein Vater. Ihm hat das gar nicht gepasst.«
»Hat einer von Ihnen beiden mit Johnny Stokes gesprochen, nachdem Arthur verschwunden war.«
»Ja, an dem Abend, an dem er nicht nach Hause kam, rief mein Vater Johnny Stokes an, aber der sagte, er hätte Artie nicht gesehen. Am nächsten Tag, als Dad in die Schule ging, um sich nach ihm zu erkundigen, erzählte er mir, dass er noch mal mit Johnny über Artie gesprochen hatte.«
»Und was hat er gesagt?«
»Dass er ihn nicht gesehen hat.«
Bosch notierte sich den Namen des Freundes und unterstrich ihn.
»Sonst noch irgendwelche Freunde, die Ihnen einfallen?«
»Nein, eigentlich nicht.«
»Wie heißt Ihr Vater?«
»Samuel. Werden Sie mit ihm reden?«
»Höchstwahrscheinlich.«
Sie senkte den Blick auf ihre im Schoß verschränkten Hände.
»Ist es Ihnen nicht Recht, wenn wir mit ihm reden?«
»An sich nicht. Es geht ihm nur nicht besonders. Wenn sich herausstellt, dass diese Knochen von Arthur sind … ich dachte nur, es wäre besser, wenn er es nie erfährt.«
»Wir werden das berücksichtigen, wenn wir mit ihm reden. Im Übrigen werden wir es erst tun, wenn uns eine eindeutige Identifikation vorliegt.«
»Aber wenn Sie bei ihm aufkreuzen, weiß er bestimmt sofort Bescheid.«
»Das wird sich wahrscheinlich nicht vermeiden lassen, Sheila.«
Edgar gab Bosch ein anderes Foto. Darauf stand Arthur neben einem großen blonden Mann, der Bosch vage bekannt vorkam. Er zeigte das Foto Sheila Delacroix.
»Ist das Ihr Vater?«
»Ja das ist er.«
»Irgendwie kommt er mir bekannt vor. War er mal –«
»Er ist Schauspieler. Das heißt, er war einer. Er hat in den sechziger Jahren in verschiedenen Fernsehserien gespielt und danach in einer Reihe anderer Sachen, ein paar Filmrollen.«
»Aber nicht genug, um davon leben zu können?«
»Nein, er musste nebenbei immer noch andere Jobs annehmen. Damit wir über die Runden kamen.«
Bosch nickte und gab das Foto Edgar zurück, aber Sheila Delacroix griff über den Couchtisch und fing es ab.
»Entschuldigen Sie, aber das möchte ich nicht weggeben. Ich habe nicht viele Fotos von meinem Vater.«
»Gut«, sagte Bosch. »Könnten wir jetzt noch nach der Geburtsurkunde sehen?«
»Ich hole sie. Sie können hier bleiben.«
Sie stand auf und verließ wieder den Raum. Edgar nutzte die Gelegenheit, um Bosch einige der anderen Fotos zu zeigen, die er
Weitere Kostenlose Bücher