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Kein Engel so rein

Kein Engel so rein

Titel: Kein Engel so rein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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Zweifamilienhäuser aus, die sehr maßvoll in der Wahl der stilistischen Extravaganzen waren, mit denen sie sich eine individuelle Note zu verleihen suchten.
    Delacroix wohnte im Obergeschoss eines Zweifamilienhauses mit einer Pseudo-Fin-de-Siecle-Fassade. Sie bat die Detectives freundlich in ihre Wohnung, aber als Edgars erste Frage einer Tasse Kaffee galt, erklärte sie, der sei in ihrer Religion verboten. Sie bot ihm einen Tee an, den Edgar widerstrebend annahm. Bosch lehnte dankend ab. Er fragte sich, welche Religion Kaffee verbot.
    Während die Frau in der Küche Tee für Edgar machte, nahmen sie im Wohnzimmer Platz. Sie rief, sie habe nur eine Stunde Zeit, dann müsse sie zur Arbeit.
    »Was machen Sie beruflich?«, fragte Bosch, als sie mit einer Tasse Tee, über deren Rand das Etikett des Teebeutels hing, aus der Küche kam. Sie stellte sie mit einem Untersetzer auf einen Beistelltisch neben Edgar. Sie war groß und ein bisschen übergewichtig und hatte kurz geschnittenes blondes Haar. Bosch fand, sie war zu stark geschminkt.
    »Ich bin Casting-Agentin«, sagte sie, als sie auf der Couch Platz nahm. »Hauptsächlich unabhängige Produktionen, ab und zu auch Fernsehserien. Gerade diese Woche besetze ich übrigens eine Polizeiserie.«
    Bosch beobachtete, wie Edgar seinen Tee probierte und das Gesicht verzog. Dann drehte er die Tasse in seiner Hand so, dass er das Teebeuteletikett lesen konnte.
    »Er ist aromatisiert«, sagte Delacroix. »Darjeeling mit Erdbeergeschmack. Schmeckt er Ihnen?«
    Edgar stellte die Tasse auf den Untersetzer.
    »Danke, sehr gut.«
    »Ms. Delacroix? Da Sie in der Unterhaltungsindustrie tätig sind – kannten Sie zufällig Nicholas Trent?«
    »Sagen Sie bitte Sheila zu mir. Aber dieser Name, Nicholas Trent. Hört sich irgendwie bekannt an, auch wenn ich den Namen spontan nicht einordnen kann. Ist er Schauspieler, oder macht er Casting?«
    »Weder noch. Er ist der Mann, der oben in der Wonderland Avenue gewohnt hat. Er war Filmarchitekt – das heißt, Filmrequisiteur.«
    »Ach, der im Fernsehen, der sich umgebracht hat. Daher kam mir sein Name bekannt vor.«
    »Sie kannten ihn also nicht beruflich?«
    »Nein.«
    »Das hätte ich eigentlich gar nicht fragen sollen. Alles schön der Reihe nach. Fangen wir am besten mit Ihrem Bruder an. Erzählen Sie uns von Arthur. Haben Sie vielleicht ein Foto von ihm, das wir uns mal ansehen könnten?«
    »Ja.« Sie stand auf und ging hinter Boschs Sessel. »Hier ist er.«
    Sie ging zu einem hüfthohen Schränkchen, das Bosch bis dahin nicht bemerkt hatte. Dort waren ganz ähnlich, wie er das auf Julia Brashers Kaminsims gesehen hatte, gerahmte Fotos aufgestellt. Delacroix suchte eines aus, drehte sich um und gab es Bosch.
    Auf dem gerahmten Foto waren ein Junge und ein Mädchen zu sehen, die auf einer Treppe saßen, in der Bosch die Treppe wiedererkannte, die sie hinaufgestiegen waren, bevor sie an Delacroix’ Tür geklopft hatten. Der Junge war wesentlich kleiner als das Mädchen. Beide lächelten in die Kamera, aber sie hatten das Lächeln von Kindern aufgesetzt, die man dazu aufgefordert hat zu lächeln – eine Menge Zähne, aber keine richtig nach oben gezogenen Mundwinkel.
    Bosch gab das Foto Edgar und sah Sheila Delacroix an, die zur Couch zurückkehrte.
    »Diese Treppe … ist das hier aufgenommen?«
    »Ja, das ist das Haus, in dem wir aufgewachsen sind.«
    »Als er verschwand – haben Sie da hier gewohnt?«
    »Ja.«
    »Sind noch irgendwelche Sachen von ihm im Haus?«
    Sheila Delacroix lächelte traurig und schüttelte den Kopf.
    »Nein, sie sind alle weg. Ich habe seine Sachen für den Wohltätigkeitsbazar der Kirche weggegeben. Das ist aber schon lange her.«
    »Was ist das für eine Kirche?«
    »Die Wilshire Church of Nature.«
    Bosch nickte nur.
    »Ist das die, die Ihnen verbietet, Kaffee zu trinken?«, fragte Edgar.
    »Alles mit Koffein.«
    Edgar stellte das gerahmte Foto neben seinen Tee.
    »Haben Sie noch andere Bilder von ihm?«, fragte er.
    »Natürlich. Ich habe eine ganze Schachtel voller alter Fotos.«
    »Könnten wir uns die mal ansehen? Während wir uns unterhalten?«
    Sheila Delacroix zog verständnislos die Augenbrauen zusammen.
    »Wir haben unter seinen sterblichen Überresten auch ein paar Kleidungsstücke gefunden«, erklärte ihr Bosch. »Deshalb würden wir uns gern die Fotos ansehen, ob er darauf vielleicht eins davon anhat. Das wäre gut für die Ermittlungen.«
    Sie nickte.
    »Ach so. Einen Augenblick, ich bin gleich

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