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Kein Engel so rein

Kein Engel so rein

Titel: Kein Engel so rein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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waren, darunter wahrscheinlich auch Deputy Chief Irving. Er fragte sich, ob jemand gemerkt hatte, dass die Videokamera angestellt war. Falls ja, wäre sie sofort abgestellt worden.
    »Irgendwie hat sie sich selbst angeschossen.«
    »Und das haben Sie gesehen.«
    »Nicht direkt. Ich habe sie nur von hinten gesehen. Sie hatte mir den Rücken zugekehrt.«
    »Woher wollen Sie dann wissen, dass sie selbst auf sich geschossen hat?«
    »Weil außer ihr, mir und Stokes niemand da war. Ich habe nicht auf sie geschossen und Stokes auch nicht. Sie hat selbst auf sich geschossen.«
    »Während des Handgemenges mit Stokes.«
    Bosch schüttelte den Kopf.
    »Nein, als der Schuss fiel, fand kein Handgemenge statt. Ich weiß nicht, was vor meinem Eintreffen ablief, aber als der Schuss fiel, hatte Stokes beide Hände flach gegen die Wand gedrückt und ihr den Rücken zugekehrt. Officer Brasher hatte ihm den Arm auf den Rücken gedreht, um ihn festzuhalten. Dann sah ich, wie sie von ihm zurücktrat und die Hand sinken ließ. Die Waffe selbst sah ich nicht, aber ich hörte den Schuss und sah den Blitz vor ihr aufleuchten. Und dann fiel sie zu Boden.«
    Gilmore trommelte laut mit dem Bleistift auf den Tisch.
    »Das stört wahrscheinlich die Bandaufnahme«, sagte Bosch. »Ach, fast hätte ich’s vergessen, Sie nehmen ja sowieso nie was auf Band auf.«
    »Das braucht Sie nicht zu kümmern. Was ist dann passiert?«
    »Ich ging auf sie zu. Stokes drehte sich um, um zu sehen, was passiert war. Officer Brasher auf dem Boden hob den rechten Arm und richtete ihre Waffe auf Stokes.«
    »Aber sie gab keinen Schuss ab, ist das richtig?«
    »Ja. Ich rief Stokes zu: ›Keine Bewegung‹, und sie gab keinen Schuss ab, und er rührte sich nicht von der Stelle. Dann erreichte ich die beiden und forderte Stokes auf, sich auf den Boden zu legen. Ich legte ihm auf dem Rücken Handschellen an. Dann forderte ich über Funk Hilfe an und versuchte, mich, so gut es ging, um Officer Brashers Wunde zu kümmern.«
    Auch Gilmores geräuschvolle Art, Kaugummi zu kauen, ärgerte Bosch. Er kaute mehrere Male, bevor er sagte: »Wissen Sie, was ich hier nicht ganz verstehe? Warum sollte sie auf sich selbst schießen?«
    »Das müssen Sie sie selbst fragen. Ich sage Ihnen nur, was ich gesehen habe.«
    »Ja, aber ich frage Sie. Sie waren dabei. Was glauben Sie?«
    Bosch ließ sich mit der Antwort Zeit. Es war alles sehr schnell gegangen. Er hatte bewusst vermieden, über die Vorfälle in der Tiefgarage nachzudenken, und sich ganz auf Stokes konzentriert. Doch jetzt gingen ihm die Bilder, die er dort gesehen hatte, immer wieder durch den Kopf. Schließlich zuckte er mit den Schultern.
    »Ich weiß es nicht.«
    »Wissen Sie was? Ich spiele den Hergang mal so durch, wie Sie ihn darstellen. Nehmen wir mal an, sie wollte ihre Waffe ins Holster zurückstecken – das wäre zwar gegen die Vorschriften, aber nehmen wir es einfach mal an. Sie steckt also die Waffe weg, um dem Kerl Handschellen anlegen zu können. Das Holster ist an ihrer rechten Hüfte, die Einschusswunde an der linken Schulter. Wie soll das gehen?«
    Bosch musste daran denken, wie Brasher ihn ein paar Abende zuvor nach der Narbe an seiner linken Schulter gefragt hatte. Wie es gewesen war, von einem Schuss getroffen zu werden. Er hatte plötzlich das Gefühl, als rückten die Wände des Raums enger zusammen. Ihm brach der Schweiß aus.
    »Das weiß ich nicht.«
    »Sie wissen nicht gerade viel, Bosch, nicht?«
    »Ich weiß nur, was ich gesehen habe. Und was ich gesehen habe, habe ich Ihnen gesagt.«
    Bosch wünschte sich, Stokes Zigaretten wären noch hier.
    »Welcher Art war Ihre Beziehung zu Officer Brasher?«
    Bosch blickte auf den Tisch.
    »Was meinen Sie damit?«
    »Soviel ich gehört habe, haben Sie sie gefickt. Das meine ich damit.«
    »Was soll das hiermit zu tun haben?«
    »Das wollte ich eigentlich von Ihnen hören.«
    Bosch antwortete nicht. Er musste sich sehr anstrengen, sich die Wut, die in ihm aufstieg, nicht anmerken zu lassen.
    »Also, zuallererst war Ihre Beziehung ein Verstoß gegen die Vorschriften«, sagte Gilmore. »Das wissen Sie doch, oder?«
    »Sie macht Streifendienst. Ich bin Detective.«
    »Denken Sie, das macht einen Unterschied? Es macht keinen Unterschied. Sie sind D drei. Also nominell ihr Vorgesetzter. Sie ist eine Anfängerin. Nur damit das klar ist: Wenn wir hier beim Militär wären, würden Sie unehrenhaft entlassen. Vielleicht bekämen Sie sogar eine Haftstrafe.«
    »Aber wir

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