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Kein Entkommen

Kein Entkommen

Titel: Kein Entkommen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linwood Barclay
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nicht schon mal die Pest an den Leib gewünscht hätte«, sagte sie. »Aber in Ihrem Fall liegt die Sache anders. So etwas Perfides habe ich noch nie erlebt.«
    »Aber warum?«, fragte ich. »Aber wenn sie die Nase voll hatte von unserer Ehe, hätte sie mich doch auch einfach verlassen können, statt diesen ganzen Wahnsinn zu inszenieren.«
    Natalie ließ sich das durch den Kopf gehen. »Weil mehr hinter der Sache steckt. Weil sie nicht will, dass jemand nach ihr sucht. Alle sollen davon ausgehen, dass sie tot ist.«
    »Aber es muss ihr doch klar gewesen sein, dass ich nach ihr suchen würde.«
    »Von einer Gefängniszelle aus?«, gab Natalie trocken zurück. »Sobald die Cops Sie eingebuchtet haben, spielt es kaum noch eine Rolle, dass sie keine Leiche haben. Ihr Job besteht darin, den Täter zu fassen. Und während Sie auf Ihren Prozess warten, hat Jan bereits irgendwo anders ein neues Leben angefangen.«
    Wie betäubt saß ich auf meinem Stuhl.
    »Ich kann das nicht glauben«, sagte ich. »Wie soll sie all das eingefädelt haben?« Ich versuchte mich zu konzentrieren. »Woher soll sie denn gewusst haben, dass ich am Freitag an den Lake George fahren wollte?«
    Natalie zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung. Ich kann Ihnen nicht sagen, wer im Five Mountains versucht hat, Ihren Sohn zu entführen, und wie Leanne Kowalski ins Bild passt, ist mir ebenso schleierhaft. Trotzdem lassen alle Informationen, die ich von Ihnen erhalten habe, nur einen Schluss zu: dass Ihre Frau hinter der ganzen Sache steckt. Sie hat ihr Verschwinden inszeniert, und Sie sollten den Sündenbock spielen. Tja, sie hat ganze Arbeit geleistet, das muss man schon sagen.«
    »Warum sollte sie mir so etwas antun?«, flüsterte ich, doch gleichzeitig kam mir eine noch schwerwiegendere Frage in den Sinn. »Und Ethan? Sie war doch immer eine so liebevolle Mutter.«
    Natalie verschränkte die Arme und überlegte einen Augenblick.
    »Vielleicht haben Sie sich da getäuscht«, sagte sie dann.

38
    »Da stimmt was nicht«, sagte Jan.
    Sie saßen in einem McDonald’s an der Hauptstraße. Dwayne hatte sich zwei Big Macs, einen Schokoshake und eine große Portion Pommes frites bestellt, Jan nur einen Kaffee. Und selbst den hatte sie bislang nicht angerührt.
    »Wieso?«, fragte Dwayne mit vollem Mund.
    »Es ist zu viel.«
    »Wovon redest du?«
    »Es ist zu viel Geld.«
    Dwayne wischte sich den Mund ab. »Wenn du deinen Anteil nicht willst, nehme ich ihn eben.«
    »Warum hat er uns so viel Kohle angeboten?«, fragte sie.
    »Na ja.« Dwayne biss abermals in seinen Big Mac. »Weil er weiß, dass die Ware eine Menge mehr wert ist. Wahrscheinlich kriegt er dreimal so viel dafür.«
    Eine Frau in Jans Alter nahm zwei Tische entfernt Platz. Bei sich hatte sie einen kleinen Jungen, vielleicht vier oder fünf Jahre alt, der sich auf den Stuhl neben sie setzte; seine Beine baumelten ein gutes Stück über dem Boden. Jan beobachtete, wie seine Mutter ein Happy Meal vor ihn hinstellte und seinen Cheeseburger auswickelte. Der Kleine nahm eine einzelne Fritte, legte den Kopf in den Nacken und steckte sie sich betont langsam in den Mund, als wäre er ein Schwertschlucker.
    Jan wollte den Blick gerade wieder auf Dwayne richten, als die Frau sagte: »Lass den Unsinn, Ethan.«
    Jan legte den Kopf schief. Hatte sie richtig gehört?
    »Soll ich dir deine Milch aufmachen, Nathan?«, fragte die Frau.
    »Kann ich selbst«, erwiderte der Kleine.
    »Du siehst bloß Gespenster«, sagte Dwayne. »Wir haben ewig auf diesen Moment gewartet, Süße, und plötzlich machst du die Pferde scheu.«
    »Es ist zu viel Geld«, wiederholte Jan leise. »Denk doch mal nach. Das Zeug ist heiß. Er muss die Steine unter Wert verticken, und en gros verkaufen kann er sie auch nicht. Er hätte uns also vielleicht zehn, maximal zwanzig Prozent des eigentlichen Werts anbieten können.«
    »Hat er wahrscheinlich auch«, gab Dwayne zurück. »Vielleicht ist die Ware viel mehr wert, als wir glauben.«
    »Er hat sich die Steine nicht mal richtig angesehen«, sagte Jan. »Sechs Millionen, und er nimmt bloß eine Handvoll davon unter die Lupe?«
    »Banura ist Profi«, entgegnete Dwayne. »Er wusste einfach Bescheid, nachdem er ein paar Stichproben gemacht hatte.« Er steckte sich den Strohhalm zwischen die Lippen und sog. »Verfluchte Scheiße, hier kommt ja gar nichts durch.«
    Die Mutter des Kleinen wandte den Kopf.
    »Muss das sein?«, zischte Jan. Sie bedachte Dwayne mit einem vorwurfsvollen

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