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Kein Entrinnen

Titel: Kein Entrinnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Romain Sardou
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er seit vielen Wochen nicht mehr gekannt hatte.
    »Ich hatte den Sheriff vor Ort gebeten, er solle mich über eventuelle neue Entwicklungen bezüglich Boz’ Verschwinden auf dem Laufenden halten«, fuhr der Polizeichef fort.
    »Und?«
    »Er hat mich am Dienstag angerufen.«
    Das war vor zwei Tagen gewesen.
    »Er wollte sich mit mir über einen gewissen William Charlier unterhalten.«
    Frank runzelte die Stirn.
    »Kenne ich nicht.«
    »Das ist ein Nachbar des Schriftstellers. Er besitzt seit vierzig Jahren ein Gutshaus, dessen neun Hektar großes Grundstück an das von Boz grenzt. Im Norden.«
    »Schön. Verkehrten sie miteinander?«
    »Den Leuten aus der Gegend zufolge wohl nicht. Die Typen vom FBI, die den Schriftsteller beschatteten, bestätigen das. Charlier ist ein Typ um die siebzig, ziemlich menschenfeindlich, der selten ausgeht und nie Besuch empfängt. Ein ehemaliger IBM-Manager, der mit 47 Jahren gefeuert wurde und seitdem nie einen anderen Arbeitsplatz gesucht hat.«
    »Ich verstehe. Ist er vielleicht religiös geworden?«
    »Nicht einmal das. Aber da liegt nicht das Problem. In letzter Zeit begannen die Behörden der Stadt und des Bezirks sich Sorgen um ihn zu machen. Charlier antwortet nicht mehr auf die Briefe seiner Bank, löst seine Pensionsschecks nicht mehr ein und bezahlt, wie sich herausgestellt hat, auch seine Wasser-, Gas- und Telefonrechnungen nicht mehr. Ebensowenig wie seine Autoversicherung.«
    »Okay. Und seit wann?«
    »Drei Monate …«
    Franklin fuhr sich mit der Hand in den Nacken. Wieder fragte er sich, worauf Sheridan hinauswollte.
    »Ich bin nach Dovington gefahren, um mir das Haus dieses Charliers anzusehen«, versetzte der Colonel. »Und tatsächlich, das Haus war menschenleer. Aber vor allem, und das springt geradezu ins Auge, war keinerlei Spur von Leben darin zu sehen. Keinerlei Lebensmittel. Keine Kleidung. Der Sheriff hat versucht, Bekannte oder Angehörige des Mannes zu kontaktieren, er hat nach einem Adressbuch gesucht. Wieder nichts. Charlier besitzt keinen einzigen lebenden Verwandten.«
    »Okay, er lebt also allein. Er ist vielleicht weggefahren? Hat einen Ausflug nach Florida oder auf die Bahamas gemacht? Alt genug ist er dafür. Vierzig Jahre in Dovington, da kann man schon von plötzlichen Fluchtgelüsten übermannt werden!«
    »Einen Ausflug? Das kann man wohl sagen. Er hat wahrhaftig einen Ausflug unternommen! Sheriff Donohue hatte die treffliche Idee, Polizeihunde auf das Gelände schaffen zu lassen. Sie fanden William Charlier begraben zwischen seinen Ligusterhecken! Nach Aussage des Gerichtsmediziners von Montpelier war der Leichnam nicht drei Monate, sondern eher sechs Jahre alt.«
    Plötzlich wurde Franklin alles klar. Sheridan fasste nur die gleiche Erklärung in Worte.
    »Gehen wir es noch mal durch: Vor neun Jahren ließ Boz sich in Dovington nieder. Er hatte zwei Jahre Zeit, um das Leben seines Nachbarn zu studieren und zu erkennen, dass dieser völlig zurückgezogen lebte, und um ihn anschließend zu eliminieren, die Leiche zu vergraben und alles so fortzuführen, als sei er noch am Leben. Er bezahlte die monatlichen Rechnungen und löste an seiner Stelle die Schecks ein. Er beantwortete die Post, indem er Charliers Schrift und seine Unterschrift nachahmte. Eine perfekt ausgeklügelte Scheinexistenz. Ihre Grundstücke waren durch eine verborgene Tür in einem Teilstück von Boz’ Mauer, das man von der Straße aus nicht sehen kann, miteinander verbunden. Der Schriftsteller benutzte den unterirdischen Atomschutzkeller, den wir beim letzten Mal entdeckt haben, trat nachts im Wald ins Freie und spazierte dann bei Charlier herum. Von dort bestieg er sein Auto, verbarg sein Gesicht und machte, was ihm passte.«
    »Wie ist es möglich, dass das FBI nie etwas gesehen hat? Das alles spielte sich vor seinen Augen ab.«
    »Sie wollten nicht auffallen in der Gegend, um Boz oder die Behörden nicht zu warnen. Selbst Sheriff Donohue hat nie erfahren, dass Boz seit Jahren unter der Überwachung des FBI stand. Also hielten sie sich zurück. Das FBI kümmerte sich kaum um Charlier. Boz konnte in aller Ruhe kommen und gehen. Und er richtete es immer so ein, dass man ihn während seiner Ausflüge im Herrenhaus anwesend glaubte.«
    »Und die Bewohner von Dovington?«
    »Sie hielten Charlier für einen Irren. Es hieß insbesondere, der Alte fahre zum Einkaufen in eine andere Stadt. Eine Majestätsbeleidigung in so einem Nest …! Ein Verräter! Sie wissen schon …«
    Ein

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