Kein Fall für Mr. Holmes
Sie sprachen.«
»Und warum sollte ich das glauben?« Die Frage wurde barsch gestellt, während er die Statue abrupt wieder auf den Tisch legte wurde.
Ich schüttelte den Kopf in stiller Verzweiflung. »Inspektor Thackeray«, sagte ich mit all der Ernsthaftigkeit, die ich aufbringen konnte, »ich möchte nur in jeder mir möglichen Weise zur Beantwortung der vielen Fragen beitragen, die noch unbeantwortet sind. Ich bin überzeugt, es wäre nur zum Wohl der Gerechtigkeit, wenn wir zusammenarbeiten könnten. Und nun, da ich meine kleine Rede gehalten habe«, fuhr ich fort und drehte den kleinen Engel um, so daß er dem Inspektor seinen Rücken zukehrte, »werden Sie, wenn Sie die Statue genauestens untersuchen lassen, erkennen, daß diese Flecken dort getrocknetes Blut sind, in dem sich einige Haare verfangen haben. Haare, Inspektor, von denen jedes einzelne mit denen des ermordeten Opfers übereinstimmen wird.«
»Wird es das, Madam?« fragte er zweifelnd, während er mit der Hand langsam die Enden seines Schnurrbartes zwirbelte. »Wird es das tatsächlich?«
Gerade wollte er nach seiner Pfeife langen, als er sich eines Besseren besann, die Hände auf dem Schreibtisch faltete und sich nach vorne beugte, so daß wir uns nun nahe gegenüber saßen.
»Wo haben Sie die Statue gefunden?« fragte er. »Welchen berechtigten Grund haben Sie zu der Annahme, daß es sich um Blut handelt, beziehungsweise sogar um die Mordwaffe selbst? Sehen Sie, Mrs. Hudson«, fuhr er fort und ließ sich in seinen Stuhl zurücksacken, »wenn ich Sie ernstnehmen soll, müssen wir…«
»Ich versichere Ihnen, Inspektor«, warf ich ein, »daß ich all Ihre Fragen zu Ihrer äußersten Zufriedenheit beantworten kann.«
Ein leichtes Lächeln wurde unter jenem Schnurrbart sichtbar, und zum ersten Mal, seit wir uns begegneten, lag ein Funkeln in jenen mauseartigen kleinen Augen. »Bei Gott, Mrs. Hudson«, lachte er gutgelaunt, »ich glaube, das können Sie wirklich! Aber ich warne Sie, Madam«, fügte er hinzu, damit ich ja nicht dachte, daß seine plötzliche Einwilligung zu schnell erlangt wurde, »wenn Sie mich bezüglich ihrer Erkenntnisse nicht überzeugen können, will ich nichts mehr darüber hören, einverstanden?«
»Einverstanden.«
Ich gab ihm dann im Detail – mit Ausnahme von Violets astralen Erscheinungen – die Informationen, die ich in Erfahrung bringen konnte, und erzählte von den Ereignissen, die sich seit meiner Ankunft auf Haddley zugetragen hatten, einschließlich der Geschichte des Ohrringes, den ich ihm übergab, und seiner Entdeckung in dem Schlafzimmer Ihrer Ladyschaft, was meiner Erzählung mehr Gewicht verlieh. Er antwortete nicht unmittelbar, nachdem ich geendet hatte, sondern saß gedankenverloren da und klopfte mit dem Pfeifenstiel gegen den Aschenbecher. Schließlich legte er die Pfeife beiseite und wandte mir seine Aufmerksamkeit zu.
»Der Ohrring ist natürlich das bedeutendste Beweisstück. Ohne ihn, Mrs. Hudson, fürchte ich, wäre Ihre Geschichte lediglich das, nämlich eine Geschichte. Was die Statue betrifft«, fuhr er fort, als er meinen fragenden Blick in Richtung auf den Engel bemerkte, »ob die Flecken Blut sind oder nicht, wird sich zeigen. Aber dies«, fügte er hinzu und nahm den Halbmond, »ist etwas anderes.«
Er glaubte mir! Ich schickte ein stillschweigendes Dankesgebet gen Himmel.
»Und nun, Mrs. Hudson, lassen Sie uns die Umstände, über die sie mir berichtet haben, hinsichtlich des Todes von Lady St. Clair betrachten.«
Da er sah, daß ich ihn unterbrechen wollte, bat mich ein erhobener Finger zu schweigen, während er fortfuhr.
»Sie reden durchaus überzeugend von den Motiven derer, von denen Sie glauben, sie hätten etwas damit zu tun. Wie Sie zu dieser Kenntnis gelangt sind, weiß ich nicht. Und danach sollte ich wohl auch nicht fragen. Dennoch beruht das, was Sie mir präsentieren, Madam, auf nichts anderem als auf belauschten Unterhaltungen. Das sind keine Beweise, die ich vor einem Gericht benutzen könnte. Wenn der Tod aufgrund einer Überdosis Chloroform eintrat, dann ist es – das muß ich leider sagen – zu spät, um etwas zu unternehmen. Wenn wir den Leichnam exhumierten, würden wir nichts finden. Und welche rechtliche Begründung hätten wir überhaupt, um das anzuordnen?«
»Dann kann der Mörder also weiterhin frei herumlaufen?«
»Vielleicht nicht«, erwiderte er, während er mit dem Ohrring spielte.
»Natürlich, der Ohrring!« rief ich. »Wenn die gleiche
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