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Kein Fall für Mr. Holmes

Kein Fall für Mr. Holmes

Titel: Kein Fall für Mr. Holmes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sydney Hosier
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starrte mit leerem Blick in den Raum, während meine Gedanken mit der Geschwindigkeit eines englischen Rennhundes weiterrasten.
    »Was ist mit dir, Em?«
    »Oh, Vi«, erwiderte ich, warf die Bettdecke beiseite und stieg aus dem Bett. »Ich bin eine solche Närrin gewesen!«
    »Emma Hudson!« befahl meine alte Freundin. »Du gehst augenblicklich ins Bett zurück. Du bist nicht in der Verfassung, um…«
    »Nein, nein, mir geht es gut«, antwortete ich.
    Da ich zu aufgeregt war, um mich zu setzen, begann ich, auf und ab zu laufen, bis ich schließlich zu meiner Freundin herumwirbelte.
    »Die Schlafkammer war nie verschlossen, richtig? Nein«, antwortete ich für sie. »Eine Tatsache, die dem ganzen Haushalt bekannt ist, Familie und Bediensteten gleichermaßen. Der Mörder«, fuhr ich nun in schnellerem Tempo fort, »profitierte davon, betrat leise das Zimmer, und nachdem er die Tür von innen verschlossen hatte, verabreichte er das Chloroform. Und während Ihre Ladyschaft vergeblich um ihr Leben rang, schwebtest du herein.«
    Vi sagte nichts, sondern bewegte nur zustimmend ihren Kopf.
    »In astraler Gestalt«, erzählte ich weiter, »konntest du nichts anderes tun, als zu deinem Schlafzimmer zurückzukehren, was du ja auch gemacht hast. Nachdem die Tat vollbracht war, wurde es für unseren geheimnisvollen Freund Zeit, das Zimmer zu verlassen. Aber zu dem Zeitpunkt standest du schon draußen mit Hogarth und hast um Einlaß gebeten. Der Mörder hatte nur eine Wahl, und zwar, sich zu verstecken.«
    »Damit magst du ja recht haben«, sagte Vi. »Aber wo? Das würde ich gerne wissen.«
    »Nun«, antwortete ich mit einem selbstzufriedenen Lächeln, »an dem gleichen Ort, wo ich mich versteckte. Hinter der Tür.«
    »Hinter der…?«
    »Genau! Nachdem Hogarth den Generalschlüssel ins Schloß gesteckt hatte, kamst du herein.«
    »Mhm.«
    »Und Hogarth auch.«
    »Mhm.«
    »Und dann kamen die St. Clairs in Begleitung von Dr. Morley und dem Colonel. Zumindest«, sagte ich und holte Luft, »glaubtest du das.«
    »Aber genau so geschah es!« rief Violet.
    »Nicht ganz, fürchte ich, meine liebe Mrs. Warner. Alle außer einem der Anwesenden hatten das Zimmer betreten. In der Verwirrung des Augenblicks mußte unser gewiefter Schuldiger nur hinter der Tür hervortreten und sich ganz unschuldig unter die anderen mischen. Und wer hätte das gemerkt?«
    Ich schüttelte den Kopf angesichts der Einfachheit all dessen. Geheime Öffnungen in der Wand, Falltüren, also wirklich! In meinem Eifer, einen ausgeklügelten und/oder genialen Fluchtplan aufzudecken, hatte ich die Ermittlungssünde begangen, das Naheliegende zu übersehen.
    Dieses Eingeständnis meinerseits erinnerte mich an eine Zeit als kleines Mädchen, in der mich mein Vater immer durch einen Zaubertrick mit einem Kartenspiel in Erstaunen versetzte. Wie bettelte, flehte und schmeichelte ich ihn doch an, damit er mir das Geheimnis des Tricks verriet. Und wenn ich schließlich mit der Antwort belohnt wurde, war ich das enttäuschteste Kind auf der Welt.
    »Aber Papa«, klagte ich dann immer, »da muß doch mehr dahinterstecken. Das ist zu einfach!«
    Dann warf er seinen schönen Kopf lachend zurück.
    »Du darfst nie das Naheliegende übersehen, Emma«, sagte er immer. »Übersieh nie das Naheliegende.«
    Ich fürchte, Papa, das habe ich getan. Zumindest eine Zeitlang.

13. Lebewohl, mein Seemann
     
    Nachdem wir uns angekleidet hatten, gingen wir nach unten, um ungestört ein spätes Mittagessen, bestehend aus Suppe, Butterkeksen, Tee und äußerst köstlichen gefüllten Törtchen, zu uns zu nehmen. Ich fühlte mich nun besser und war bereit, mich auf den Weg nach Twillings zu machen.
    Da irgendein Beförderungsmittel für meinen Ausflug vonnöten war, begleitete Vi mich in die Ställe, wo ein Berg von einem Mann mit einem Gesicht, so ledern wie die Schürze, die er trug, eifrig mit dem Beschlagen eines Pferdes beschäftigt war.
    »Mrs. Warner«, sagte er, als er uns näherkommen sah. »Ist schon ‘ne Weile her, daß Sie hier draußen waren.«
    »Dies hier ist Mrs. Hudson, Ben. Sie würde gern ins Dorf fahren. Wir haben uns gefragt, ob vielleicht irgendein Gefährt verfügbar ist.«
    Er stand auf und nickte mir zu, während er sich nachdenklich mit der Hand über ein borstiges Kinn fuhr. »Weiß nicht, wer in der Lage ist, Sie zu fahren, gnädige Frau. Bißchen knapp an Leuten, verstehen Sie? Wenn diese Kerle einfach nicht auftauchen.«
    »Sie meinen wohl Will«, sagte ich und

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