Kein Fleisch macht gluecklich
Lebensmittel produziert, von denen die Industrie behauptet, sie seien hochwertig, und dann stammen sie aus vollkommen verdreckten Käfigen. Wachteleier sollen ja angeblich etwas für Gourmets sein. 500000 werden jährlich in Deutschland verspeist. Doch auch die Wachteln leben zumeist in Käfigen.
Meine Mutter erfährt von mir am Telefon, dass ich meinen Eierkonsum fortan einzuschränken gedenke. »Das jetzt nicht auch noch, Andi. Also den Hühnern tut es doch nicht weh, wenn man ihnen die Eier wegnimmt.« Ich kläre sie kurz und knapp über die Produktionsbedingungen auf. Sie ist einigermaßen erschüttert und kann mein Ansinnen nun besser verstehen. Ich verzichte aber nicht ganz auf Eier, denn eine Kollegin bringt mir von einem befreundeten Bauern gelegentlich welche mit. Unregelmäßig, denn die Hühner legen nur unregelmäßig. Dafür sind sie frei laufend, ohne Selektion und Muserei. So gibt es sonntags auch mal Ei.
Milch ohne Kuh
Heute habe ich das erste Mal daran gedacht, Reismilch zu kaufen; nein keinen Milchreis, sondern Milch aus Reis. Ein Hinweis auf vegane Tendenzen bei mir? Nachdem meine Recherchen zur Eiproduktion meinen Eiverbrauch rapide gedrosselt haben, komme ich nicht umhin, mich genauer mit der Milch zu beschäftigen – und sehe mich vorsichtshalber schon mal nach Alternativen um. Der Bioladenpreis von 2 Euro für 1 Liter H-Milch aus Reis ist stolz. Ob das überhaupt schmeckt? Die Antwort des Bioladenbesitzers meines Vertrauens »Na, wenn es nicht sein muss …« hält mich vorerst von diesem Versuch ab.
Ein paar Tage später habe ich sie mir nun doch gekauft. Leicht gräulich sieht sie im Glas aus, etwa wie Waschwasser, keinesfalls so strahlend weiß wie auf der Packung. Immerhin, vom Geschmack bin ich positiv überrascht. Sie schmeckt tatsächlich nach Milchreis, die Reismilch. Im Kaffee mag ich sie mir einstweilen nicht vorstellen. Zum Müsli passt sie prima, da merkt man den Unterschied eigentlich gar nicht.
Meine nächste Entdeckung: Sojamilch – das, was viele Menschen mit Laktose-Unverträglichkeit trinken. Offiziell darf sie nicht Milch, sondern nur Sojadrink heißen. Sagt aber niemand. Und weil Sojamilch, anders als Kuhmilch, als Getränk und nicht als Lebensmittel gilt, kommen 19 statt 7 Prozent Mehrwertsteuer drauf. Was für ein Unsinn! Sojamilch ist oft, warum auch immer, gezuckert. Sieht im Glas aus wie Kondensmilch, wird beim Aufschäumen aber schön milchweiß. Und sie schmeckt im Kaffee erstaunlicherweise genauso gut wie Milch, vor allem die ungesüßte. Mir jedenfalls. Meine Tochter ist zunächst nicht überzeugt: »Bäh-Schaum!«
Wie komme ich dazu, auch meinen Milchkonsum infrage zu stellen? Nun, was den Klimaschutz angeht, liegt es auf der Hand, denn Rinder stoßen das Treibhausgas Methan aus, egal, ob sie nun Fleisch liefern oder Milch geben sollen. Aber auch in puncto Tierschutz sind meine Überlegungen begründet: Die Haltung von Milchkühen sieht in Wirklichkeit anders aus, als ich mir das gerne vorgestellt habe.
Kühe sind nicht dumm, nur dumm dran
Das sagt Professor Holger Martens, Direktor und Experte für Kuhgesundheit vom Institut für Veterinär-Physiologie der Freien Universität in Berlin. Er erzählt mir, wie die Sache mit der Milch funktioniert, nämlich wie bei allen Säugetieren: Damit eine Kuh überhaupt Milch gibt, muss sie trächtig werden. Selbst ich als Biologe habe offenbar an das Märchen von der Milchkuh geglaubt, die einfach so immer gemolken werden kann. In der Regel wird ab einem Alter von etwa anderthalb Jahren mittels künstlicher Besamung für die Trächtigkeit gesorgt. Nach neun Monaten kalbt die Kuh und produziert Milch. Mit dieser ersten Laktationsphase beginnt die Nutzungsdauer. Das neugeborene Kälbchen wird zumeist gleich von der Mutter getrennt. Ab diesem Zeitpunkt wird die Kuh gemolken, zehn Monate lang. Drei Monate nach der Geburt sollte sie dann auch möglichst wieder trächtig sein. Die letzten beiden Monate vor der Geburt des nächsten Kälbchens müssen sich Kuh und Euter erholen. Die Kuh wird in dieser »Trockenstehzeit« nicht mehr gemolken. Nach der Geburt steigert sich die Milchleistung der Mutterkuh innerhalb weniger Tage auf über 40 Liter am Tag. Diese Tagesleistung erreicht sie nur dank intensiver Zucht und mit energiereichem Kraftfutter. So hat sich seit 1950 die Milchleistung pro Laktation im Bundesdurchschnitt von 4000 Litern auf 8000 Liter verdoppelt. Sogar Herdendurchschnittsleistungen von über 10000 Litern und
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