Kein Fleisch macht gluecklich
wird bei der Zuchtlachsproduktion ein Wachstum um fast 15 Prozent auf 1,8 Millionen Tonnen erwartet. Man ist geneigt, zu glauben, dass dank des Zuchtlachses der Druck auf die Wildbestände abnimmt. Dem ist leider nicht so, weil der Zuchtlachs zugleich die Nachfrage nach Wildlachs befördert, obschon Wildlachs ungleich teurer und frisch oder geräuchert nur saisonal verfügbar ist. Der Atlantik-Wildlachs gilt als bedroht. Von ihm dürfen nur noch 5000 Tonnen im Jahr gefangen werden. Beim Pazifik-Wildlachs sind es 800000 Tonnen. Doch auch bei ihm sind an vielen Orten die Bestände stark zurückgegangen. In 40 Prozent der US-amerikanischen Flüsse ist er ausgestorben.
Produkte wie Fjordlachs, Graved Lachs oder Echter Wildwasserlachs sind werbewirksame Namen für Zuchtlachs. Je effizienter die Lachszucht wird, desto billiger wird Zuchtlachs auf den Weltmarkt geschmissen. Um die Einbußen beim Preis auszugleichen, muss noch mehr produziert werden. Und das geht so: Zuchtlachse hält man üblicherweise in schwimmenden ringförmigen Netzen an Meeresküsten, wo die Tiere ständig mit kaltem frischem Wasser versorgt sind. Wenn die wirklich geeigneten Plätze rar werden, weicht man auf Plätze aus, an denen das Wasser weniger gut zirkuliert oder Wanderwege von Wildlachsen in der Nähe sind. Wie in der Massentierhaltung an Land verenden in den Anlagen mit bis zu 100000 oder mehr Tieren aufgrund der Enge ebenfalls Tausende durch Krankheiten oder gar Sauerstoffmangel. Die Probleme, die in jeder industriellen Tierzucht auftreten, tauchen bei vielen Fischzuchten in direktem Kontakt zur natürlichen Umgebung auf. Futterreste, Chemikalien, Antibiotika und Unmengen Kot aus den Gehegen verschlechtern die Wasserqualität. Krankheiten oder Parasiten wie Fischläuse können auf wildlebende Lachse übertragen werden. Da Zuchtlachse zudem zu Millionen aus den Gehegen in die Freiheit entwischen, könnten sie wilde Lachspopulationen verdrängen. Na, dann gibt es halt wilden Zuchtlachs, könnte man meinen. Tatsächlich stockt man sogar Wildbestände aktiv mit Zuchtlachsen auf, mit unklaren Folgen für die genetische Entwicklung der Lachspopulationen. Jeder dritte in Alaska gefangene »Wildlachs« stammt bereits aus Züchtungen. Die genetisch an Zuchtwünsche optimierten Tiere besitzen gegenüber den Wildlachsen möglicherweise Vorteile wie ein schnelleres Wachstum. Mittelfristig könnten sie sich jedoch als ungeeignet für ein Leben in Freiheit erweisen und sich weniger erfolgreich fortpflanzen, weil sie beispielsweise schlechter mit starken Strömungen zurechtkommen oder keine extremen Temperaturschwankungen ertragen.
Futter bei die Fische
Die Aquakultur der Lachse, dieser eigentlich zwischen Meer und Flüssen wandernden Raubfische, ist in hohem Maße von Fischmehl abhängig, das vor allem aus »Futterfischen« wie Sardinen oder Anchovis sowie aus kleinen Krebsen und Tintenfischen gemahlen wird. Auch der für die Nahrungskette so wichtige Krillkrebs gehört dazu. Für 1 Kilo Lachsfleisch benötigt man ein Mehrfaches an Futterfisch. Ein auf effiziente Futterverwertung gezüchteter Lachs braucht etwa 3 Kilo Wildfisch, ist der Lachs nicht optimiert, ist es gar das Doppelte. Thunfische benötigen für 1 Kilo Fleisch in der Mast sogar bis zu 20 Kilo Futterfisch.
Nur zu einem geringen Teil (knapp ein Viertel) stammt das Fischmehl aus den Abfällen der Fischerei, überwiegend fängt man dafür Wildfische. Die deutsche und dänische sogenannte Gammelfischerei ist bei der Fischmehlproduktion mit Sandaalen (mit zwei a!), Sprotten, Heringen oder Jungfischen dabei. Der unappetitliche Name Gammelfischerei rührt von der Praxis her, die Fische ungekühlt an Land zu bringen, bevor sie dann zu Tierfutter weiterverarbeitet werden. Vor allem die peruanische und chilenische Anchovis- bzw. Sardellenfischerei liefert schier unglaubliche Mengen des Fischfutters. Allein von dieser Fischart landen 30 Millionen Tonnen, ein Drittel des offiziell gefangenen Wildfisches, in den Mägen von Lachsen, Forellen, Shrimps und anderen Zuchtfischen und Meerestieren. Sogar Landnutztiere fressen bisweilen davon. Und ich verkneife mir meine einst heiß geliebte Sardellenpaste (60 Gramm!) … Die an unsere Zuchtfische verfütterten Fische stehen der lokalen Bevölkerung entsprechend nicht mehr zur Verfügung. Außerdem leben viele Meeresvögel genau von jenen »Futterfischen«, die für die Verarbeitung zu Fischmehl und Fischöl gefangen werden, und Meeressäuger wie Robben,
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