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Kein Freibier für Matzbach

Kein Freibier für Matzbach

Titel: Kein Freibier für Matzbach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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erschien Don Red Horse in der Tür zur umlaufenden Galerie. Der Cheyenne hatte seine hageren zwei Meter in ein echt bayerisches Sechswochenklo gehüllt, krachledern bis unter die Knie, trug darüber ein mattweißes Hemd ohne Kragen, aber mit Rüschen – lose; Matzbach fragte sich, ob die Hosenträger auf der bloßen Haut angenehm waren –, und das schulterlange blauschwarze Haar war zu einem Pferdeschwanz gebunden, geziert von einer Sperberfeder.
    »Wen stört die holde Kunst?« Dons Stimme klang tief betroffen.
    »Kunst?« sagte Matzbach. »Au. Was im Namen aller johlenden Pfeffersäckchen in der Hölle ist dieses?«
    »
Tristan und Isolde
rückwärts.« Der Cheyenne blinzelte. »Magst du Wagner nicht, Big Chief?«
    »Auch nicht vorwärts. Irgendwas Wichtiges? Reservierungen?«
    Red Horse wies mit dem Kinn auf den Anrufbeantworter. »Hat Meister Yü abgehört. Dumme Rothaut nix wissen.«
    Baltasar blätterte in der Lederkladde und stöhnte; eine der sieben Reservierungen lautete »Erler plus drei«. Er legte die Kladde weg. »Wem ist das mit dem Video eingefallen?«
    Red Horse neigte das Haupt. »Ich hörte, es hat eine Entleibung stattgefunden. Da dachte ich, vielleicht habt ihr gestern, und tatsächlich, ihr habt.«
    »Verschärftes Lob.« Matzbach rümpfte die Nase. »Wieso sind wir nicht selbst drauf gekommen? Natürlich haben wir. Dafür, daß du gestern frei hattest, denkst du erstaunlich behördenfreundlich. Hast du eigentlich ein Alibi?«
    Red Horse spitzte den Mund. »Gestern abend?« Der Cheyenne tat, als müsse er furchtbar überlegen. »Also, zuerst hab ich geschlafen, um des Jägers Kraft zu mehren, oder wie sagt man? Danach habe ich über den Sinn des Lebens nachgedacht. Die Ziele, weißt du?«
    »Ja ja. Was, wenn ich fragen darf, sind deine Ziele?«
    Red Horse verzog das Gesicht. »Geld«, flüsterte er laut. »Viel Geld, Chief, und damit heimkehren und bis zum Einzug in die Ewigen Jagdgründe nicht mehr arbeiten. Okay? Und du, was ist dein Ziel im Leben?«
    Matzbach sah sich um und deutete dann auf ein Bord hinterm Tresen. »Ich möchte einen Clipper haben, fein ziseliert, in einer Flasche – ein Buddelschiff, klar? Und in der Flasche, an Bord des Clippers, möchte ich Flaschenteufelchen sein. Also, was hast du über deinen Abend sonst noch zu sagen?«
    »Nach den Gedanken über den Sinn hab ich Tomahawk und Bowiemesser eingesteckt und bin auf den Kriegspfad gegangen. Er war gut beschildert. Kurz nach Mitternacht hab ich Albo getroffen, mit dem Beil geköpft, mit dem Messer aufgebrochen, auf meinen Pickup gepackt und da vorn deponiert. Zufrieden?«
    Baltasar schüttelte den Kopf. »Nee. Du hast kein Motiv.«
    Red Horse zuckte mit den Schultern. »Weiß man’s? Außerdem gibt’s Dinge, die tut man einfach so, aus Spaß an der Freude, auch ohne Motiv.«
    Gegen acht hatte sich der Schankraum halb gefüllt. Zaches, souverän auf Stelzen, servierte zwei Damen Prosecco auf einem Silbertablett; beide waren kaum älter als dreißig, bewunderten den perfekten Stelzengang und die behaarte Brust des Kleinen und lauschten offenbar mit Lust seiner tiefen Stimme, die Speisen mit besonderen Wirkungen anpries und nach dem Dessert einen Besichtigungsgang verhieß.
    Ein von Yü telefonisch herbeigebetener Bekannter erschien mit einer Plastiktüte. Matzbach schirmte hinter dem Tresen Yü gegen Beobachtungen ab, während der Chinese, der den Bekannten mit einem Hunderter und Schwarzbier entlohnt hatte, eine der 300-min.-Kassetten auspackte und ins Gerät schob.
    Um halb neun traf Rüdiger Erler ein, samt drei Freunden oder Partnern oder jedenfalls Gästen der Kategorie Mitesser. Yü war ganz dringend mit dem Tresen und der Kombüse und anderen wichtigen Dingen beschäftigt, so daß Matzbach die
honneurs
schulterte. Er geleitete Erler & Co. zu einem Tisch mit Siebengebirgsblick, entstaubte den ohnehin überreinen Tisch mit einem riesigen, echt synthetischen Palmwedel, rückte Stühle zurecht und verteilte Speisekarten.
    »Darf ich Sie mit einem Aperitif vergiften?«
    Die drei Gäste – Herren in hellen Sommeranzügen – wollten Kir Royal; Erler, als Autokrat und Chef der Runde souverän im Polohemd mit Alligator, war über derlei Trunk ebenso erhaben wie über ein Jackett.
    »Gin-Tonic für mich. Und sobald wir den Rest bestellt haben, bitte ein paar Minuten unter vier Augen.«
    »Sehr wohl, Sir.« Matzbach ging zum Tresen, tippte Tischnummer und die Getränke in den KK (»Kaschemmen-Komputer«), arrangierte die

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