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Kein Freibier für Matzbach

Kein Freibier für Matzbach

Titel: Kein Freibier für Matzbach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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beiden Damen waren verschwunden.
    Am Tisch füllte er die leeren Glasfiguren mit Sliwowitz. Wingolf gewann beim Münzwurf und erhielt die transparenten, Matzbach die rotgetönten Kämpen. Irgendwie stach ihn der bosnische Hafer; er beschloß, eine unorthodoxe Taktik zu verfolgen. Ziel der Gesamtstrategie war nicht der gegnerische König, sondern der Gegner selbst.
    Kurz vor elf tauchte ein müder, unentwegt gähnender Freiberg auf. Matzbach warf Wingolf einen weiteren Bauern zum Fraß vor, sah noch, wie der Kontrahent die geschlagene Figur korrekt leertrank, entschuldigte sich und ging mit Freiberg auf die Backbordgalerie.
    Sie schwiegen einander an und starrten auf den Rhein, bis Lucy ein Halbliterglas Campari mit Orangensaft und viel Eis brachte, um den Kriminalisten aufzumuntern.
    »Na, habt ihr was rausgekriegt?« sagte Matzbach.
    Freiberg lehnte an der Reling, den Rücken zum Fluß. »Davon reden wir später.« Er nahm einen langen, tiefen Schluck, seufzte, rülpste unterdrückt. »Ah, gut. Reden wir erst mal von Rapunzel Schmidt. Hast du eine Ahnung, wo sie steckt?«
    Matzbach kalkulierte die Optionen durch. »Du bist ja der Sonderfall, den es eigentlich gar nicht geben darf, nämlich ein vernünftiger Beamter«, sagte er dann halblaut. »Ich weiß, wo sie steckt, und ich habe ihr geraten, erst mal untergetaucht zu bleiben. Wenn du ganz heilige Meineide schwörst, geb ich dir die Nummer.«
    Freiberg blickte ihn an, offenbar verblüfft. »Scheiße«, sagte er. »Und ich hatte mir schon alle möglichen Drohungen überlegt, um was aus dir rauszukriegen.«
    Matzbach kicherte. »Krieg ich was dafür?«
    »Moment. Also, ich verspreche, die Nummer nicht weiterzugeben. Ich müßte nur dies und jenes fragen.«
    »Tu mir zwei Gefallen, Freibier. Rapunzel hat noch ein paar Monate, dreieinhalb vielleicht. Krebs. Wenn’s nicht sein muß, ignorier den Dienstweg und laß sie in Ruhe, ja?«
    »Und der zweite Gefallen?«
    »Hör auf zu gähnen und komm in den nächsten Tagen mit deiner horizontalen Hilfskraft zum Essen an Bord.«
    »Ha. Bestechung.« Freiberg blinzelte; es schien aber nur der Versuch zu sein, Müdigkeitsschlieren aus den Augen zu verjagen, keine Form der Kommunikation.
    ».Seid ihr denn nun weitergekommen oder nicht?«
    Freiberg nickte matt. »Ein bißchen, aber das bringt alles nichts. Alberich Schmidt ist wahrscheinlich zwischen Mitternacht und zwei Uhr ermordet worden. Vermutlich hat man ihm vorher dies und jenes angetan – vor dem endgültigen Schnitt, mein ich. Es sieht so aus, als ob er an Händen und Füßen gefesselt worden ist. Zwei Dinge könnten interessant sein. Die Trennung von Kopf und Körper ist wahrscheinlich mit einer ungewöhnlichen Waffe vorgenommen worden, und zwar mit einer Art Samuraischwert. In seiner Wohnung hängt eine ganze Wand voller Waffen; ein Gerät, das ziemlich in der Mitte gehangen hat, fehlt, und nach den Umrissen auf der verblaßten Tapete könnte das so etwas gewesen sein. Die Wohnung ist nicht aufgebrochen, geplündert oder sonst was, da gibt’s auch keine Blutspuren, und die Leute im Haus haben nichts Ungewöhnliches gehört.«
    Matzbach rieb sich die Nase. »Als er bei uns war, hatte er keine exotischen Gegenstände dabei.«
    »Alles reine Spekulation natürlich, aber es sieht so aus, als ob er von hier nach Hause gegangen wäre, das Schwert rausgeholt hätte, und dann? Oder er hat unterwegs Bekannte getroffen und ihnen die Waffe gezeigt – und dann?«
    Matzbach hob die Schultern. »Müßig, glaub ich. Da können wir uns jetzt tausend Varianten ausdenken. Mit dem eigenen Säbel, aber nicht in der eigenen Wohnung? Nett.«
    »Und jetzt wüßte ich gern, ob seine Schwester oder sonst wer bestätigen kann, daß er so ein Ding besessen hat. Peitschen gibt’s da übrigens auch und Geißeln und Leder jede Menge. War nicht nur schwul, sondern auch sadomaso, dein Albo.«
    »Nicht
meiner
, da seien die Götter vor. S-M, was? Und Waffenfreak? Komisch. Hätt ich nicht gedacht.«
    Freiberg ließ die abnehmende Flüssigkeit in seinem Glas kreisen und schwappen. »Warum versteckt sich die Schwester eigentlich?«
    Matzbach lachte. »Moment. Du hast von
zwei
interessanten Dingen gesprochen. Eins ist das Schwert; was ist zwei?«
    »Alberich – blödsinniger Name – hatte Aids.«
    Sie schwiegen einen Moment; schließlich seufzte Matzbach. »Das macht die Sache noch wundersamer, nicht wahr? Rache für Ansteckung – Auftragsselbstmord – alles, was das Herz begehrt.«
    »Oder nicht

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