Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kein Freibier für Matzbach

Kein Freibier für Matzbach

Titel: Kein Freibier für Matzbach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
Vom Netzwerk:
Drinks auf einem Tablett und nickte der Kellnerin zu. Lucy trug an diesem Abend einen kurzen weißen Hosenanzug mit Hüftschärpe, orange, dazu blauschwarzen Lippenstift und ein schräges Lächeln.
    Matzbach wechselte drei Worte mit Yü.
    »Privataudienz.«
    »Höhe?«
    »Unbekannt.«
    Der Chinese hob die linke Braue.
    Mit leiser Befriedigung sah Matzbach, daß der Service effektiv und unaufdringlich war, wie es sich gehörte. Lucy verteilte die Drinks, sagte etwas, was die Herren mit mildem Gelächter aufnahmen, begab sich dann an einen anderen Tisch, um abzuräumen. Red Horse, majestätisch wie ein zum Butler beförderter Totempfahl, notierte die weiteren Wünsche der Herren. Erler nickte seinen Gästen zu, erhob sich und kam zum Tresen.
    »Hier oder im Büro?« sagte er.
    Matzbach seufzte. »Kommen Sie.«
    Sie gingen über die Backbordgalerie in den VIP-Teil; neben dem Gipsfigurentisch schloß Matzbach eine kaum sichtbare Metalltür auf, ließ Erler vorangehen und zog die Tür zu.
    An der ufernahen Steuerbordseite (die
Spelunke
lag mit dem Bug flußaufwärts) gab es eine weitere Tür, von innen mit Metallriegeln versperrt, und zwei hoch angebrachte Bullaugen. Die Einrichtung des Raums bestand aus einem Metallschreibtisch mit Schubladen, einem kleinen Safe, einem Sessel hinter und zwei Plüschgeräten vor dem Schreibtisch. An den Wänden hingen in Passepartouts Seestücke von Hokusai.
    Erler ließ sich in einen der Plüschsessel fallen; Matzbach ging um den Schreibtisch herum, setzte sich, holte aus einer Schublade ein Kistchen Partagás und einen Aschenbecher, aus einer anderen zwei Henkeltöpfchen aus Zinn und eine Flasche Glendronach. Er füllte die Schnapsbecher, schob Erler einen hin und verstöpselte die Flasche wieder.
    »Was liegt an, Monsieur?«
    Erler war ein großer, fleischiger Mann mit den Muskeln des Tennisspielers und Schwimmers. Das kurze silbergraue Haar und die eisgrauen Augen schienen speziell für sein kantiges Gesicht entworfen und kombiniert. Er starrte einen Moment mit gerunzelter Stirn in den Zinnbecher, schien die schwarzen Haare auf seinen Fingern zu zählen, blickte dann auf und bohrte den Blick in Matzbachs Augen.
    »Haben Sie über mein Angebot nachgedacht?«
    Matzbach kaute auf dem unangezündeten Zigarillo. »Nein«, sagte er. »Erstens sowieso, und zweitens nicht ausreichend. Deshalb war bisher Grübeln gar nicht nötig.«
    Erler schloß die Augen; sofort schien die Temperatur im Raum zu steigen. Matzbach betrachtete das harte Gesicht und fragte sich, ob auf der Innenseite der Lider nun wie auf einem Bildschirm Zahlenkolonnen leuchteten.
    Rüdiger Erler, 49, besaß ein Bauunternehmen, war aber insgesamt eher Beteiligungsprofi denn Unternehmer. Ihm gehörten Anteile, meistens die Mehrheit, an mehreren Baumärkten, einer Ladenkette für Computer und Zubehör, einigen Restaurants, einem Heizölvertrieb und einer ABC genannten Architektur-Beratungs-Cooperative: Planung, Entwurf und schlüsselfertige Ausführung individueller Wünsche, wobei angeblich unvereinbare Fertighausteile verschiedener Hersteller kombiniert wurden.
    »Sie wollen das hier doch gar nicht. Matzbach.« Erler öffnete die Augen; die Temperatur sank. »Sie machen das doch nur zum Zeitvertreib.«
    »Was heißt ›nur‹? Yü und ich brauchen etwas zu tun; wir würden uns sonst mopsen.« Matzbach zündete die Partagás endlich an und blies eine Rauchwolke an die Decke. »Wir haben einiges investiert, bieten erstklassigen Service durch erstklassiges Personal, es macht uns Spaß, und wir brauchen uns nicht zu langweilen. Warum sollten wir also neunundvierzig Prozent abgeben?«
    »Ja, schön, aber was Ihre Langeweile angeht, da gibt’s andere Möglichkeiten der Zerstreuung. Sie sind ja kein lizensierter Privatdetektiv, aber Sie haben doch immer mal so etwas Ähnliches gespielt. Wenn’s ausreichend interessant war. Und lukrativ, ja?«
    Matzbach wartete ab.
    »Ich kenne eine ganze Reihe Leute, die hin und wieder jemanden wie Sie gut brauchen und gut bezahlen würden. Kann sein, daß in den nächsten Tagen ein paar prospektive Klienten hier auftauchen.«
    Matzbach nahm den Zigarillo aus dem Mund, damit er besser grinsen konnte. »Entzückend. Ihre Fürsorglichkeit übertrifft das, was man gemeinhin von einer Stiefmutter erwartet. Und zwar um Längen, Breiten, Höhen und Tiefen. Was versprechen Sie sich denn davon?«
    Erler trank, schmatzte, stellte den Zinnbecher auf die Schreibtischkante und legte die Füße auf den anderen

Weitere Kostenlose Bücher