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Kein Freibier für Matzbach

Kein Freibier für Matzbach

Titel: Kein Freibier für Matzbach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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zurückziehen?« Matzbach hob die Brauen. »Zum Beispiel aufs Vorderdeck, mit einem Gläschen Crémant de Bourgogne?«
    »Soll ich mich wehren?«
    Ganz vorn am Bug, wo ein Geländer die solide Bordwand ersetzte, stellte Matzbach den Eiskübel ab, drückte der Schnitzerin die Gläser in die Hand und holte zwei Klappstühle (Metall und Holz, kein Plastik) und einen kleinen Tisch herbei.
    »Vorgestern abend«, sagte er, während er den Crémant geräuschlos öffnete und eingoß, »hat der Zwerg hier zwei zu Tränen gerührte Damen betanzt etcetera. Wie stehen die Dinge in Brenig?«
    Päffgen ließ sich mit dem Rücken zum Ufer nieder und nahm das Glas an. »Danke. Ach, die Dinge stehen bestens, könnte man sagen. Sehr variabel, Zaches, von wegen hier zwei Damen zu Tränen rühren. Rapunzel giggelt pausenlos.«
    Matzbach hob sein Glas. »Na fein. Möge sie jede Menge Gründe dafür haben. Prost.«
    Hermine Päffgen trank, behielt das Glas in der Hand und sah ihm direkt in die Augen. »Ich habe die Absicht, Sie sexuell zu belästigen.«
    Matzbach verschluckte sich und hustete. »Madame«, sagte er dann, mit einer halben Verneigung im Sitzen, »das wird Ihnen nicht gelingen, weil ich es nicht als Belästigung empfände.«
    Sie schloß einen Moment die Lider; er betrachtete die langen Wimpern, die beinahe römische Nase und den vollen Mund; und staunte.
    »Wissen Sie«, sagte sie, »warum Männer genau zwei Hirnzellen mehr haben als Hähnchen? Weil sie sonst auf den Hof kacken würden. Die meisten, jedenfalls.« Sie blickte ihn wieder an, mit einem leichten Kräusellächeln. »Und die drei oder vier brauchbaren Exemplare, die mit Messer, Gabel und Gemüt umgehen können, lassen sich so selten blicken.«
    »Hatten Sie heute eine Verabredung mit Monsieur Nummer zwei?«
    Sie stellte das Glas ab. »Scheiße, ja; sehr scharfsinnig.« Sie schüttelte den Kopf. »Fühlen Sie sich jetzt mißbraucht, therapiemäßig?«
    Er hob die Schultern. »Es gibt unangenehme Formen des Mißbrauchtwerdens; angenehme; und überaus ersprießliche. Hier handelt es sich, finde ich, um letztere Sorte. Wollen wir nicht das Siezen lassen und zum intimeren ›Ihr‹ übergehen?«
    Sie lachte und langte wieder nach dem Glas. »Ihr seid unmöglich, Herr.«
    »Mit wachsendem Vergnügen. Übrigens, nur um kein Mißverständnis zu vermeiden: Als emanzipierter Chauvi finde ich keinerlei Fehl an Eurem Vorgehen.«
    Sie starrte auf den Fluß hinaus, oder in die bleierne Unendlichkeit. »Nach diesem widerlichen Treffen mit dem Herrn Staatsanwalt, den ich gern wieder siezen würde, hab ich mich gefragt, wo die Zeit geblieben ist, die ich mit ihm vergeudet habe. Das Leben ist zu kurz, und von dem, was mir mit meinen fünfundvierzig noch bleibt, will ich nicht noch mehr sinnlos vergeuden.«
    »Schnaps, Schach und Schmusen?« sagte Matzbach sanft. »Nicht zu vergessen Schnitzen?«
    Sie lächelte. »Und Schwitzen, bei diesem Wetter.«
    Matzbach nahm das Glas in die linke Hand und legte die rechte auf den Tisch, die Handfläche nach oben. »Klingt wie ein gutes Programm«, sagte er.
    Sie legte ihre linke Hand auf seine Handfläche; es war eine kühle, behutsame Berührung. »Im Schach bin ich nicht sehr gut, aber das übrige sollte man mal ausprobieren.«
    Der komplizierte Teil des Abends begann kurz vor Mitternacht. Hermine wollte ihren antiken Benz nicht am Rheinufer stehenlassen; Matzbach versicherte ihr, sie werde in der Nordstadt vermutlich nur einen Anwohnerparkplatz finden. Nach kurzer Debatte fuhr sie hinter seinem Rover her in die Kölnstraße. Vor dem Parkhaus ließ er seinen Wagen stehen und stieg bei ihr ein.
    »Hinauf«, sagte er. »Ich regle das morgen mit dem Garagisten. Reicht mir das Ticket, Madame.«
    Auf der langsamen Wendelfahrt zu jenem Deck, auf dem die besudelte DS stand, sagte er plötzlich halblaut: »Tina, wat kosten die Kondome?«
    Hermine lachte. »Einer der wenigen Lichtblicke im Fernsehen. Was mich angeht, versichere ich Euch, Herr, daß ich frei bin von Viren und Kokken.«
    Sie ließen den Benz neben der DS. »Die beiden sehen nett aus, nebeneinander«, sagte Matzbach. Er nahm Hermines Hand. »Sie mögen die Nacht über schmusen. Begleitet Ihr mich durch die finsteren Abstiege? Da auch mich keine Parasiten behaften, wären wir da aber ganz allein.«
    »Reizende Aussicht.«
    »Und was andere Gefahren betrifft«, sagte er, als sie im stinkenden Treppenschacht waren, »so will ich Euch gern meine Vasektomienarben zeigen.«
    Sie kicherte.

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