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Kein Freibier für Matzbach

Kein Freibier für Matzbach

Titel: Kein Freibier für Matzbach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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»Bei Lichtenberg heißt es irgendwo: ›Ohne mündliche Inspektion kann man sich hiervon kein Bild machen.‹ Oder so ähnlich.«
    Mit dem Rover fuhren sie ins Kneipenviertel. Hermine hatte die linke Hand auf Matzbachs rechten Oberschenkel gelegt und nahm sie erst recht nicht weg, als er sich über Schrittverhärtung beklagte.
    »Ihr sollt ja auch nicht schreiten, sondern fahren. Wann etwa wuscht Ihr Euch zuletzt an diesem heißen Tag?«
    »Gegen Mittag.«
    »Ich auch.«
    »Vielleicht sollte man duschen.«
    »Sollte man vielleicht. Andererseits« – sie schnalzte leise, als ob ihr etwas lange Vergessenes einfiele – »ist ein bißchen natürlicher
haut goût
gelegentlich anregend. Wißt Ihr, was Napoleon per Kurier an Joséphine meldete?«
    Matzbach grinste. »Von wegen mündlicher Inspektion? ›Ne lavez plus, Madame, j’arrive.‹ Meint Ihr das?«
    »Hätt ich mir ja denken können. Der Besitzer eines zweifelhaften Gourmetrestaurants weiß so was natürlich.«
    »Wieso zweifelhaft? Ihr habt doch nichts gegessen.«
    »Eben.«
    »Ach so.«
    Vor der besudelten Wohnungstür blieb sie einen Moment stehen. »Irgendwer scheint Euch zu lieben, Herr.«
    »Das wollen wir doch testen, Madame.«
    Vierundzwanzig Minuten später sagte Matzbach: »Übrigens hatte Napoleon vor Waterloo bemerkenswert oft recht.« Dann fuhr er theatralisch auf, als an seinem Ohr wildes Grollen erscholl. »Mon dieu, Ihr werdet mir doch nicht Hungers sterben?«
    »Fast.« Hermine biß sanft in seinen Oberschenkel. »Ich weiß nicht, wieviel Kalorien so ein kleiner Mundvoll hat, aber ... Wie wär’s denn eigentlich mit einem gleitenden Übergang zum Du?«
    »Du«, sagte Matzbach; er rutschte vom Bett. »Du, eh, also, ich find, wir müssen uns da voll einbringen, du. Über das Gleiten reden wir später; soll ich mal sehen, was ich noch für deinen Gaumen habe?«
    »Hm.«
    Er wanderte in die Küche, inspizierte die Vorräte, pfiff mißtönend und ging zurück zum Schlafzimmer. »Gebackene Bohnen, Spiegeleier, Brot?«
    »Und ein bißchen Rotwein dazu?«
    »Und ein bißchen Rotwein dazu. Sehr wohl, Madame. Wünscht Ihr im Bett zu speisen, oder willst du dich an den Tisch setzen?«
    »Da wir inzwischen beim Du sind: Tisch.«
    Nach dem Essen, mit dem ersten Schwall Zigarrenrauch, sagte Matzbach: »Wer ist eigentlich Päffgen? Nur so, reine Neugier.«
    »Päffgen bin ich. Ah, du meinst, wegen der beiden legitimen Messieurs? Ich hatte schon nen Namen als Schnitzerin, den hab ich dann weiterverwendet. Geht eigentlich nicht, oder mit dem neuen Namensrecht demnächst wohl, aber als Künstlerpseudonym konnte ich das ja sogar legal eintragen lassen.«
    »Abermals reine Neugier, und du mußt überhaupt nicht antworten: Was gibt’s denn da noch für Probleme mit Nummer zwei, dem Juristen, der die große Elektrobahn nicht mit Goldfischen bestückt hat?«
    Sie seufzte. »Geld; was sonst? Wir hatten von vornherein Gütertrennung vereinbart, getrennte Kasse bei größeren Dingen, all das. Dann wollte er, eben für seine Scheißbahn, den zweiten Stall umbauen, anders umbauen, hatte aber gerade nicht genug flüssig. Das hab ich bezahlt, damals sogar mit Vergnügen, und das schuldet er mir noch, und vorher kriegt er keine gütliche Scheidung.«
    »Wieviel macht’s denn?«
    »Knappe sechzigtausend. Ach, laß uns damit aufhören. Ich weiß was Besseres.«
    Matzbach legte die Zigarre weg, stand auf und streckte die Hand aus. »So etwa?«
    »Zum Beispiel. Und diesmal schön langsam und gründlich.«
    Es wurde schon hell, als sie erschöpft einschliefen. Sehr kurze Zeit später, um halb sieben, klingelte das Telefon. Murrend robbte Matzbach zum Nachttisch, nahm ab und knurrte: »Nur unter Protest. Was ist los?«
    Er lauschte; dann sagte er, hellwach: »Sofort.« Er legte den Hörer zurück, begegnete Hermines Blick, seufzte und sagte: »O heilige Zwirbelkacke.«
    *
Vgl. Matzbachs Nabel

9. Kapitel
    Was man nackt nicht schafft, schafft einen angezogen.
    F ELIX Y Ü
    Yü war noch immer wütend; Daniela rieb sich die wunden Stellen an den Gelenken, nahm ansonsten jedoch alles eher fatalistisch.
    »So was passiert halt. Hätt schlimmer werden können.«
    »Ja ja ja.« Yü verdrehte die Augen. »Aber ich hätte wach werden müssen – früher.«
    Gegen drei Uhr hatten mehrere Maskierte zunächst wohl geräuschlos die zweiflüglige Schiebetür zwischen Anleger und
Spelunke
aufgebrochen und sofort danach die Tür zu Yüs Schlafgemach gesprengt. Ein Maskierter hielt Dany und Yü

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