Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kein Freibier für Matzbach

Kein Freibier für Matzbach

Titel: Kein Freibier für Matzbach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
Vom Netzwerk:
Hause. Matzbach bat ihn, sich hektischen Hackens zu befleißigen, und legte zwei Tausender als Anzahlung auf die PC-Konsole. Danach wanderte er in großen Mäandern Richtung
Spelunke
, wobei er jedes einzelne bereits geöffnete Lokal aufsuchte und überall unter Kumpels (Kneipiers kennen einander) Fragen stellte. Einige ließen sich nicht sofort beantworten; hier mußte er auf den tuschelnden Geheimdienst der Zunft vertrauen. Immerhin wußte er, als er kurz nach fünf die
Spelunke
erreichte, daß kein anderes Lokal zur Zeit Ziel besonderer Aktivitäten von Schutzgeldmafiosi oder Rattenfreaks war. Es gab ihm zu denken.

8. Kapitel
    Sag mir, mit wem du schläfst, und ich weiß nicht mehr, wer du bist.
    B ALTASAR M ATZBACH
    Ungewöhnlich ruhig heute.« Yü warf einen Blick auf seine Armbanduhr. Halb sechs nachmittags; alles war für den Abend vorbereitet. Das Hauptmenü zu 75,- DM sollte vor allem aus Kokos, Hirse und Lamm bestehen: Kokossplitter in Schwarzbier mit Mangogelee; Couscous mit Lamm
kif-kif
(Bällchen aus Lammfleisch, Koriander und geriebenen Pecan-Nüssen); Assagai Tshato (entbeinte Lammkoteletts am Spießchen) auf Kokosrösti; Banana Split. Tshato rauchte eine Zigarette und trank Tonic; Matzbach und Yü hatten sich auf Jasmintee aus Emaillebechern geeinigt. Daniela Dingeldein trank Kaffee.
    »Äußerst ungewöhnlich«, wiederholte der Chinese, als keiner etwas sagte.
    »Was erwartest du?« Tshato legte den Kopf in den Nacken und blinzelte über die qualmende Zigarette im Mundwinkel hinweg. Es sah aus, als ob der Medizinerturban den Kopf des Aschanti rückwärts böge, um ihn abzubrechen.
    »Ich weiß nicht. Bis jetzt keine verfaulte Ratte, niemand hat auf die Kaitreppe geschissen, Lucy und Don sind, soweit wir wissen, nicht auf der Intensivstation, und in Sichtweite meiner schwachen Augen montiert niemand Granatwerfer gegen uns. Ungewöhnlich, nach den letzten Tagen.«
    Daniela gluckste. Sie fuhr sich durch das kurze, hellbraune Kraushaar; die grauen Augen blickten amüsiert. »Ich glaube, man muß besser auf euch aufpassen. Irgendwie scheint ihr allein nicht zurechtzukommen, oder?«
    »Womit wir wieder beim Thema wären.« Matzbach spielte mit seinem Wegwerffeuerzeug. »Dem Thema, um das wir gepflegt herumgeredet haben. Du hast also wirklich deine Witwenwinzerei drangegeben? Und die sozial relevante Schreiberei in der Gemeindestube?«
    »Beides, Dicker.« Sie hob die Hände und zählte an den kräftigen Winzerfingern auf. »Erstens hab ich den Weinberg verscherbelt. Zweitens hab ich die Stellung bei der Gemeinde gekündigt, nach Ablauf des Resturlaubs, den ich gerade nehme. Drittens hab ich zum ersten Elften die Wohnung verkauft. Viertens hab ich meine Erbteile in Sachen Pauly und Osiris * verflüssigt. Fehlt was? Ach ja, fünftens hab ich beschlossen, den Chinamann hier um langfristiges Asyl anzugehen. Sechstens, ihn und dich um einen Job mit oder ohne Beteiligung. Siebtens: Wenn er zu fünftens und ihr beide zu sechstens nein sagt, kauf ich mir ein Einwegticket nach Kapstadt oder Buenos Aires oder Wellington oder so. Alles klar?«
    Tshato nahm den Stummel aus dem Mund und brach in Gelächter aus. Yü starrte scheinbar unbewegt in seinen Becher. Matzbach ließ den Lederslipper vom linken Fuß gleiten, legte das sockenlose Objekt samt Unterschenkel (in weißen Chinos) auf den Tisch und wackelte mit den Zehen.
    »Aha«, sagte er. »Mehrfaches Aha meinerseits. O Pergola der Pietät, gnadenlos glückhafter älterer Herr Yü – mich dünkt, daß dies eine der seltenen Gelegenheiten ist, bei denen man den folgenden Satz von Meng-tse unter Umständen
nicht
zitieren sollte: ›Was der Mann sich in den Kopf setzt, den die Frau längst unterm Arm trägt, ist von prächtiger Nutzlosigkeit wie ein Jadefurz gegen den Drachenwind‹.«
    »Albo«, sagte Yü tonlos. »Rapunzel. Erler. Ein Samuraischwert. Verweste Ratten. Bemalte Autos. Bekotzte Treppen. Ein toter Philosophieprofessor. Ein erpreßter Abgeordneter. All dies« – er streckte den rechten Arm aus, die offene Handfläche nach oben – »und gar noch mehr tragen wir, dulden und schweigen. Zetern allenfalls ein bißchen. Und nun auch noch du, Nachtigall meiner Brunst, Flaumfeder des himmlischen Phönix, holde Bürde?«
    Matzbach räusperte sich; er grinste breit. »Wer solche Last mit List zu schultern weiß, für den ist die Lust nimmer
lost
, wie McLaotse trefflich bemerkte. Ich kann mich natürlich nicht in eure erotischen Verästelungen einfädeln, fern

Weitere Kostenlose Bücher