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Kein Freibier für Matzbach

Kein Freibier für Matzbach

Titel: Kein Freibier für Matzbach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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Telefonierung. Er störte zahlreiche alte Bekannte an ihren jeweiligen Arbeitsplätzen, bekam einige brauchbare Auskünfte und Namen, traf mehrere Verabredungen und brach schließlich zur ersten von diesen auf.
    Tobias Neumann war nach dem Telefonat losgezogen, um das Verlangte zu besorgen; als Matzbach die Kfz-Werkstatt erreichte, mußte er fast eine Viertelstunde warten, bis Neumann wieder zurückkam.
    »Da!« sagte er; mit dem Daumen deutete er auf die übervolle Rückbank des alten Peugeot. »Willst du’s gleich in deinen umpacken?«
    Matzbach nickte. »Reich es mir doch päckchenweise, mein Gutester, und dabei erzähl mir, um was es sich jeweils handelt.«
    »Kondolenzpost«, sagte Neumann beim ersten Packen. »Onkel Carlos Korrespondenz der letzten Monate, soweit auffindbar. Notizen. Eine Art Arbeitsprogramm für die kommenden Monate. Die Liste der im Todesfall zu benachrichtigenden Personen und Institute. Zettelkram. Gemischtes Durcheinander. Reicht?«
    Matzbach warf den Kofferraumdeckel des Rover zu. »Nun denn. Man wird sehen, ob was dabei rauskommt. Gibt’s Kaffee?«
    Neumann stöhnte übertrieben. »Eigentlich wollte ich arbeiten. Aber komm. Du siehst so frisch aus; was willst du mit Kaffee?«
    »Optische Täuschung, die Frische. Es ist nicht die wilde Frische von Limonen, aber der Spot war vor deiner Zeit, oder?«
    Neumann schnaubte und verschwand in seinem scheußlichen Büro, um die Kaffeemaschine anzuwerfen. Matzbach spazierte durch die Werkstatt, streichelte einen Jaguar, schmuste eine Weile mit dem alten Citroën D 11 (die Karre, fand er, sah so aus, als ob gleich Jean Gabin mit der Sore losfahren würde) und betrachtete den elegant arrangierten Haufen aus Schrott, rostigen Wagenteilen und abgefahrenen Reifen in der Ecke, der ihm ästhetisch befriedigend erschien.
    Bei Koffein und Nikotin redeten sie über mögliche Fährnisse, die Neumann mit Vergnügen einzugehen bereit war; dann erkundigte sich Baltasar nach dem Ausmaß des Smalltalks, den Kunden in der Werkstatt absonderten.
    »Unterschiedlich. Manche reden rein geschäftlich, andere hocken sich wie du hin, saufen meinen Kaffee und labern mir die Ohren voll, statt mich arbeiten zu lassen.«
    »Und Erler mit den MGs – redet der auch schon mal? Ah, und wo ist eigentlich der Bentley?«
    Neumann versicherte, daß Erler durchaus gelegentlich rede; Matzbach stellte einige präzise Fragen, und Neumann erinnerte sich an einen Namen und sogar eine ungefähre Adresse. Der Bentley, sagte er schließlich, sei am vergangenen Abend abgeholt worden. »Erler hat angerufen; klang mürrisch. Ich sollte alles ein paar Leuten aushändigen, die die Kutsche holen kommen würden. Kölner Halbwelt, wenn du mich fragst.«
    »Hat er denen den Bentley verkauft?«
    Neumann hob die Schultern. »Frag mich nicht. Klang eher so, als wär’s ihm nicht recht. Ich weiß, daß er das Ding geliebt hat. War sicher glatte fünfzigtausend wert.«
    Befriedigt wiewohl rätselnd stieg Matzbach in den Rover und fuhr in die City. Er begab sich zu seiner Bankfiliale, wo er das telefonisch vorbestellte Bargeldpäckchen abholte. Ein wenig zerstreut schlenderte er durch die Fußgängerzone und umliegende Areale. In einem Antiquariat in der Rathausgasse fand er zwei Erstausgaben eines Autors, den er überhaupt nicht schätzte, und erwarb sie um teures Geld. Zwei Ecken weiter sah er im Fenster eines Kram- und Antiquitätenladens eine staubige Flasche mit havariertem Segelschiff darin. Er runzelte die Stirn, starrte eine Weile durchs Glas auf das gläserne Objekt, kicherte plötzlich so schrill, daß drei Passanten zusammenzuckten und die Straßenseite wechselten, und ging in den Laden, um das Buddelschiff zu kaufen.
    Aus einer Telefonzelle mit intaktem Telefonbuch versuchte er, die tatsächlich aufgeführte Person, von der Neumann gesprochen hatte, zu erreichen, aber sie schien zur arbeitenden Bevölkerung zu gehören und war nicht zu Hause. Baltasar zog die Telefonkarte heraus, steckte sie ein, grunzte, schob sie wieder in den Apparat und wählte Erlers Büro.
    Der Unternehmer war vorhanden. »Ah, Sie. Was verschafft nur das Vergnügen?«
    Matzbach stieß einen leisen Seufzer aus. »Wir kapitulieren«, sagte er.
    Erler schwieg einen Moment. »Wie darf ich das verstehen?« sagte er dann; die Stimme klang sehr distanziert.
    »Es hat einige Behelligungen gegeben, die der
Spelunke
nicht gerade nützen. Ich weiß nicht, ob diese Behelligungen nachlassen, wenn Yü und ich von Bord gehen, aber das

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