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Kein Freibier für Matzbach

Kein Freibier für Matzbach

Titel: Kein Freibier für Matzbach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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darauf, das einzige dauerhaft ansehbare Produkt des Fernsehens zu betrachten, die
Sendung mit der Maus
. Als Hermine ihn deshalb zu foppen versuchte, murmelte er etwas von »... wenn ihr nicht werdet wie die Kindlein ...«
    Morungen funktionierte erstaunlich gut; am frühen Nachmittag gab er den Namen, die Adresse und die Telefonnummer eines inzwischen 75jährigen Kollegen durch, der vor einem Vierteljahrhundert über Rattenfänger und andere Lokalgrößen im Grenzland zwischen Detmold und Hameln berichtet hatte. »Jetzt sitzt er in Paderborn, mit Blick auf den Dom«, sagte Morungen, »und weigert sich, Drewermann ernstzunehmen. Scheint seine Hauptbeschäftigung zu sein.«
    »Kluger Mann. Danke, alter Freund. Gute Arbeit.«
    »Freund?« sagte Morungen; es klang, als zöge er die Oberlippe hoch. »Arbeit? Hä.« Damit hängte er ein.
    »Paderborn«, sagte Matzbach leise. »Oho.« Er starrte einen Moment das Telefon an, ging dann zurück auf die Veranda und hüstelte affektiert.
    »Der minderwertige westliche Barbar bittet um die unverdiente Gunst des goldenen Gehörs, alter Herr Yü.«
    »Geht’s los?« sagte der Chinese. »Oder handelt es sich um etwas, zu dem ich meinen Kaffeebecher mitnehmen kann?«
    »Gewißlich. Entschuldigt ihr uns bitte zwei Weilchen?«
    In Hermines Wohnraum standen derart viele dunkle Eichenmöbel, daß sie fast wie eine ins Kraut geschossene Täfelung wirkten. Matzbach und Yü, beide mit Kaffee, setzten sich an den großen schwarzen Tisch, der zur Beköstigung einer fünfzehnköpfigen Sippe ausgereicht hätte.
    »Wir müssen einen kleinen Wochenplan machen. Erst mal wir beide – später brauchen wir noch ein bißchen Zustimmung.«
    Yü grinste. »Ein zustimmungspflichtiger Wochenplan? Drei Durchschläge?«
    Baltasar langte nach der Zigarre, die er beim Telefonieren in den Aschenbecher gelegt hatte, zündete sie wieder an und starrte auf seine Notizen.
    »Heute abend bin ich bei Pierre mit der geschiedenen vierten Frau Erler verabredet«, sagte er. »Ich weiß nicht, was ich mir davon verspreche. Vielleicht Auskünfte über sein Denken.«
    »Man muß, sagt Konfuzius, die sexuellen Gewohnheiten des Feindes kennen, wenn man eklige Überraschungen nach der Niederlage vermeiden will.«
    »Wahr gesprochen. Nun dachte ich, wir könnten folgendermaßen verfahren. Wir nehmen den Rover, fahren nach Röttgen, ich steig aus und berede die Dame. Du, Blüte der Sumpfkräuter des Liang-Schan-Moors, übernimmst das Steuer und besuchst Don, um als guter Chef seine Wunden zu verbinden.«
    Yü hob die Brauen. »Ah. Und dann?«
    »Und dann tust du dich ein bißchen in den Lokalen um, die Albo möglicherweise frequentiert hat – Schwule, Vegetarier und andere komplizierte Zeitgenossen. Wirst dich ein bißchen rumfragen müssen, aber ...«
    Yü nickte und seufzte leise. »Klar. Warum ich?«
    »Wegen deiner Grazie, edler Felix.
Mir
nimmt man weder den Schwulen noch den Körnerfresser ab. Du dagegen, als Chinese, bist von vornherein so exotisch, daß jede andere verquere Eigenschaft nicht mehr auffällt.« Matzbach giggelte. »Wenn ich, sagen wir, mit einer Armbrust in eine Kneipe ginge, würde man mich rauswerfen oder die Polizei holen. Wenn du mit Armbrust oder Schwimmflossen in ein Lokal gehst, wird man lächeln und fragen: ›Sind Sie schon lange in Deutschland‹?«
    »Aha.«
    »So ist das eben. Wer als Ausländer einmal den Spott auf sich zieht, leidet keinen Schaden mehr.«
    Yü verzog das Gesicht; die Mundwinkel hingen knapp unter der Kinnlinie. »Baltasars zweites Theorem zur Xenophobie? Ich halte mich da lieber an Meng-tse.«
    »Du wirst es mir zweifellos nicht ersparen, mir mitzuteilen, was Meng-tse sagt, oder?«
    »Ganz richtig. ›Wer nicht selbst einmal ein fremder Teufel war, hat keine Ahnung von der Unheiligkeit der Einheimischen.‹ Und wenn ich mich durch die diversen Lokale geprügelt hab, soll ich dich vermutlich irgendwo treffen und berichten, ja?«
    »Hm. Wie heißt noch das Lokal in der Ermekeilstraße, wo es angenehm temperiertes Guinness gibt – Druck und laue Milde wie in Irland?«
    »Ich weiß nicht, aber ich weiß, welches du meinst. Gut. Mitternacht oder so. Und der weitere Wochenplan?«
    »Morgen fahr ich mit Rapunzel nach Luxemburg, Knete massieren. Abends bin ich wieder da.«
    »Morgen hat Lucy frei; deine Arbeitskraft könnte willkommen sein, anders als deine Visage.«
    »Eben. Dienstag werden dieser Autobastler, Sir Toby, und ich gen Paderborn reisen, woher wir, fürchte ich,

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