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Kein Freibier für Matzbach

Kein Freibier für Matzbach

Titel: Kein Freibier für Matzbach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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Matzbach ein Bauernfrühstück, Kaffee und Mineralwasser mit Eis. Kauend und schluckend ergänzte er seinen Bericht.
    »Huber ist ein alter Kommilitone. Nix Besonderes; von der Sorte stehen noch mehr auf der Liste. Merkwürdig; wenn ich den Löffel abgebe, will ich nicht, daß man einen von denen benachrichtigt. Aber egal; hat wohl was mit dem Job und der Lebensgestaltung zu tun. – Huber ist Heideggerspezialist; er lehrt in Paderborn und Bielefeld, als Pendler. Die Beziehungen zwischen ihm und Carlo scheinen eng und herzlos gewesen zu sein; denk an die Widmung. Huber schreibt also an dich als Haupt-Hinterbliebenen, und er sondert ein unglaubliches Geseires ab. Wenn man den Brief auswringt, kriegt man bestimmt einen Eimer voll Krokodilstränen. Wie sehr er den Toten geschätzt hat, und gute Zusammenarbeit über Jahrzehnte, und bei allen professionellen Meinungsverschiedenheiten herzlichstes Einvernehmen, und der ganze Stuß. Und wie leid es ihm tut, daß er nicht zur Beisetzung kommen kann, weil er nämlich mit ein paar angeknacksten Rippen im Krankenhaus liegt.«
    »Geschieht ihm recht; was hat er denn auch als Philosoph einen Körper!« sagte Neumann.
    »Nebbich. Es ist simples, billiges Trauerpapier, schwarzer Rand und alles, und die Postille steckte im zugehörigen Trauerumschlag. Der war aber nicht normal frankiert, sondern mit einem Freistempler behandelt – dem Freistempler des Krankenhauses in Hilden. Kein Problem, was die Nachrichtenübermittlung angeht; ich nehme an, er hat mit seiner Haushälterin telefoniert, die hat die Post aufgemacht – erbrochen, ja? – und ihm vorgelesen. Da hab ich dann auch ein bißchen telefoniert. Und festgestellt, daß Huber an dem Samstag, an dem dein edler Onkel verschied, abends einen Vortrag in Wesel zu halten hatte, bei einer Gesellschaft von Hobbyphilosophen.«
    »Wie kriegt man so was raus?«
    »Da gibt’s Zeitschriften, in denen philosophisch hochrelevante Termine bekanntgemacht werden, wie zum Beischlaf der Vortrag eines Profs Huber über Hopsen, Humbug, Heidegger. Und Leute, die derlei Gazetten lesen und sich so was merken. Unfaßbar, aber wahr. Und da frug ich mich, wie kömmt es denn wohl, ei, daß Prof Huber von Paderborn oder Bielefeld Richtung Wesel unterwegs, weit südlich seiner Route, nämlich in Hilden, im Krankenhaus liegt – zum Beispiel, als ob er über Bonn gefahren wäre. Und wie ich mich dieses frug, da fielen mir allerlei Dinge ein.«
    Neumann stöhnte.
    »Und zwar, daß er gut basteln konnte; hat sich damals einen Teil des Studiums damit finanziert, daß er nebenbei Radios repariert. Er würde also einen Störsender einbauen können.
Und
er hat riesengroße Füße. Ob er Dialekte nachmachen kann, weiß ich nicht, aber vielleicht hat er ja spaßeshalber einen aus Schwaben stammenden Studenten gebeten, längere Passagen aus
Sein und Zeit
laut zu verlesen.«
    »Aha. Ist aber alles nur geraten und wahrscheinlich und so, nichts Faßbares, oder?«
    Matzbach zuckte mit den Schultern. »Wen inseriert das? Uns etwa? Mitnichten. Dann hab ich noch einen mechanisch interessierten Kardiologen angerufen. Herzdokter, ja? Und gefragt, wie das mit Schrittmacher und Störsender ist.«
    Neumann leerte seinen Kaffee. »Und?«
    »Verschieden. Hängt vom Sender und vom Schrittmacher ab. Wahrscheinlich, sagt er, hat das Gerät relativ schnell angefangen, unregelmäßige Impulse zu geben. Höchstwahrscheinlich hat der Patient das festgestellt, ist in Panik geraten, was dem Herzen auch nicht guttut, und dann ex und hopp.«
    Neumann kaute auf der Unterlippe. »Ziemlich fieses Ende, oder? Vor allem, wenn man weiß, was läuft, und man kann nichts dagegen tun.«
    »Womit wir wieder bei der Frage wären: Wie wurde der Rollstuhl blockiert?« Matzbach trank seinen Kaffee aus, nahm das Glas mit dem Rest Mineralwasser, in dem ein Restchen Eis schwamm, setzte es an den Mund, setzte es wieder ab, starrte hinein und sagte: »Heureka!«
    Verloren zwischen Schrottbergen stand auf dem Hof der großen Autoverwertung ein B ÜRAU genannter Wellblechschuppen. Der Hagere, der die Gefilde möglicherweise besaß, aber jedenfalls hütete, trug einen bleigrauen Trainingsanzug und eine Pudelmütze; Matzbach schätzte die Außentemperatur auf 25° im Schatten und nahm an, daß der Verwerter vor kurzem vom Äquator heim an den Rhein gekommen und noch nicht recht akklimatisiert sei.
    »Nee, nee, der Waaren is noch da. Da drüben. Wat is denn bloß so toll an der Karre? Dauernd die Anrufe

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