Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kein Freibier für Matzbach

Kein Freibier für Matzbach

Titel: Kein Freibier für Matzbach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
Vom Netzwerk:
...«
    »Was für Anrufe?« sagte Neumann.
    »Also, seit die Kiste hier is, hat der Pesitzer mindichstens zwanzichmal angerufen, ich soll dat Ding sofocht platt machen, von weejen schlechte Erinnerung. Un jetz du, ne? Von weejen auf jeden Fall stehnlassen. Wat is dann loss?«
    Neumann warf Matzbach einen fragenden Blick zu; Baltasar räusperte sich.
    »Wir sind Freunde des ... vom Besitzer. Der hatte ja den Unfall und kann nicht selber kommen. Jetzt ist ihm eingefallen, daß er was Wichtiges drin hat liegenlassen, und das will er eben doch haben.«
    Der Hagere zuckte mit den Schultern. »Bedient euch.«
    Neumann und Matzbach gingen zu dem arg ramponierten blauen Sierra. Front und Fahrertür waren beim Versuch, sich zum Akkordeon zu falten, bei einem mißlichen Halbton hängengeblieben. Im Kofferraum fanden sie, was Matzbach gesucht und erhofft hatte: zwei Batterien und zwei meterlange Styroporkisten.
    »Aber
wie
hat er das gemacht?« sagte Tobias, als sie wieder auf der Autobahn waren und Richtung Wuppertal donnerten. »Onkel Carlo konnte sich doch da noch wehren.«
    »Ich weiß auch nicht, denk mir aber was.«
    »Und zwar?«
    »Huber und Carlo kennen und verabscheuen einander. Vielleicht übertrieben, aber jedenfalls keine innige Liebe. Carlo war oft genug mit Rollstuhl und Zubehör auf irgendwelchen Kongressen; kein Problem für Huber, die genauen Maße und Feinheiten rauszukriegen. Also, er klopft ans Terrassenfenster, Carlo rollt hin und macht auf. Huber sagt, ich hatte grad hier zu tun, wollte Tach sagen, aber du reagierst ja nicht auf Klingel, oder ist die abgestellt? Ich hab dir auch was mitgebracht – nagelneue japanesische Spezialbatterien für Philosophenrollstühle. Oder so ähnlich. Mal sehen, ob die passen. Dann baut er die Batterien aus und setzt die mitgebrachten ein, die leer sind. Und zu dem Zeitpunkt hat Carlo das bestimmt noch amüsant gefunden und sich nicht gewehrt. Wahrscheinlich hat er irgendwas Unpassendes von Heidegger oder Wittgenstein zitiert.«
    »Ja, und dann? Wie hat er den Rollstuhl blockiert?«
    Matzbach grinste. »Ich glaube, ich weiß es, aber ich muß das noch ein bißchen bedenken. Reden wir über die äußeren Details, sozusagen. Huber hat seinen Vortrag in Wesel zu halten, fährt nach Bonn, klettert über die Mauer, besucht Carlo. Er beginnt sein finsteres Werk, läßt die Terrassentür offen und will dann zu seinem Vortrag. Nachts, nach dem Vortrag, wäre er wahrscheinlich wieder zurück zu Carlo – eine Stunde mehr oder weniger Autobahn, was macht das schon? Dann hätte er den Recorder mitgenommen und das Telefon wieder eingestöpselt. Wahrscheinlich auch den Dreck beseitigt, die echten Batterien wieder eingesetzt, die Terrassentür zugemacht, und dann wäre er durch die Haustür entschwunden.«
    Neumann schüttelte lange und heftig den Kopf. »Hätte könnte wäre. Und?«
    »So ein Mordanschlag ist aber ein bißchen aufregend, sogar für einen Philosophieprofessor, dem nichts Unmenschliches fremd sein sollte. Er fährt ein bißchen aufgeregt und baut einen Unfall. Knackst sich ein paar Rippen an, muß ein paar Tage im Krankenhaus bleiben, kann seinen Vortrag nicht halten und auch nicht zurück nach Bonn, um Spuren zu verwischen. Deshalb legt er so viel Wert darauf, daß der Wagen samt Inhalt endgültig verschwindet.«
    Neumann hatte noch etliche Fragen zum Verfahren, aber Matzbach wiegelte ab. Kurz bevor sie Paderborn erreichten, sagte er lediglich, wenn Huber nicht den idiotischen Brief geschrieben hätte, freigestempelt in Hilden, wäre wohl für ihn alles glattgegangen.
    Gegen halb fünf erreichten sie Paderborn. Neumann beschloß, ein paar Dinge zu besorgen und sich den frivolen Reizen der Bischofsstadt zu weihen, während Matzbach den ins Trockendock der Rente geratenen Journalisten heimsuchte.
    »Matzbach mein Name«, sagte er, als der alte Mann ihm die Tür öffnete. »Sind Sie der Gentleman, der nichts von Drewermanns Versuch hält, katholischen Schamanismus und die Scharlatanerie der Psychoanalyse zu einer besonders okkulten Form von höherem Blödsinn zu verschmelzen?«
    »Ha«, sagte der Alte. Er packte Matzbachs Hand und drückte sie, als ob er sie auswringen wollte. »Endlich ein vernünftiger Mensch, mit dem man reden kann! Kommen Sie rein, Bruderherz.«
    Tobias saß wie vereinbart in einem kleinen Lokal, dessen einziger Vorzug ein Parkplatz für den Rover war. Matzbach roch Jägerschnitzel und andere Widerwärtigkeiten, setzte sich dem Schicksal ergeben hin,

Weitere Kostenlose Bücher