Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kein Freibier für Matzbach

Kein Freibier für Matzbach

Titel: Kein Freibier für Matzbach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
Vom Netzwerk:
besonders freuen, lieber Otto«, sagte er dabei.
    Huber nahm das Paket, zerriß das Packpapier; und glotzte. In der Hand hielt er den Recorder, der auf Carlo Neumanns Fensterbank gestanden hatte. Seine Knöchel zeichneten sich weiß ab.
    Matzbach nahm ihm mit sanfter Gewalt das Gerät ab und stellte es auf den Boden, neben das längliche Deckenbündel. »Darf ich dich mit Tobias Neumann bekannt machen?« sagte er.
    Hubers Gesichtszüge entgleisten einen Moment lang; dann blickte er traurig wie ein Dackel, der den Oberschenkelknochen des Herrchens nicht mehr finden kann. »Der Neffe des armen Carlo?«
    »Genau, Herr Professor.«
    Huber winkte ab. »Setzen.« Er erinnerte sich wieder an den Recorder, starrte das Gerät an, dann Matzbach, dann Neumann. Vorsichtig ließ er sich in den roten Sessel sinken. »Was soll das nun alles?« sagte er rauh.
    Neumann setzte sich. Matzbach blieb stehen. »Wir haben ein ethisches Problem, bei dessen Lösung du als Philosoph uns vielleicht helfen kannst. Was ist
sub specie aeternitatis
besser: Sühne, zum Beispiel Entschädigung, oder Bestrafung?«
    Huber schwieg. Neumann sagte trocken: »Ich bin für Sühne; sie bringt mehr ein.«
    Huber kniff die Brauen zusammen. »Was soll das?«
    »Ich ging«, sagte Matzbach, mit einem angewiderten Blick auf den Rotspon, »ah, zwei Flaschen von dem da haben wir dir auch noch mitgebracht. Plus dies und das, aber davon später desto mehr. Ich also ging gestern so für mich hin. Fürbaß, könnte man sagen. Also, ich ging fürbaß, und nichts zu finden war mein Spaß. Da traf ich in der kleinen Straße neben dem Bungalow, in dem unser alter Freund Carlo den Löffel abgegeben hat, ein paar spielende Kinder. Streunend, gewissermaßen.«
    »Belebte Gegend.« Neumann verbiß sich ein Grinsen.
    Huber schlug mit der flachen Hand auf die Sessellehne. »Noch mal: Was soll das?«
    »Gemach. Nette Bibliothek. Nettes Haus. Wann ist deine Frau gestorben? Zehn, elf Jahre her? Aber bleiben wir bei der Sache. Mit den spielenden Infanten habe ich so über dies und das geredet. Du weißt schon – das Wetter, die Bundesliga, die Edelmetallkurse; und Autos. Automarken, genauer. In dieser Gegend fährt kaum jemand Ford – eine ausgesprochene Opel- und Benzgegend, könnte man sagen. Die Kindlein nun waren baß – nicht etwa fürbaß – erstaunt darüber, daß sie vor ein paar Wochen an einem Samstag einen blauen Sierra in dieser Stichstraße gesehen haben. Sie sagen, der Besitzer des Wagens hatte eine graue, ah nein, greuliche, haben sie gesagt, greuliche Tonsur und ist echt geil jugendmäßig über eine Mauer geklettert.«
    Hubert atmete scharf durch die Zähne ein. »Scheiße, was ...«
    Matzbach hob dozierend einen Finger. »Jeder Popel fährt nen Opel, wie man so sagt; jeder Stenz hat nen Benz. Und auf Ford reimt sich – Mord?«
    Huber schloß die Augen. »Humbug«, sagte er leise. »Hirnrissiger hanebüchener Humbug.«
    »Hojotoho. Aber lausch mir doch weiter, Ottolein, ja? Bittebitte. Das Männlein klomm also über die Zinnen, hüpfte, vielmehr hopf, innen hinab und hinterließ in einem weichen Beet ein paar Fußabdrücke. Zum Beispiel diesen.«
    Matzbach bückte sich und holte aus der Reisetasche den Gipsabdruck. Er kniete nieder und hielt ihn neben Hubers Hausschuh, zog ihn dann schnell weg, bevor der Professor treten konnte.
    »Paßt«, sagte er. »Achtundvierzig? Achtundvierzigeinhalb? Du hast keine Hausschuhe getragen, aber das ließe sich zweifellos genauer überprüfen.« Er legte den Gipsabdruck außerhalb von Hubers Reichweite quer über zwei Weingläser. Huber stierte.
    »Weiter. Dieser Mann wollte einen alten Bekannten besuchen, einen Gelähmten, einen Herzkranken, um ihn von einem gewissen Vorhaben abzubringen. Er hat an die Terrassentür geklopft und wurde eingelassen, oder bei dem guten Wetter stand die Tür ohnehin auf. Leider hatte er sich die Schuhe nicht geputzt, deshalb ist Lehm aus dem Beet auf dem Teppichboden verblieben.«
    »Blödsinn«, sagte Huber schwach.
    »Er hatte dem armen Kranken neue Batterien für den Spezialrollstuhl mitgebracht. Er hat die anderen aus- und die neuen eingebaut. Die waren aber leer. Die vollen hat er später mitgenommen. Damit er sie nicht länger missen muß, haben wir sie mitgebracht.« Aus der Reisetasche holte er die Batterien, die sie in Hubers Auto gefunden hatten, und stellte sie auf den Tisch, neben die gipsbeladenen Gläser.
    Huber schwieg; er begann sichtlich zu schwitzen.
    »Er hatte aber noch mehr

Weitere Kostenlose Bücher