Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kein Freibier für Matzbach

Kein Freibier für Matzbach

Titel: Kein Freibier für Matzbach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
Vom Netzwerk:
macht seine Vergangenheit so kitzlig.«
    Yü schwieg eine Weile. Als sie das Autobahnkreuz Breitscheid erreichten und Richtung Lohausen fuhren, deutete er auf die Rückbank. »Was ist da genau drin?«
    »Fünfzig«, sagte Matzbach. »Ich hoffe, am Flughafen sind schon Läden auf. Wir werden einen feinen Aktenkoffer mit Verschluß kaufen und das da reinpacken. Außerdem sind noch fünfzehn drin, Honorar von Auerberg für die delikate Mission. Wenn’s klappt, gibt’s hinterher nochmal fünfzehn.«
    Yü pfiff leise. »Alles von Madame? Muß
die
Knete haben.«
    »Hat sie. Sie mag das mondäne Leben und den Geruch von Macht; deshalb finanziert sie Auerbergs Karriere. Macht aus zweiter Hand – irgendwie ist sie selbst nicht direkt interessiert. Und sie finanziert Auerbergs Versuche, den erpresserischen PG Dengler zu befriedigen.«
    »Hast du einen Plan? Und wozu spuckst du Knete aus, um deine liebe Kimberley aus New York einfliegen zu lassen?«
    Matzbach grinste. »Laß mir doch meine kleinen Überraschungen. Du erfährst es noch früh genug.«
    Die Maschine, die um 6.25 Uhr hätte landen sollen, war noch in der Luft. Statt Kimberley wie verabredet im Café zu suchen, kauften sie einen edlen Aktenkoffer und nahmen ein Frühstück zu sich.
    Kimberley Symonds – eine schlanke Farbige,
café au lait
– begrüßte Matzbach mit einem Gähnen und einer Umarmung, Yü mit einem Gähnen und einem Händedruck. Sie machte es sich auf der Rückbank der DS bequem. Als man gegen Mittag in strömendem Regen vor einem komfortablen Landhotel hielt, mußte Matzbach sie wecken. Sie brachten ihre Taschen auf die luxuriösen Zimmer; Kimberley ließ gleich Wasser in die orangefarbene Wanne laufen. Matzbach klopfte noch einmal bei ihr; sie wechselten ein paar Worte, schließlich sagte er:
    »Okay, you take your bath and a nap; see you tonight. We’ll be looking around.«
    Durch weiter strömenden Regen fuhren sie über immer kleinere Straßen durch mehrere Dörfer, aßen in einem Landgasthof eine Kleinigkeit, brachen wieder auf. Irgendwann sagte Yü:
    »Also, die Gegend hier erinnert mich an Dinge, die meine Ahnen über den mittleren Hoang-ho erzählen. Naß und lehmig, im Prinzip. Was versprichst du dir von dieser Fahrerei?«
    »Ich will mir ein Bild machen.«
    »Fein. Hast du die Buntstifte zum Ausmalen dabei? Oder wie soll’s weitergehen?«
    Matzbach schnaubte. »Wie du dir denken kannst, ist es in einer solchen Gegend schwer, die Leute zum Reden zu bringen. Die machen nämlich den Mund nur auf, wenn sie unter sich sind. Fremde, zum Beispiel aus dem nächsten Landkreis, haben keine Chance.«
    »Deswegen hast du einen Chinesen und eine Negerin dabei?«
    Matzbach lachte. »Genau. Wir sind so fremd, wir spielen schon keine Rolle mehr. Außerdem baue ich auf die edelste und meistverbreitete aller menschlichen Tugenden. Neugier gepaart mit Geldgier. Gier, mit einem Wort. Hah, Moment. Der weise Schäfer. Steig du doch mal in den Regen und frag ihn, ob er die Herren Dengler, Amelunxen und Brauers kennt, und ob er meint, wir könnten sie im
Postillon
finden. Das ist die Dorfkneipe. Schäfer wissen so was.«
    »Bäh.« Yü stieg aus. »Dir ist es zu naß, ja?«
    Auf einer Art Steppe, die sich zwischen Hecken und Wolken verlor, stand bei seinen tausend Schafen ein Mann. Er schien aus dem Bilderbuch entlaufen, mit Bischofsstab und weitem zeltartigen Umhang. Ein Hütehund, aus dessen Fell der Regen troff, umzingelte Yü kläffend, verschwand aber wieder, als der Chinese ein Zeichen mit den Fingern machte.
    Das Gesicht des Schäfers unter der Kapuze leuchtete, wie in Wonne entrückt. Yü kam näher, verneigte sich ein wenig und sagte:
    »Der minderwertige Fremde bittet um ein paar Auskünfte.«
    Anscheinend lustvoll verdrehte der Schäfer die Augen und seufzte: »Ahhh.«
    Yü nickte. »Kennen Sie Herrn Dengler?«
    Der Schäfer grinste breit. »Ahhrrr!«
    »Vielleicht auch Herrn Amelunxen?«
    Der Schäfer leckte sich die Lippen. »Haaaah!«
    »Und wie steht es mit Herrn Brauers?«
    Der Schäfer keuchte leise. »Hnnnjammm!«
    »Meinen Sie, die Herren wären im
Postillon
zu finden, abends?«
    Der Schäfer hechelte. »Ho. – Hoooh! – Huuuij!« Letzteres klang recht schrill.
    Yü verneigte sich wieder. »Ich danke für die Auskünfte und wünsche weiterhin fröhliches Gedeihen.« Er drehte sich um und ging zum Wagen zurück, in dem Matzbach mit heruntergekurbeltem Fenster saß, lauschte und beobachtete.
    Unter dem Umhang bewegte sich etwas. Der

Weitere Kostenlose Bücher