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Kein Freibier für Matzbach

Kein Freibier für Matzbach

Titel: Kein Freibier für Matzbach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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reichte. Aus den Augenwinkeln sah er Yü Luft holen und tauchen und an etwas zerren. Es war die Stelle, wo Erler und Robby und vermutlich auch Mops lagen. Und noch etwas.
    »Yü sucht Proviant«, sagte Baltasar. »Kannst du schwimmen?«
    »Wie ein Fischstäbchen. Wo bleibt Felix?« Sie wollte sich umdrehen.
    Matzbach saß auf der Bordwand; die Kante war schon unter Wasser. »Los doch. Der kommt schon.«
    Tshato und Zaches warteten am Ufer und zogen sie aus dem Wasser. »Wo ist Yü?« sagte der Aschanti.
    »Der mußte noch mal pieseln.« Matzbach ließ sich schnaufend neben etwas fallen, was er im Dunkeln für einen Weidenbusch hielt. Auf der Straße hatten mehrere Wagen gebremst und versperrten Polizei und Rettungsdienst den Weg.
    »Na denn.« Baltasar ächzte. »Wir werden ihnen was erzählen.«
    »Was denn?« sagte Zaches.
    »Die Wahrheit. Glaubt uns doch sowieso keiner.«
    Autoscheinwerfer beleuchteten den Schlußakt. Fast majestätisch verschwand das letzte helle Fenster im Wasser, dann die Aufbauten; ein Gurgeln. Und nichts mehr.
    »Wo ist Yü, verdammt?«
    »Müßte gleich kommen.« Matzbach lauschte, hörte das Wummern eines VW-Busses und nickte. »Kann nicht mehr lange dauern.«

16. Kapitel
    Let the end try the man.
    W ILLIAM S HAKESPEARE
    Sie saßen und warteten und tranken Kaffee; irgendwann hatte ihnen ein Beamter Brötchen und Frikadellen gebracht. Yü hielt Danielas Hand und zählte mit den Lippen ihre Fingerspitzen. Wenn er bei zehn angekommen war, schnalzte er jedesmal leise und begann von vorn. Dany schwieg seit zwei Stunden; sie saß fast starr. Zaches hatte sich auf einem antiken Cordsofa zusammengerollt und schnarchte. Vielleicht träumte er von den konfiszierten Stelzen. Tshato saß bolzengerade, mit geschlossenen Augen, auf einem höllisch unbequem aussehenden Stuhl.
    Matzbach giggelte plötzlich. »Hell’s Kitchen Chili«, sagte er. »War sehr gut, Junge. Und oh wie passend.«
    Tshato öffnete ein Auge, zog einen Mundwinkel hoch, schloß das Auge wieder. Es dauerte mehrere Sekunden, bis auch der Mundwinkel zusammengesackt war. »And you, Mister Detective?« sagte er.
    Matzbach tat einen tiefen Schluck aus seiner gerümpften Nase. »Tja. Nee.«
    »Wie, nee?«
    »Das schöne komplette Puzzle ...« Er seufzte. »Gibt’s nur in Märchen und anderen Geschichten, was? Die Wirklichkeit erlaubt Lösungen von Teilproblemen und Teillösungen von Problemen, mehr nicht. Gewissermaßen ist die Realität eine Ausnahme von Lincolns Axiom; sie kann jederzeit jeden foppen.«
    Tshato nickte. »Jetzt weiß ich’s endlich.«
    Lange nach Mitternacht kam HK Ludewig aus dem Büro, in dem er mit den rheinland-pfälzischen Kollegen beraten hatte. Er wedelte mit Zetteln und starrte Matzbach triefäugig an.
    »Na?« sagte Baltasar.
    Ludewig blinzelte und rieb sich mit der freien Hand die Augen. »Nach dem, was wir bisher aus dem Wrack gefischt haben, scheint Ihre Geschichte zu stimmen – in Umrissen.« Dann lächelte er, überraschend und beinahe fröhlich, wie es schien. Wenn nicht gar freundlich.
    »Was immer Sie uns verschweigen ... Sagen wir mal so, es ist ein Zentner passiert, und bisher kennen wir nur zehn Pfund davon; aber egal. Tut mir leid um Frau Schmidt und Ihren Indianer, den ich gern dies und das gefragt hätte, aber zu den anderen könnte man sagen, Sie haben ein gutes Werk getan. Oder mehrere. Was Ihren Herrn Mops angeht, der heißt einfach Müller. Bars, Bordelle, Koks, Korruption, was Sie wollen – nennen Sie es, und es ist da. Die Kölner Kollegen sagen, man weiß fast alles, kann ihm aber nichts nachweisen. Sie werden ihm keine Träne nachweinen; einer der Herren meint, man solle Sie und den stummen Chinesen da für ein paar Orden vorschlagen.«
    Yü ächzte; Matzbach hob die Hände.
    »Nein, bitte, wir sind undekoriert erheblich umgänglicher. Nebenbei: Herrn Mops haben wir wirklich nicht auf dem Gewissen.«
    »Ach, haben Sie so was, ein Gewissen? Egal. Lassen Sie uns noch mal kurz die wesentlichen Punkte durchgehen.«
    »Und dann? U-Haft oder was?«
    Ludewig tat höchst erstaunt. »Wieso? Nix da. Sie werden heimgefahren, wohin auch immer. Morgen ist Sonntag, bitte keine Behelligungen, aber übermorgen alle ins Präsidium, dann dürfen Sie die Langfassungen unterschreiben, klar?«
    Er starrte auf den Zettelwust und begann mit der monotonen Verlesung des einfallsreichen Flickwerks, auf das man sich geeinigt hatte. Im Geiste übersetzte Matzbach das sowohl krude wie flaue Amtsdeutsch in, wie er

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