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Kein Friede den Toten

Kein Friede den Toten

Titel: Kein Friede den Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
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stammst aus einer anderen Welt. Du hattest Vertrauen in die Polizei. Du dachtest, die Wahrheit würde sich durchsetzen. Wir wussten es besser. Emma hatte dreimal auf Clyde geschossen, einmal in den Rücken und zweimal ins Gesicht. Niemand würde ihr abnehmen, dass das aus Notwehr geschehen war. Und selbst wenn – Clyde hatte seinem Mafia-Cousin viel Geld eingebracht. Der würde uns nicht so einfach davonkommen lassen.«
    »Und was habt ihr dann gemacht?«, fragte er.
    »Ich war wohl ziemlich durch den Wind. Aber Emma hat mir das Dilemma erklärt, in dem wir steckten. Wir hatten praktisch keine Wahl. Und dann hat sie ihr bestes Argument gebracht und mich schlagartig überzeugt.«
    »Wie lautete das?«
    »Emma sagte: ›Was ist, wenn alles gut läuft?‹«
    »Was ist, wenn was gut läuft?«, fragte Matt.
    »Was ist, wenn die Polizei uns glaubt und Clydes Cousin uns in Ruhe lässt?«
    Sie wartete lächelnd.
    »Das versteh ich nicht«, sagte Matt.

    »Was wäre mit uns passiert? Mit Emma und mir. Wo wären wir gewesen, wenn alles geklappt hätte?«
    Jetzt begriff Matt. »Ihr wärt genau da gewesen, wo ihr vorher auch wart.«
    »Genau. Das war unsere Chance, Matt. Clyde hatte hunderttausend Dollar im Haus versteckt. Emma hat vorgeschlagen, dass wir die teilen und abhauen. Wir wollten ganz von vorn anfangen. Emma hatte schon ein Ziel im Kopf. Sie wollte schon seit zwei Jahren fliehen, hatte aber den Mut nie aufgebracht. Genau wie ich. Oder die anderen Mädels.«
    »Aber jetzt konntet ihr nicht anders.«
    Olivia nickte. »Sie meinte, wenn wir Clyde verstecken, würde man annehmen, sie wäre mit ihm zusammen abgehauen. Sie würden nach einem Paar suchen. Oder sie würden davon ausgehen, dass beide tot und irgendwo verscharrt worden sind. Aber Emma brauchte meine Hilfe. Ich hab gesagt: ›Und was ist mit mir? Clydes Freunde wissen, wie ich aussehe. Sie werden mich verfolgen. Und wie erklären wir Cassandras Tod?‹«
    »Aber dafür hatte Emma schon eine Lösung. Sie sagte: ›Gib mir dein Portemonnaie.‹ Ich hab’s aus der Tasche gezogen. Sie hat meinen Ausweis genommen – damals brauchte man in Nevada noch kein Foto auf dem Ausweis – und ihn Cassandra in die Tasche gesteckt. »›Wann kommt Kimmy wieder?‹, hat sie gefragt. ›In drei Tagen‹, hab ich geantwortet. ›Dann haben wir viel Zeit‹, sagte sie. Dann hat sie gesagt: ›Hör zu. Weder du noch Cassandra haben eine richtige Familie. Cassandras Mutter hat sie vor Jahren rausgeschmissen. Die beiden hatten keinen Kontakt zueinander.‹«
    »›Worauf willst du hinaus?‹, hab ich gefragt.«
    »›Ich denke schon seit Jahren drüber nach‹, hat Emma gesagt. ›Jedes Mal, wenn er mich geschlagen hat. Jedes Mal, wenn er mich bis zur Bewusstlosigkeit gewürgt hat. Jedes Mal, wenn er gesagt hat, dass es ihm Leid tut, und versprochen hat, dass
es nicht wieder vorkommt und dass er mich liebt. Jedes Mal, wenn er gedroht hat, dass er mich jagen und zur Strecke bringen lässt, wenn ich ihn verlasse. Was … was ist, wenn ich Clyde umbringe, ihn begrabe, das Geld nehme und irgendwohin abhaue, wo ich in Sicherheit bin? Was ist, wenn ich das wieder gutmache, was ich euch Mädchen angetan habe? Du hast diese Fantasien doch auch, oder, Candi? Über Flucht und so?‹«
    Matt fragte: »Und? Hattest du die?«
    Olivia hob den Zeigefinger. »Mit einem Unterschied. Vorhin habe ich gesagt, dass ich den Eindruck hatte, mein Leben wäre vorbei. Ich bin aber in meinen Büchern aufgegangen. Ich habe versucht, optimistisch zu bleiben. Ich habe mir vorgestellt, dass ich in einer anderen Welt lebe. Weil ich was hatte, was mich immer wieder aufgerichtet hat. Pass auf, ich will die Nacht in Las Vegas nicht zu hoch hängen. Aber ich habe daran gedacht, Matt. Ich habe immer wieder daran gedacht, wie ich mich mit dir gefühlt habe. Ich habe über deine Welt nachgedacht, die Welt, in der du lebst. Ich konnte mich an alles erinnern, was du erzählt hast – über deine Familie, wo du aufgewachsen bist, deine Freunde und deine Schule. Du hast aber nicht gewusst, und das hast du immer noch nicht ganz verstanden, dass du von einem Ort gesprochen hast, von dem ich kaum zu träumen wagte.«
    Matt sagte nichts.
    »Ich kann dir gar nicht sagen, wie oft ich nach dieser Nacht daran gedacht habe, dich zu suchen.«
    »Warum hast du es nicht getan?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Gerade du müsstest wissen, dass man sich manchmal einfach nicht traut.«
    Er nickte, hatte Angst zu antworten.
    »Es war dann

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