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Kein Friede den Toten

Kein Friede den Toten

Titel: Kein Friede den Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
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Sie schrie noch einmal. Die Polizisten rannten auf sie zu.
    »Was ist los?«, rief ein Polizist.
    Matt zögerte nicht. Er nutzte Kyras Ablenkungsmanöver und spurtete in die entgegengesetzte Richtung auf den Wald zu. Sie schrie noch einmal. Matt rannte weiter und drehte sich erst um, als er tief zwischen den Bäumen verschwunden war.

43
    Loren hatte die Füße auf ihren Schreibtisch gelegt und sich entschlossen, Max Darrows Witwe anzurufen.
    In Nevada war es drei oder vier Uhr morgens – Loren konnte
sich einfach nicht merken, ob die dort zwei oder drei Stunden zurück waren – aber sie ging davon aus, dass eine Frau, deren Mann ermordet worden war, sowieso schlecht schlief.
    Sie wählte die Nummer. Es meldete sich ein Anrufbeantworter. Eine Männerstimme sagte: »Max und Gertie können momentan nicht ans Telefon kommen. Wahrscheinlich sind wir beim Angeln. Hinterlassen Sie eine Nachricht, okay?«
    Die Stimme aus dem Grab bremste ihren Elan. Max Darrow, der Polizist im Ruhestand, war ein Mensch. Eine Selbstverständlichkeit, aber manchmal vergaß man so etwas. Man verstrickte sich in Details, sah nur noch die Einzelteile, die man zusammensetzen wollte. Ein Mensch hatte sein Leben verloren. Gertie würde den Text ändern müssen. Sie würde nicht mehr mit Max angeln gehen. Das klang nicht besonders aufregend, aber es war ein Leben gewesen, das sie sich erkämpft hatten, eine Welt, die jetzt zerstört war.
    Loren hinterließ eine Nachricht und ihre Telefonnummer und legte auf.
    »Hey, woran sitzen Sie gerade?«
    Es war Adam Yates, der FBI-Boss aus Las Vegas. Er war mit ihr zusammen zum Büro der Staatsanwaltschaft von Essex County gefahren. Loren sah ihn an. »Ich guck mir ein paar seltsame Entwicklungen an.«
    »Als da wären?«
    Sie erzählte ihm von dem Gespräch mit Cingle Shaker. Yates holte sich einen Stuhl von einem anderen Schreibtisch. Er setzte sich, ohne den Blick von ihr abzuwenden. Er war so ein Typ – ganz groß im Blickkontakt.
    Als sie fertig war, runzelte Yates die Stirn. »Ich versteh einfach nicht, wie dieser Hunter da reinpasst.«
    »Den haben wir gleich. Vielleicht erfahren wir dann mehr.«
    Yates nickte und sah ihr weiter in die Augen.
    Loren fragte: »Was ist?«

    »Dieser Fall«, sagte Yates, »ist mir sehr wichtig.«
    »Gibt es dafür einen bestimmten Grund?«
    »Haben Sie Kinder?«, fragte er.
    »Nein.«
    »Verheiratet?«
    »Nein.«
    »Sind Sie lesbisch?«
    »Jetzt hören Sie mal, Yates.«
    Er hob eine Hand. »Das war albern, Entschuldigung.«
    »Was sollen diese Fragen?«
    »Ich glaube nicht, dass Sie die Sache verstehen, wenn Sie keine Kinder haben.«
    »Ist das Ihr Ernst?«
    Wieder hob Yates eine Hand. »Ich meine das nicht so, wie es vielleicht klingt. Sie sind bestimmt ein guter Mensch und so.«
    »Mensch, ich danke Ihnen.«
    »Es ist aber so, dass … wenn man Kinder hat, ändert sich vieles.«
    »Tun Sie mir einen Gefallen, Yates. Sparen Sie sich dieses Kinder-verändern-dich-Gequassel. Den Scheiß muss ich mir andauernd von meinen schmerzlich wenigen Freunden anhören.«
    »Das meine ich nicht.« Er schwieg einen Moment. »Ich glaube sogar, dass Singles bessere Polizisten sind. Man kann sich besser konzentrieren.«
    »Wo Sie das gerade erwähnen …« Sie nahm einen Aktenstapel und tat, als wäre sie beschäftigt.
    »Darf ich Sie mal was fragen, Muse?«
    Sie wartete.
    »Wenn Sie aufwachen«, fuhr Yates fort, »an wen denken Sie dann als Erstes?«
    »Wie bitte?«
    »Okay, der Wecker klingelt. Sie öffnen die Augen. Sie stehen langsam auf. An wen denken Sie als Erstes?«

    »Warum verraten Sie es mir nicht?«
    »Na ja, ich will Sie nicht verletzen, aber die Antwort lautet, Sie denken an sich selbst, stimmt’s? Dagegen ist nichts zu sagen. Sie denken an sich. Das ist normal. Das machen alle Singles. Sie wachen auf und fragen sich, was sie heute tun werden. Ja, klar, vielleicht kümmern sie sich um ihren Vater oder ihre Mutter. Aber jetzt kommt’s. Wenn sie ein Kind haben, stehen sie nie mehr an erster Stelle. Es gibt jemanden, der wichtiger ist als sie selbst. Das verändert ihre Weltsicht. Es geht gar nicht anders. Sie glauben, sie wüssten, wie man schützt und dient, aber wenn sie Familie haben …«
    »Ich weiß nicht, worauf Sie hinauswollen.«
    Plötzlich brach Adam Yates den Blickkontakt ab. »Ich habe einen Sohn. Er heißt Sam. Er ist jetzt vierzehn. Mit drei hat er eine Hirnhautentzündung bekommen. Er wäre fast gestorben. Er lag in einem riesigen Krankenhausbett. Es

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