Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kein Friede den Toten

Kein Friede den Toten

Titel: Kein Friede den Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
Vom Netzwerk:
nicht erwähnt – kein Wort über Max Darrow, Charles Talley oder einen geflohenen Verdächtigen.
    Er brauchte Geld. Er brauchte einen Platz zum Schlafen. Er brauchte Medikamente. Das Adrenalin hatte die Schmerzen in Schach gehalten. Es wurde jetzt langsam abgebaut. In den letzten vierundzwanzig Stunden hatte er nur eine einzige Stunde geschlafen, und in der vorangegangenen Nacht, als er die Dateien auf sein Fotohandy bekommen hatte, war er auch nicht zur Ruhe gekommen.
    Matt zählte sein Geld. Er hatte achtunddreißig Dollar. Das reichte nicht. Einen Geldautomaten oder seine Kreditkarten konnte er nicht benutzen. Dann wusste die Polizei sofort, wo er war. Das Gleiche galt für Hilfe von engen Freunden oder Verwandten – und er hatte sowieso nur wenige, auf die er sich wirklich verlassen konnte.
    Eine Person gab es jedoch, bei der ihn die Polizei niemals suchen würde.
    An der Ausfahrt nach Westport verließ er die Schnellstraße. Er war nie hierher eingeladen gewesen, kannte aber die Adresse. Kurz nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis war er ein paar Mal an der Straße vorbeigefahren, hatte jedoch nie den Mut aufgebracht, direkt am Haus vorbeizufahren. Jetzt bog er zwei Mal kurz hintereinander rechts ab und fuhr langsam die ruhige Allee entlang. Sein Puls begann zu rasen. Er sah in die Einfahrt. Da stand nur ihr Wagen. Er überlegte, ob er sich per Handy anmelden sollte, aber auch das konnte die Polizei
überwachen. Vielleicht sollte er einfach anklopfen. Er dachte darüber nach, entschloss sich aber dann, auf Nummer sicher zu gehen. Er fuhr in den Ort zurück und entdeckte ein Münztelefon. Er wählte ihre Nummer.
    Sonya McGrath war nach dem ersten Klingeln am Apparat. »Hallo?«
    »Ich bin’s«, sagte er. »Sind Sie allein?«
    »Ja.«
    »Ich brauche Ihre Hilfe.«
    »Wo sind Sie?«
    »Ungefähr fünf Minuten von Ihrem Haus entfernt.«

    Matt bog in die Einfahrt der McGraths ein. Vor der Garage hing ein rostiger Basketballkorb. Das zerfetzte Netz war schon sehr lange nicht mehr erneuert worden. Der Korb passte nicht in die Umgebung. Er war alt und ungepflegt, während der Rest des Hauses feudal und modern wirkte. Matt blieb einen Moment lang stehen und betrachtete den Korb. Stephen McGrath war da. Er warf ein paar gute Bälle. Er konzentrierte sich ganz auf den Ring. Der Ball hatte einen schönen Backspin. Stephen lächelte.
    »Matt?«
    Er drehte sich um. Sonya McGrath stand auf der Treppe. Sie folgte seinem Blick, und ihre Miene erstarrte.
    »Was ist passiert?«, fragte Sonya.
    Er erzählte es ihr, merkte aber schnell, dass die Verzweiflung nicht aus ihrem Gesicht wich. Er hatte schon mehrfach erlebt, dass sie solche Schläge einstecken musste. Sie hatte sich immer schnell wieder erholt – nicht immer vollständig, aber ausreichend. Aber heute nicht. Ihr Gesicht blieb leichenblass. Es veränderte sich nicht. Matt merkte das, konnte sich aber nicht bremsen. Er redete einfach weiter und erklärte ihr, warum er
hier war. Irgendwann hatte er ein fast außerkörperliches Erlebnis, bei dem er sich über sich und Sonya erhob und hörte, was er sagte und wie das in ihren Ohren klingen musste. Aber er konnte nicht aufhören. Er sprach einfach weiter, während eine leise Stimme in seinem Gehirn ihn immer wieder aufforderte, jetzt doch endlich den Mund zu halten. Aber er hörte nicht auf sie. Er erzählte einfach weiter, in der Hoffnung, die Sache schon irgendwie wieder hinzubiegen.
    Abgesehen von ein paar Nebensächlichkeiten, ergab sich folgendes Bild: noch eine Schlägerei, noch ein Toter.
    Als er schließlich zum Ende kam, schaute Sonya McGrath ihn nur ein paar Sekunden lang an. Matt spürte, wie er unter ihrem Blick verwelkte und einging.
    »Sie wollen, dass ich Ihnen helfe?«, sagte sie.
    Und das war’s. Diese schlichte Feststellung. Er hörte es selbst. Es klang nicht nur lächerlich, sondern unverschämt. Fast obszön.
    Er wusste nicht, was er tun sollte.
    »Clark hat von unseren Treffen erfahren«, sagte sie.
    Er wollte »Tut mir Leid« oder etwas Ähnliches sagen, aber es kam ihm unangemessen vor. Er wartete einfach ab.
    »Er meint, ich suche Trost. Ganz Unrecht hat er wohl nicht, aber ich glaube, es steckt noch mehr dahinter. Ich glaube, ich hätte irgendeinen Abschluss gebraucht. Wahrscheinlich hätte ich Ihnen vergeben müssen. Aber das kann ich nicht.«
    »Ich muss gehen«, sagte er.
    »Sie sollten sich stellen, Matt. Wenn Sie unschuldig sind, werden sie …«
    »Was werden sie?«, unterbrach er sie

Weitere Kostenlose Bücher