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Kein Friede den Toten

Kein Friede den Toten

Titel: Kein Friede den Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
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mich klar ausgedrückt?«

    Loren versuchte, ruhig zu bleiben. »Wenn ich nicht gewesen wäre, hätten Sie nicht mal gewusst, dass Olivia Hunter Candace Potter ist.«
    »Oh, ich verstehe. Darum geht’s also. Um Ihr Ego. Sie wollen Anerkennung? Können Sie haben. Wenn es Ihnen recht ist, male ich an der Tafel einen goldenen Stern neben Ihren Namen.«
    »So habe ich das nicht gemeint.«
    »Genau so hat es aber geklungen. Naiv und ruhmgeil. Eine herzerfrischende Kombination.«
    »Das ist nicht fair.«
    »Das ist nicht …« Yates lachte. »Wollen Sie mich verarschen? Fair? Wie alt sind Sie, Muse? Zwölf? Wir sind mitten in einer landesweiten Ermittlung, bei der es um Mord und organisiertes Verbrechen geht, und Sie machen sich Sorgen darüber, dass ich nicht fair mit einer unbedeutenden Ermittlerin vom County umgehe? Sie fahren jetzt sofort zurück in Ihr Büro, und …«, genug Peitsche, jetzt ein wenig Zuckerbrot, » … wenn Sie weiter an dieser Ermittlung beteiligt sein wollen, versuchen Sie doch, so viel wie möglich über die andere Hure in Erfahrung zu bringen, die Schwarze, mit der die Potter zusammengewohnt hat.«
    »Kimmy Dale.«
    »Ja. Finden Sie raus, wo sie sich aufhält, was sie weiß, und was Sie sonst noch so in Erfahrung bringen können. Aber treten Sie nicht mit ihr in Kontakt, ohne mich vorher zu informieren. Wenn Ihnen das nicht passt, lasse ich Sie ganz von dem Fall abziehen. Verstanden?«
    Sie antwortete, als hätte sie Nägel zwischen den Lippen. »Verstanden.«
    Er wusste, dass sie sich an die Anweisungen halten würde. Loren wollte weiter an dem Fall beteiligt sein. Sie würde sich mit einer Nebenrolle zufriedengeben, solange sie die Hoffnung
hatte, wieder ins Rampenlicht zu kommen. Eigentlich war sie eine verdammt gute Ermittlerin. Nach dieser Geschichte würde er versuchen, sie abzuwerben. Er würde ihr Komplimente machen, ihr die Anerkennung schenken, die sie verdient hatte, und sie dadurch – obwohl sie gut war – davon abhalten, die Einzelheiten allzu genau unter die Lupe zu nehmen.
    Das hoffte er zumindest.
    Denn bisher hatte noch kein Unschuldiger sterben müssen – die anderen hatten alle versucht, ihm zu schaden. Mit Loren Muse war das eine andere Sache. Er wollte wirklich nicht, dass ihr etwas zustieß. Aber so alt der Grundsatz auch war, wenn es um uns und die anderen geht, entscheiden wir uns am Ende immer für uns selbst.
    Loren Muse fuhr auf den Parkplatz und stieg wortlos aus. Yates ließ ihr Zeit sich zu beruhigen. Er rief Cal Dollinger an, den einzigen Menschen, dem er in diesem Punkt vertraute, und erklärte ihm schnell das Nötigste. Cal brauchte nicht viele Einzelheiten.
    Adams Gedanken wanderten noch einmal zurück zu einer schwierigen Zeit – in das Krankenhaus, in dem Sam mit seiner Hirnhautentzündung gelegen hatte. Er hatte Loren nichts von Cals Rolle in diesem Alptraum erzählt. Auch Cal hatte sich geweigert, das Krankenhaus zu verlassen. Adams ältester Freund hatte sich einen unbequemen Metallstuhl vor die Zimmertür gestellt und dort ohne ein Wort drei Tage lang Wache gesessen, um zur Stelle zu sein, falls Adam etwas brauchte.
    »Soll ich allein hinfahren?«, fragte Cal.
    »Nein, wir treffen uns bei den Hunters«, sagte Yates leise. »Wir holen uns das Video. Und dann ist die ganze Sache zu Ende.«

48
    Olivia Hunter hatte sich zusammengerissen, bis Midlife sie aus Lance Banners Händen befreit hatte. Als sie wieder zu Hause war, brachen alle Dämme. Sie weinte leise. Tränen liefen ihre Wangen hinunter. Olivia konnte nichts dagegen tun. Sie wusste nicht, ob sie vor Freude, Erleichterung oder Angst weinte, sie wusste nur, dass der Versuch, sich hinzusetzen und den Tränenfluss zum Versiegen zu bringen, reine Zeitverschwendung wäre.
    Sie musste los.
    Ihr Koffer stand noch im Howard Johnson. Sie packte einfach einen neuen. Sie konnte nicht warten. Die Polizei würde zurückkommen. Die wollten Antworten.
    Sie musste sofort nach Reno.
    Dass sie nicht aufhören konnte zu weinen, war zwar ganz und gar nicht ihre Art, in Anbetracht der Umstände aber wohl verständlich. Olivia war körperlich und seelisch ausgelaugt. Erstens war sie schwanger. Zweitens machte sie sich Sorgen um ihre adoptierte Tochter. Und drittens hatte sie nach so langer Zeit Matt die Wahrheit über ihre Vergangenheit erzählt.
    Der Pakt war beendet. Sie hatte ihn gebrochen, als sie auf die Internet-Anzeige geantwortet hatte – und damit war sie direkt für Emma Lemays Tod verantwortlich. Es

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