Kein Friede den Toten
ist?«
»Sie ist rausgezogen nach Reno. Ich kann Ihnen ihre Adresse geben, wenn Sie wollen.«
»Her damit.«
Er gab ihr Kimmy Dales Adresse. »Nach meinen letzten Informationen arbeitet sie im Eager Beaver, einem Club, der, ob Sie’s glauben oder nicht, die Erwartungen, die der Name weckt, mühelos unterbietet.«
Eager Beaver, dachte sie. Hatte Yates nicht gesagt, dass Charles Talley da gearbeitet hatte?
Taylor fuhr fort: »Reno ist ein hübsches Städtchen. Nicht wie Vegas. Verstehen Sie mich nicht falsch, ich mag Vegas. Wie alle hier. Es ist furchtbar und grässlich und wird von der Mafia regiert, aber wir bleiben. Verstehen Sie das?«
»Ich rufe aus Newark, New Jersey, an«, sagte sie. »Also ja, ich verstehe das.«
Taylor lachte. »Jedenfalls ist Reno heutzutage ein ziemlich angenehmer Ort, um eine Familie zu gründen. Schöneres Wetter haben die da auch, weil es am Fuß der Sierra Nevada liegt. Früher war es die Scheidungshauptstadt der USA, und es hat einen höheren Prozentsatz an Millionären als jede andere Stadt im Land. Sind Sie schon mal da gewesen?«
»Nein.«
»Sind Sie hübsch?«
»Hinreißend.«
»Dann kommen Sie rüber nach Las Vegas. Ich zeig Ihnen die Stadt.«
»Ich spring gleich in die nächste Maschine.«
»Warten Sie. Sie sind nicht so eine ›Ich hasse Männer‹-Emanze, oder?«
»Nur, wenn ich schlecht geschlafen habe.«
»Und worum geht’s bei der Sache?«
Ihr Handy klingelte. »Das erklär ich Ihnen später, okay? Danke, Taylor.«
»Wir fangen im Mandalay Bay an. Ich kenne da jemand. Das wird Ihnen gefallen.«
»In Ordnung. Bis bald dann.«
Sie legte auf und nahm das Gespräch auf ihrem Handy an.
»Hallo?«
Ohne Vorrede fragte Schwester Katherine: »Sie wurde ermordet, oder?«
Loren wollte abwiegeln, aber etwas in der Stimme der Schwester Oberin verriet ihr, dass das nur Zeitverschwendung wäre. »Ja.«
»Dann muss ich Sie sprechen.«
»Warum?«
»Vorher durfte ich nichts sagen. Schwester Mary Rose hat das ganz deutlich gemacht.«
»Was hat sie deutlich gemacht.«
»Bitte kommen Sie so schnell wie möglich in mein Büro. Ich muss Ihnen etwas zeigen.«
»Was kann ich für Sie tun, Special Agent Yates?«, fragte Olivia.
Cal Dollinger stand an der Tür und ließ den Blick durch den Raum schweifen. Adam Yates setzte sich und stützte die Ellbogen auf die Oberschenkel. »Sie haben viele Bücher«, sagte er.
»Sehr gut beobachtet.«
»Sind das Ihre, oder gehören die Ihrem Mann?«
Olivia stemmte die Hände in die Hüften. »Ja, die Relevanz dieser Frage leuchtet mir unmittelbar ein, also werde ich Sie aufklären. Die meisten Bücher gehören mir. Sind wir dann fertig?«
Yates lächelte. »Sie sind sehr unterhaltsam«, sagte er. »Ist sie nicht unterhaltsam, Cal?«
Cal nickte. »Die meisten Stripperinnen und Huren sind verbittert. Sie nicht. Sie ist ein echtes Sonnenscheinchen.«
»Genau, ein Sonnenscheinchen«, sagte Yates.
Olivia gefiel die Richtung nicht, die das Gespräch nahm. »Was wollen Sie?«
»Sie haben Ihren eigenen Tod vorgetäuscht«, sagte Yates. »Das ist ein Verbrechen.«
Sie sagte nichts.
»Das Mädchen, das damals wirklich gestorben ist«, fuhr er fort, »wie hieß sie noch?«
»Ich weiß nicht, wovon Sie reden.«
»Sie hieß Cassandra, stimmt’s?« Yates beugte sich ein wenig vor. »Haben Sie sie umgebracht?«
Olivia wich nicht zurück. »Was wollen Sie von mir?«
»Das wissen Sie doch.«
Yates’ Hände ballten sich zu Fäusten, dann entspannten sie sich wieder. Sie sah zur Tür. Cal stand da wie eine Statue.
»Tut mir Leid«, sagte sie. »Das weiß ich nicht.«
Yates versuchte zu lächeln. »Wo ist das Video?«
Olivia erstarrte. Sie musste an den Wohnwagen denken. Als sie mit Kimmy eingezogen war, hatte es darin schrecklich gestunken, als wären in den Zwischenwänden kleine Tiere verendet. Kimmy hatte eine kräftige, viel zu stark parfümierte Duftmischung gekauft. Sie hatte damit einen Geruch überdeckt, der aber nie ganz verschwunden war. Jetzt hatte sie diesen Geruch wieder in der Nase. Sie sah Cassandras entstellte Leiche vor sich. Sie erinnerte sich an die Angst in Clyde Rangors Gesicht, als er fragte:
»Wo ist das Video?«
Sie versuchte, mit ruhiger Stimme zu antworten. »Ich weiß nicht, was Sie meinen.«
»Warum sind Sie geflohen und haben Ihren Namen geändert?«
»Ich wollte neu anfangen.«
»Einfach so?«
»Nein«, sagte Olivia. »Nichts ist damals ›einfach so‹ passiert.« Sie stand auf. »Und ich
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