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Kein Friede den Toten

Kein Friede den Toten

Titel: Kein Friede den Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
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habe – oder vielleicht eher schockiert. Von Max hab ich erst gedacht, dass er mich bei der ganzen Geschichte unterstützt. Aber dann hat er angefangen, sein eigenes Ding zu machen. Das musste ich beenden.«
    »Wie meinst du das?«
    »Ach …« Sie wirkte nur noch erschöpft. »Vergiss es einfach«, sagte sie. »Wichtig ist nur, dass Max keine Zeugen mag. Für ihn war ich nur eine unzuverlässige Hure. Glaubst du, das hätte er riskiert?«
    »Und Charles Talley?«
    »Dein Mann hat ihn gefunden. Die beiden haben sich geprügelt, dann ist Chally abgehauen. Er hat mich angerufen. Ich war nämlich ein Stockwerk unter dir. Er war in Panik und hatte Angst, dass die Polizei ihn schnappt. Er ist nur auf Bewährung draußen gewesen. Wenn er noch ein Mal erwischt worden wäre, wäre er lebenslänglich in den Knast gegangen. Das wollte er mit allen Mitteln verhindern. Also hab ich ihm gesagt, dass er im Treppenhaus auf mich warten soll.«
    »Und dann hast du es so eingerichtet, dass es aussah, als hätte Matt ihn umgebracht.«

    »Das hat Max die ganze Zeit vorgehabt – beiden eine Falle zu stellen, Chally und deinem Mann.« Sie zuckte die Achseln. »Ich dachte, da kann ich mich auch an seinen Plan halten.«
    Olivia blickte ihre alte Freundin an. Sie machte einen Schritt auf sie zu. »Ich hab an dich gedacht«, sagte sie. »Das weißt du doch.«
    »Ja«, sagte Kimmy. »Aber das hat mir nicht gereicht.«
    »Ich hab Angst gehabt. Emma meinte, wenn sie rausbekommen, was wir getan haben, werden sie uns alle foltern. Sie würden wieder nach dem Video suchen. Und da wir es nicht hatten, würden sie uns umbringen.«
    »Guck mich an«, sagte Kimmy.
    »Das tu ich.«
    Sie zog eine Pistole. »Guck, was aus mir geworden ist.«
    »Kimmy?«
    »Was ist?«
    »So war das nicht geplant«, sagte Olivia. »Ich dachte, ich soll sterben.«
    »Das hab ich inzwischen verstanden.«
    »Und ich bin schwanger.«
    Kimmy nickte. »Das weiß ich auch.« Die Pistole zitterte in ihrer Hand.
    Olivia trat noch einen Schritt näher an sie heran. »Du wirst mein Baby nicht umbringen.«
    Kimmys verzog das Gesicht. Ihre Stimme war kaum zu hören. »Es war das Video.«
    »Was war mit dem Video, Kimmy?« Aber dann begriff sie. »Oh. Oh, nein …«
    »Das verdammte Video«, sagte Kimmy, und Tränen strömten über ihr Gesicht. »Deshalb ist Cassandra umgebracht worden. Damit hat alles angefangen.«
    »Oh, Gott.« Olivia schluckte. »Cassandra hatte es nicht gestohlen«, sagte sie. »Du warst das?«

    »Für uns, Candi. Begreifst du das nicht?«, flehte sie. »Das Video war unser Ticket in eine andere Welt. Wir hätten einen großen Haufen Kohle gekriegt. Wir hätten fliehen können, du und ich – genauso, wie wir das besprochen hatten. Endlich standen wir mal auf der Gewinnerseite. Und dann komme ich nach Hause, und jemand hat dich ermordet, und …«
    »Die ganze Zeit, die ganzen Jahre, dachtest du …« Olivia brach es noch einmal das Herz. »Du hast gedacht, du bist schuld an meinem Tod.«
    Kimmy nickte.
    »Es tut mir so furchtbar Leid, Kimmy.«
    »Es hat so wehgetan, als ich gehört habe, dass du noch am Leben bist. Verstehst du das? Ich hab dich so geliebt.«
    Olivia begriff. Man trauert nicht nur um die Toten, sondern auch um sich selbst und um das, was hätte sein können. Man denkt an die beste Freundin, die einzige Person, mit der man seine Träume geteilt hat … man glaubt, man sei schuld an ihrem Tod. Man lebt zehn Jahre lang mit der Schuld, und dann erfährt man eines Tages, dass das alles eine Lüge war …
    »Wir können alles wieder ins Lot bringen«, sagte Olivia.
    Kimmy richtete sich auf. »Guck mich nur an.«
    »Ich will dir helfen.«
    Es klopfte an die Tür. »Aufmachen, Polizei!«
    »Ich habe zwei Menschen umgebracht«, sagte Kimmy zu Olivia. Dann lächelte sie – ein glückliches Lächeln, das Olivia wieder in die Realität zurückholte. »Guck dir mein Leben an. Jetzt bin ich an der Reihe. Jetzt komme ich hier endlich raus.«
    »Bitte, Kimmy …«
    Aber Kimmy richtete die Pistole auf den Boden und drückte ab. Nach einer kurzen Schrecksekunde wurde die Tür eingetreten. Kimmy fuhr herum und zielte auf die hereinstürmenden Polizisten. Olivia schrie: »Nein!«
    Dann ertönten mehrere Schüsse. Kimmy drehte sich ein letztes
Mal um – wie eine Marionette dieses Mal –, dann fiel sie zu Boden. Olivia sank auf die Knie und umfasste den Kopf ihrer Freundin mit beiden Händen. Sie legte ihre Lippen an Kimmys Ohr.
    »Bitte stirb

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