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Kein Friede den Toten

Kein Friede den Toten

Titel: Kein Friede den Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
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sah sich Jeopardy an. Sie sah sich die Quizshow fast jeden Tag an und hatte noch nie etwas richtig geraten.
    »Hey«, sagte Loren.
    »Die Wohnung ist ein Schweinestall«, sagte ihre Mutter.
    »Dann mach sauber. Oder noch besser, zieh aus.«
    Carmen hatte sich kürzlich von ihrem Ehemann Nummer vier getrennt. Ihre Mutter war eine sehr gut aussehende Frau – viel hübscher als ihre unscheinbare Tochter, die nach dem selbstmörderischen Vater geraten war. Sie war immer noch sexy, wenn auch auf eine liederliche Art. Ihr Körper erschlaffte langsam, trotzdem bekam sie bessere Dates als Loren. Männer liebten Carmen Valos Muse und so weiter.
    Carmen wandte sich wieder dem Fernseher zu und zog kräftig an ihrer Zigarette.
    Loren sagte: »Ich hab dir schon tausend Mal gesagt, dass du hier drinnen nicht rauchen sollst.«
    »Du rauchst doch auch.«
    »Nein, Ma, ich hab aufgehört.«
    Carmen richtete ihre großen braunen Augen auf sie und blinzelte aus Gewohnheit ein paar Mal verführerisch. »Du hast aufgehört?«
    »Ja.«
    »Ach hör auf. Zwei Monate? Das zählt nicht.«
    »Es sind schon fünf Monate.«
    »Trotzdem. Außerdem hast du hier drinnen doch auch geraucht, oder?«
    »Na und?«
    »Was soll das dann? Der Geruch hat sich schließlich nicht
verzogen oder so. Nicht so wie in diesen schicken Hotelzimmern für Nichtraucher, stimmt’s?«
    Ihre Mutter musterte sie abschätzig, taxierte sie wie so häufig und befand sie wie immer für unzureichend. Loren wartete auf den unvermeidlichen »Ich will dir doch nur helfen«-Schönheitstipp: Deine Frisur könnte etwas mehr Halt vertragen, du solltest was Engeres tragen, warum musst du wie ein Junge rumlaufen, schau dir doch mal die neuen Push-up-BHs von Victorias Secret an, ein bisschen Make-up bringt dich auch nicht um, kleine Frauen sollten nie ohne Absätze aus dem Haus gehen …
    Carmens Mund öffnete sich gerade, als das Telefon klingelte.
    »Merk dir, was du sagen willst«, sagte Loren.
    Sie nahm den Hörer ab.
    »Yo, Mini, c’est moi.«
    Moi war Eldon Teak, ein zweiundsechzigjähriger, weißer Großvater, der Rap-Musik hörte. Außerdem war Eldon der Gerichtsmediziner von Essex County.
    »Was gibt’s, Eldon?«
    »Du bearbeitest den Fall mit der Silikon-Schwester.«
    »Nennt ihr das so?«
    »Wenigstens bis uns war Komischeres einfällt. Mir gefiel Unsere Liebe Frau vom tiefen Tale oder zu den heiligen Hügeln, aber die anderen waren nicht so begeistert davon.«
    Sie massierte sich sanft mit Daumen und Zeigefinger die Augenlider. »Hast du Ergebnisse für mich?«
    »Hab ich.«
    »Zum Beispiel?«
    »Zum Beispiel war das kein Unfall.«
    »Sie wurde ermordet?«
    »Yep. Kissen überm Gesicht.«
    »Gott. Wie um alles in der Welt konnten die das übersehen?«

    »Wie um alles in der Welt konnte wer das übersehen?«
    »War anfangs nicht eine natürliche Todesursache bescheinigt worden?«
    »Ja.«
    »Tja, Eldon, genau das meine ich, wenn ich sage, wie um alles in der Welt konnten die das übersehen.«
    »Und ich habe dich gefragt, wen du meinst.«
    »Denjenigen, der sie zuerst untersucht hat.«
    »Sie ist nicht untersucht worden. Genau das ist das Problem.«
    »Wieso nicht?«
    »Das soll jetzt ein Witz sein, oder?«
    »Nein. Hätte das nicht gleich auffallen müssen?«
    »Du guckst zu viel Fernsehen. Es sterben täglich Zillionen Leute, ja? Frauen entdecken ihre Männer tot auf dem Boden. Glaubst du, wir obduzieren die? Glaubst du, wir gucken nach, ob das Mord gewesen sein könnte? Meistens wird die Polizei gar nicht erst benachrichtigt. Mein alter Herr hat vor zehn Jahren den Löffel abgegeben. Meine Mutter hat das Beerdigungsinstitut angerufen, ein Arzt hat den Totenschein ausgestellt, und dann haben sie ihn mitgenommen. Du weißt doch, dass das normalerweise so abläuft. In diesem Fall ist eine Nonne gestorben. Für jeden, der nicht genau weiß, wonach er gucken muss, sieht es wie ein natürlicher Tod aus. Wenn diese Oberin nichts gesagt hätte, wäre sie nie bei mir auf dem Tisch gelandet.«
    »Bist du sicher, dass es ein Kissen war?«
    »Yep. Das Kissen, das bei ihr im Zimmer lag, um genau zu sein. Sie hatte jede Menge von den Fasern im Rachen.«
    »Und unter den Fingernägeln?«
    »Die waren sauber.«
    »Ist das nicht ungewöhnlich?«
    »Kommt drauf an.«

    Loren schüttelte den Kopf und versuchte, das Gesagte zu verarbeiten. »Habt ihr sie identifizieren lassen?«
    »Wen?«
    »Das Opfer.«
    »Ich dachte, sie wäre Schwester Silikon oder so. Wieso sollten wir sie

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