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Kein ganzes Leben lang (German Edition)

Kein ganzes Leben lang (German Edition)

Titel: Kein ganzes Leben lang (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniela Benke
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Rachefeldzug“, versicherte sie.
    „Es wird in Christianos Interesse sein, sich professionell zu verhalten, da sein Ruf auf dem Spiel steht“, dachte Paul laut.
    Anna nickte zustimmend.
    „Das ist bestimmt nicht einfach für dich.“ Paul sah Anna an. Seine Gesichtszüge wurden sanft.
    Anna stand auf und stellte sich an das Geländer. Vor ihr breitete sich die nächtliche Stadt aus.
    Ein Lichtermeer.
    „Es ist der schwerste Moment in meinem Leben.“
    Paul trat neben sie und legte den Arm um ihre Schultern. Ein vertrautes Gefühl. Sie gab sich ihm hin und lehnte sich an.
    „Kennst du sie?“
    „Nein. Angeblich eine Barbekanntschaft.“
    „Glaubst du das?“
    „Ich will es glauben.“
     
    Zwei Flaschen Rotwein und viele gemeinsame Erinnerungen später hatten sie es sich auf dem Sofa gemütlich gemacht.
    „Ich sollte mir ein Taxi rufen“, sagte Paul mit einem Blick auf die Uhr.
    „Wenn du willst, kannst du hier übernachten“, bot Anna an.
    Er schüttelte den Kopf. „Besser nicht.“
    Sie sah ihn fragend an.
    „Ich bedauere bis heute, dass du mich damals mit dem Fernseher nach Hause geschickt hast.“
    Er grinste.
    Sie lachte. „Wirklich?“
    Er sah sie an. Etwas war anders in seinen Augen. Sie sehnte sich nach seiner Umarmung, nach einer Umarmung.
    Er zögerte, dann lächelte er.
    „Die Versuchung ist so gefährlich, weil sie dich unerwartet trifft.“
    Sie dachte nach.
    „Ist es das? Christiano war nicht wachsam, und sie überrumpelte ihn?“
    „Vielleicht. Oder die Versuchung erfasste sie beide unerwartet.“
    Er sah sie an. Die Luft knisterte. Anna spürte die Spannung körperlich. Sie sehnte sich danach, der Versuchung nachzugeben.
    „Ich will besser sein als sie“, flüsterte sie.
    „Rufst du mir ein Taxi?“, erwiderte er.
     
    Trotz fortgeschrittener Stunde und schwerem Kopf schaltete Anna den Computer ein, um ihre E-Mails einzusehen. Sie musste sich unbedingt ein Smartphone besorgen.
    Im Posteingang wartete eine E-Mail von Christiano. Ihr Herz begann zu klopfen.
    Sie war die Antwort auf ihr Memorandum.
    „Ausgezeichnet. Keine Änderungsvorschläge. Ich schicke das Memo an Bruna und kümmere mich um die Banken. C.“
    Das Lob traf sie unerwartet. Was musste es ihn gekostet haben, den Anwalt der Gegenseite zu loben, der zudem noch seine Ehefrau war? Sie unterdrückte den Impuls, ihn anzurufen. So leicht würde sie es ihm nicht machen. Aber es war ein Anfang.
    Leichten Herzens machte sie sich an die Arbeit. Sie musste relevante Daten aus den alten Sun-Equity-Anmeldungen herausfiltern.
    Es war sehr spät, als sie zufrieden ins Bett fiel.
     
    Lucrezia saß im Büro und unterdrückte ein Gähnen. Sie hatte diese Nacht kein Auge zugetan.
    Gegen drei Uhr morgens war die innere Unruhe unerträglich geworden. Ihre Gefühle reichten von Gleichmut bis zu Schwermut. Sie war aufgestanden und hatte sich einen Grappa eingeschenkt. Nach dem dritten war sie in einen bleischweren Schlaf gesunken.
    Jetzt brummte ihr Kopf, und es gelang ihr kaum, sich zu konzentrieren. Es klopfte, und kurz darauf stand Christiano im Büro. Er trat neben sie und sah ihr über die Schulter.
    „Wie weit bist du mit einem ersten Entwurf der Anmeldung?“
    Die Sehnsucht nach seinen Armen übermannte sie. Statt einer Antwort drehte sie sich um und schlang ihre Arme um seinen Hals. Sie spürte seine Distanz.
    „Lucrezia, dies ist ein wichtiges Mandat.“ Er befreite sich aus ihrer Umarmung.
    Lucrezia rutschte das Herz in die Hose. Doch sie riss sich zusammen.
    „Ich bin schon weit gekommen“, log sie.
    „Gut, bis morgen früh möchte ich es auf meinem Schreibtisch haben.“ Er wandte sich ab und verließ ohne ein weiteres Wort das Büro. Lucrezia gelang es nicht mehr, sich an diesem Tag zu konzentrieren. Am frühen Abend schlich sie sich aus dem Büro.
     
    Zu Hause stieg sie die knarrenden Holzstiegen zu ihrem Schlafzimmer hinauf. Sie bürstete ihre langen schwarzen Haare vor dem Frisiertisch und dachte an Christianos E-Mail. Sie lachte bitter. Er hatte angebissen. Anna hatte es geschafft. Er würde zu ihr zurückkommen. Sie stand auf und schob den schweren lila Samtvorhang zur Seite. Sie sah auf den Kanal.
    Heute hatte ihre Mutter eine Nachricht auf ihrem Anrufbeantworter hinterlassen. Sie hatte keine Lust, sie zurückzurufen. Das Gespräch hätte nur in lauter Vorwürfen geendet.
    Seit zwei Jahren war sie nicht mehr zu Hause gewesen. Jedes Weihnachten schob sie ihre Arbeit vor. Es war beleidigend für ihre Eltern. Ihr

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