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Kein Job fuer schwache Nerven

Kein Job fuer schwache Nerven

Titel: Kein Job fuer schwache Nerven Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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Wohnung anstellen?
    Die Hausmeisterin öffnete die Tür. Es roch zwar nicht nach Leiche, aber es roch nicht viel besser. Es war eine Mischung aus Müll, vergoren, säuerlich, leicht nach Erbrochenem. Und dazu roch es nach Fäkalien. Und zwar nicht wie in einer Toilette, in der man einfach mal das Fenster aufmachen sollte. Das hier war vom Kaliber Kläranlage, und damit meine ich auch nicht die Kategorie Klärbecken, an dem man bei Ausflügen gelegentlich mit dem Fahrrad vorbeifährt, sondern hier meine ich wirklich die Zentrale. Fest stand: Von den Katzen konnte es nicht kommen.
    Denn das Erste, was einem im Flur ins Auge fiel, war eine Katzenkiste. Die Kiste war seit Wochen nicht mehr geleert worden, da hatte die verzweifelte Katze scharren können wie sie wollte, da ließ sich nichts mehr verbuddeln. Die einzige Wirkung war, dass der Katzensand rings um die Kiste auf den Terrakottafliesen lag, und so, wie es aussah, auch das schon seit Wochen. Es knirschte bei jedem Schritt, und wer immer hier gewohnt hatte, war gleichmütig durch den verkackten Sand gelaufen wie über einen dreckigen Strand. Aber das Katzenklo war nicht für den Gestank verantwortlich. Es roch nach einer heruntergekommenen Tierhandlung, nach Katzenurin, aber nicht nach Katzenkot. Der Gestank kam eindeutig aus dem kleinen Badezimmer links vom Flur.
    Und dort eindeutig aus der Badewanne.
    Nicht, dass man die Toilette hätte ausschließen können. Die Toilette war funktionsfähig, aber die Schüssel sah aus, als hätte man sie ausschließlich aus einer Sitzhöhe von zwei bis drei Metern verwendet. Die Spülung war zuletzt überhaupt nicht mehr benutzt worden, genauso wenig eine Toilettenbürste. Und trotzdem: Der Gestank kam aus der Badewanne. Jetzt wird jeder wahrscheinlich denken: Der Notar hat mit dem Mädchen Schluss gemacht, das Mädchen ist sauer und vielleicht betrunken und hinterlässt deshalb in der Wohnung ein paar Sauereien. Aber nach einem Blick in die Wanne schied diese Variante völlig aus: Die Wanne war voll Kot. Eine gleichmäßige Schicht, hellbraun, die Oberfläche eingetrocknet, schätzungsweise etwa 20 Zentimeter tief. Da reichte kein Wutanfall, selbst wenn die junge Dame 120 Kilo gewogen hätte – für diese Mengen hätte sie sich noch zusätzliches Material anliefern lassen müssen.
    Zumal diese Füllung noch lange nicht die ganze Bescherung war. Die Wannenwand war in ihrer kompletten Höhe rundum dick verschmutzt, als hätte man die Fäkalien mit einer Kelle aufgetragen. Außen liefen immer wieder Schlieren über die weißen Fliesen. Und auch auf dem Wannenrand lagen einige größere Häufchen. Inmitten der Exkremente am Wannenrand standen Shampooflaschen. Mitten im Kot in der Wanne steckte ein Creme-Eimerchen von einer namhaften Kosmetikmarke und daneben ein elektrischer Massagestab. Und über alles zog sich eine Schicht aus schwarzen Punkten, wie auf einer Mohnsemmel: Das waren tote Fliegen.
    Auf dem Boden lag der Duschvorhang, der noch vor sechs Monaten nagelneu gewesen war, daneben waren verschiedene leere Colaflaschen und etwas, das sich wie ein roter Faden durch die gesamte Wohnung ziehen sollte: eine stabile Einkaufstasche, wie man sie in Markensupermärkten bekommt, die Sorte, die eine Nummer strapazierfähiger ist als die üblichen Plastiktüten, so ein bisschen in Stoff-Optik. Die Tasche war prall gefüllt, fast schon ausgestopft, mit Kleidungsstücken, Küchenpapier und Kot. Weitere leere Taschen derselben Sorte lagen zwischen Toilettenschüssel und Badewanne auf einem Haufen, sodass man nicht wusste, ob sie hätten weggeworfen werden sollen oder erst noch befüllt.
    Ich überlegte kurz, wo ich die Besichtigung fortsetzen sollte. In einer Nische im Flur stand ein neuer, unbenutzter Staubsauger zwischen einer Schinkenverpackung, Klamottenfetzen, weiterem Katzensand, einem fast neuen iPod und einer Sprühdose » Febreze« sowie zweier dieser Raumduftverteiler. Man roch nichts von ihnen, und das war wohl noch das Beste daran – den künstlichen Industrieduft hätte ich in dieser Schaudermischung nicht auch noch haben müssen. Eine Tür führte in die Küche, je eine ins Wohn- und ins Schlafzimmer. Ich ging ins Schlafzimmer.
    Das Zimmer roch genauso wie alle anderen, aber es sah noch am ehesten so aus, als wäre hier jemand ausgezogen. Es gab kein Bett mehr, dafür einen schwarzen Kunstlederstuhl. Auf der einen Seite des Zimmers lag ein großer Haufen Klamotten, Teelichter, wieder eine der stabilen vollgepackten

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