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Kein Kanadier ist auch keine Lösung

Kein Kanadier ist auch keine Lösung

Titel: Kein Kanadier ist auch keine Lösung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Fraser
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Seltsam, dass hier keine hölzernen Sitzgelegenheiten zu finden waren. Sie lehnte sich an den sonnenwarmen Felsen und schloss die Augen. Plötzlich knurrte ihr Magen unhöflich laut. John wandte ihr sein Gesicht zu, in dem inzwischen eine nervtötende Gleichgültigkeit den Ernst ersetzt hatte.
    „ Jetzt bist du also doch hungrig“, sagte er und ließ es wie einen Vorwurf klingen.
    Sandra schüttelte den Kopf. Idiot!
    „ Ich werde es überleben“, sagte sie schnippisch.
    „ Fein!“, rief er, der Gleichgültigkeit beraubt, ging zum Wagen und kam mit einer blauen Isomatte zurück.
    Er breitete sie aus und legte sie auf die staubige hellbraune Erde. In einer elegant fließenden Bewegung ließ er sich darauf nieder und bedeutete ihr, sich neben ihn zu setzen. Sandra zögerte.
    „ Ich werde nicht über dich herfallen, du kannst dich ruhig in meine Nähe trauen.“
    Na klar, zähle auf ihn, das Peinliche auszusprechen. Die Möglichkeit, sie könne über ihn herfallen, kam ihm offenbar nicht in den Sinn.
    „ Danke, ich stehe lieber“, sagte sie matt, obwohl Hunger und Müdigkeit ihr etwas anderes rieten.
    Sie litt noch unter den Auswirkungen der Zeitverschiebung. John antwortete nichts und richtete seinen Blick wieder in die Ferne. Es vergingen lange Minuten, bis sie schließlich nachgab und sich neben ihm niederließ. Sie versuchte, ihn nicht zu berühren, und hoffte, er würde den Mund halten. Er hielt den Mund. Für mindestens eine Stunde, in der sie sich längst nach hinten auf ihre Ellenbogen gestützt hatte und mit dem Einschlafen kämpfte. Nur wenige Vögel zwitscherten und die Sonne brannte angenehm auf ihrer Haut, gefiltert durch die herabhängenden Äste eines Baumes hinter dem Felsen. Was für ein herrlicher Frieden. Sie war ein Stadtmensch und hatte nie mehr als einen kurzen Touristenblick für die Natur übrig gehabt. Wälder und Felder waren für sie lediglich Verzögerungen, möglichst schnell in die nächste Stadt zu gelangen. Doch hier fühlte sie sich wohl. Die nur von Naturgeräuschen und ihrem gelegentlichen Magenknurren durchbrochene Stille war meditativ. Der Wind kam von der Seite, auf der John saß, sodass sie ständig von seinem Duft umweht war. Verwirrt gestand sie sich ein, noch niemals einen Geruch so genossen zu haben. Eingehüllt in seine stille und doch dominante Anwesenheit hätte sie Tage an diesem Ort verbringen können.
    Ein Summen an ihrem Ohr holte sie aus den schläfrigen Gedanken. Sie schlug danach.
    „ Es geht auf den Abend zu“, sagte John mit entspannter, sanft vibrierender Stimme. „Die Moskitos suchen sich ihre Opfer.“
    „ Moskitos?“
    Mit einem Satz war sie auf den Beinen. Die Luft schien plötzlich zu flimmern von schwarzen Insekten. Schon fühlte sie die Stiche an den nackten Armen.
    „ Verdammt!“, fluchte sie und schlug wild um sich.
    „ Das war’s dann wohl“, murmelte John und erhob sich ebenfalls. „Nimm dich vor den Schwarzen in Acht. Das sind Blackflies, die stechen nicht, sondern reißen ein Stück Haut heraus. Das ist weit unangenehmer als ein Mückenstich.“
    Sandra blickte hektisch um sich, um herauszufinden, von was genau sie angegriffen wurde. Wie kleine Fliegen sah es nicht aus. Eindeutig Mücken.
    John rollte die Matte zusammen und legte sie hinten ins Auto. Sie kletterten in den Wagen und schlossen die Fenster. Ein paar Insekten hatten es sich bereits drinnen gemütlich gemacht und John begann sie der Reihe nach zu erlegen.
    „ Mein Gott, das ist ja eine ganze Armada“, bemerkte sie verdrossen.
    „ Das ist ganz normal auf dem Land.“
    Schließlich startete John den Motor. Zumindest versuchte er es. Der Wagen gab keinen Ton von sich. John schlug mit der Hand auf das Lenkrad.
    „ Verdammte Batterie!“
    Sandra schnaubte. „Soll das heißen, du fährst mit mir in die Wildnis mit einem Wagen, von dem du weißt, dass er Probleme mit der Batterie hat?“
    Er funkelte sie böse an.
    „ Lady, diesen Mist kann ich im Moment nicht gebrauchen.“
    „ Ich auch nicht“, rief sie. „Ich kann es auch nicht gebrauchen, mit einem geilen Lüstling in der Wildnis festzusitzen.“
    Seine Augen wurden zu Schlitzen. Seine Lippen schlossen sich an.
    „ Keine Sorge, den geilen Lüstling hast du bereits erfolgreich abgekühlt.“
    Etwas Alarmierendes in diesem Blick ließ sie verstummen. John sprang aus dem Wagen und öffnete die Motorhaube. Sandra rutschte auf seinen Sitz.
    „ Mach wenigstens die Tür zu, Idiot!“
    Mit einem Ruck zog sie dieselbe zu.

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