Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kein Kanadier ist auch keine Lösung

Kein Kanadier ist auch keine Lösung

Titel: Kein Kanadier ist auch keine Lösung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Fraser
Vom Netzwerk:
langsam dunkel wurde, erkundigte sie sich, was er unter „in der Nähe“ verstand. Sie hatten sich durch Gebüsch geschlagen, welches antike Trampelpfade zurückerobert hatte, sich ständig gegenseitig eine runtergehauen, um die Moskitos kurz vor dem Zustechen zu erledigen, den Proviant aufgegessen und sehr wenig miteinander gesprochen. John hatte etwas von „nur ein paar Kilometer“ gemurmelt. Ein paar Kilometer! Sie war es gewöhnt, höchstens ein paar Meter zu gehen, ohne ein fahrbares Hilfsmittel. Ihre Oberschenkel glühten, die zwar leichte, doch unhandliche Isomatte ging ihr auf die Nerven und die Moskitos piesackten sie. An jedem steileren Hügel schob John eine Hand unter ihren Po und schob nach.
    „ Komm schon, alte Frau. Siehst du die Schnecke da? Sie hat dich eben überholt.“
    Er ließ ein weiches Lachen hören und amüsierte sich köstlich über ihr Stöhnen. „Stadtmenschen“, war noch der freundlichste Kommentar den sie zu hören bekam. Sie gönnte ihm den Triumph, zu müde, um sich mit ihm anzulegen. Sie konzentrierte sich ganz auf ihre letzten Kräfte und bewunderte John, der sich durch die Natur bewegte wie ein wahrer Indianer, katzenhaft, elegant und flink. Während sie tollpatschig wirkte, wenn sie einem plötzlich heranschnellenden Ast auswich, tanzte er geradezu um das Hindernis herum. Sie stampfte durch die Natur, während er zu schweben schien. Sie trampelte alles nieder, während er keine Spuren hinterließ. Außerdem war er nicht einmal außer Atem, während sie keuchte, als hätte man ihr die Lungen entfernt. Obwohl sie manchmal ins Fitness-Studio ging und sich nicht für untrainiert hielt, musste sie gestehen, mit Winnetou nicht mithalten zu können. Außerdem hegte sie den Verdacht, er lege mit Absicht ein scharfes Tempo vor, um sie herauszufordern. Völlig am Ende mit den Kräften wollte sie eben protestieren, als John abrupt stoppte und sie gegen ihn prallte. Sie gab einen Laut von sich, als die letzte Luft aus ihren Lungen entwich. Sie hustete und dachte, sie müsste sich übergeben.
    „ Ich glaube, ich habe ein Moskito eingeatmet“, brachte sie mühsam hervor.
    John lachte.
    „ Herzlichen Glückwunsch. Da hast du grade noch ein bisschen Fleisch erwischt, bevor es ganz dunkel ist. Dann ist es nämlich schwerer, eins zu ergattern. Sie sind am schlimmsten in der Dämmerung.“
    Sandra fand das gar nicht lustig, sie hätte sich nun fast wirklich übergeben bei dem Gedanken, ein Moskito verspeist zu haben.
    „ Psst“, machte John, und hielt sie am Arm fest.
    Sie versuchte leiser zu husten.
    „ Da vorn sind ein paar Hütten. Aber wir sind besser vorsichtig, solange wir nicht wissen, wer da haust.“
    „ Wieso? Du sagtest doch, das sind Ferienhäuser.“
    „ Ja, dachte ich. Aber die sehen ziemlich abgewrackt aus, findest du nicht?“
    Sie betrachtete die drei Hütten unter den Bäumen. Sie machten in der Tat einen verlassenen und ungepflegten Eindruck. Unrat lag davor und das Holz benötigte einen Anstrich.
    „ Und? Ich verstehe immer noch nicht“, sagte sie begriffsstutzig und erschöpft.
    „ Es könnten illegale Jäger sein. Und diese Leute können ziemlich ungemütlich werden.“
    Du lieber Gott. Und bewaffnet waren Jäger im Allgemeinen auch. Ihr Magen krampfte sich zusammen, und es hatte nichts mit Hunger zu tun. Sie hatte Mühe Johns Gesicht zu erkennen, es war nichts weiter als eine graue Kontur.
    „ Und was machen wir jetzt?“, fragte sie ängstlich.
    John antwortete nicht gleich, was ihr Sorgen bereitete. Wo war seine Schlagfertigkeit geblieben? Es konnte nichts Gutes bedeuten.
    „ Du wartest hier. Versteck dich hinter dem Bretterhaufen dort drüben. Ich gehe nachsehen und frage nach einem Telefon, wenn alles klar geht.“
    Ihre Augen weiteten sich.
    „ Was meinst du, mit wenn alles klar geht? Und wenn es nicht klar geht? Was soll ich dann tun?“ Sie konnte erahnen, dass John sich am Kopf kratzte.
    „ Lass mich nur machen, Süße, ich hol dich, wenn die Luft rein ist.“
    Er drückte ihr die Taschenlampe in die Hand und küsste sie schnell auf den Mund. Dann verschwand der Held lautlos in der Finsternis.
     
    Sandra saß auf der Isomatte und spähte in die Dunkelheit. Ein Kichern drohte sie zu überwältigen, die Situation war absurd. Was machte sie hier eigentlich? Warum hatte John sie nicht einfach mitgenommen? Sie kam sich vor wie in einem schlechten Film.
    Sie konnte Licht in einer der Hütten erkennen und murmelnde Stimmen hören. Warum kam John nicht

Weitere Kostenlose Bücher