Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kein Kanadier ist auch keine Lösung

Kein Kanadier ist auch keine Lösung

Titel: Kein Kanadier ist auch keine Lösung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Fraser
Vom Netzwerk:
zu lächeln.
    „ Für Fälle wie diese habe ich meinen Leatherman dabei. Du siehst, in Kanada kann das nützlich sein.“ Er öffnete den Knopf eines länglichen Lederetuis, das an seinem Gürtel befestigt war. Sandra hatte es nicht einmal an ihm bemerkt. Hervor kam ein metallenes zusammengeklapptes Werkzeug. Mehrere Messer verbargen sich darin, eine Zange und ein Schraubenzieher. „Das Ding kommt in vielen Situationen zum Einsatz. Ich trage es im Privatleben eigentlich immer mit mir herum.“
    „ Gott, wie praktisch!“
    Johns Gene arbeiteten ganz wie Gudrun es beschrieben hatte. Sein Ego schlug Purzelbäume, in dem Versuch ihr zu zeigen, was für ein moderner Neandertaler er doch war und wie gut er sich um sein Weibchen kümmern konnte. Nun hatten sie sogar etwas dabei, um den Hasen aufzuschneiden. Reflexartig rümpfte sie die Nase bei diesem Gedanken.
    „ Darf ich dich bitten den Hasen woanders zu häuten und auszunehmen? Ich glaube, ich kann da nicht zusehen. Mir ist jetzt schon ganz schlecht.“
    „ Das habe ich mir schon gedacht, Süße.“ Er zwinkerte ihr zu, und sie dachte wieder: Macho!
    Aber dennoch musste sie zugeben, dass er recht hatte. In dieser Situation war sie wirklich ein schwaches Weib und er der starke Ur-Mann. Interessanterweise hatte sie diesen Teil von sich noch nicht gekannt. Sie schämte sich ein bisschen dafür, denn sie hatte sich für stärker gehalten. Es war erschreckend zu sehen, dass selbst eine Ur-Frau bessere Überlebensfähigkeiten gehabt haben musste als sie, ein modernes, aufgeklärtes, gut informiertes weibliches Wesen der Neuzeit. Spontan beschloss sie, nie wieder herumzujammern.
     
    John war weiter den Fluss hinabgelaufen und erledigte den blutigen Teil im abfließenden Wasser stehend. Dazu hatte er seine Jeans ausgezogen und Sandra konnte ihn nun in engen schwarzen Boxerunterhosen bewundern. Stramme Schenkel erinnerten sie daran, wie gut ihr Begleiter aussah und wie gerne er sie vernaschen würde. Doch seine vorsichtigen Bewegungen machten auch klar, dass er Schmerzen hatte. Fast hatte sie es vergessen, denn er verzichtete auf Jammern und Klagen. Sie überlegte, wie Herr Bode sich wohl an seiner Stelle verhalten hätte. Wahrscheinlich hätte sie ihn durch die Wildnis tragen müssen. Aber vielleicht war das nicht ganz fair. Manchmal zeigten Männer in extremen Situationen ganz neue Seiten.
    Eine große Libelle sauste über das Wasser und Moskitos summten um Sandra herum. Es fühlte sich alles so friedlich an. Fast wie im Urlaub. Die panische Angst hatte sich in einen Winkel ihres Seins zurückgezogen und belästigte sie im Moment nicht.
    Sie kratzte sich an einem Stich am Arm und sah zu, wie John wieder in seine Jeans stieg. Für einen kurzen Augenblick hielt er inne und sein Blick sandte ihr die Frage, ob er die Hose nicht doch lieber auslassen solle. Sie lachte auf und winkte ab. Er schmunzelte sein Verführerlächeln und zog sich fertig an. Dann legte er den kochfertigen Hasen in die Glut des Feuers. Es war nun fast vollständig dunkel, aber der Feuerschein erhellte Johns Züge, warf flackernde Schatten über den ganzen Mann. Trotz des Ernstes ihrer Lage spürte Sandra den Hauch von Romantik über allem liegen.
    „ Ich finde es unglaublich, dass du für den Hasen nur einen Schuss gebraucht hast, ganz abgesehen davon, ihn überhaupt aufzuspüren.“
    „ Ich bin ein guter Spurenleser. Jahrelanges Training.“
    „ Trotzdem, enorm beeindruckend.“
    Er lächelte sie kurz an, sagte aber nichts dazu.
    „ Wie lange wird das mit dem Essen dauern?“
    „ Eine Stunde bestimmt. Schlaf mir nicht vorher ein, bitte. Bei all der Mühe hätte ich gern, dass du meine Outdoor-Kochkünste bewunderst und mich weiterhin absolut toll findest.“
    Sie konnte nicht umhin zu lächeln. „Das Verrückte ist, ich finde dich tatsächlich toll.“
    „ Und warum ist das verrückt?“
    „ Weil es zu nichts führt.“
    Der Ernst in ihrer Stimme hielt ihn davon ab, einen Scherz zu machen. Er stocherte im Feuer herum, ließ Funken auffliegen und schwieg. Sandra lag auf der Isomatte, den Blick ins Feuer gerichtet. John saß auf dem ausgebreiteten Schlafsack und schien seinen Gedanken zu lauschen. Plötzlich zitterte sie, von einem kalten Wind am Rücken gestreift.
    „ Lass uns das Lager umarrangieren“, sagte John im Aufstehen.
    Schon wieder hatte er sie gelesen wie ein Buch. Seltsam, wie gut er das konnte. Sandras Männer waren alle mehr oder weniger unsensible Brocken gewesen, denen man

Weitere Kostenlose Bücher