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Kein Kanadier ist auch keine Lösung

Kein Kanadier ist auch keine Lösung

Titel: Kein Kanadier ist auch keine Lösung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Fraser
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verheiratet bin und fünf Kinder habe.“
    Sie hob den Kopf.
    „ Ausgerechnet du? Ein Heiliger? Das ist wirklich zu komisch. Aber dass mit dir was nicht stimmt, da hat sie recht.“
    Sandra hoffte, der Moment war gekommen über seine Heiratsaversion zu sprechen, doch zu ihrer Enttäuschung sprang er nicht darauf an, sondern begann sie zu kitzeln. Aus dem Kitzeln wurde Streicheln und es endete in geräuscharmem Sex.
     
    Am nächsten Morgen wurden sie von Grants lautem Singen in der Küche geweckt.
    Sandra drehte sich auf den Rücken.
    „ Was zum Teufel macht er an einem Sonntag um sechs in der Küche?“
    John lag auf dem Bauch und nahm sein Kissen von seinem Kopf.
    „ Er bereitet den Truthahn vor. Der Vogel braucht den halben Tag, um weich zu werden.“
    „ Ach so. Daran hab ich gar nicht gedacht. Heißt das, dass wir jetzt auch aufstehen müssen?“
    Er drehte sich um und zog Sandra an sich.
    „ Nein. Dad kocht seit meiner Kindheit den Truthahn allein. Das gehört alles zum Ritual. Mom bereitet später die Beilagen zu. Entspann dich. Wir lassen uns heute mal bedienen.“ Er kuschelte sich zwischen ihre Brüste. „Ich wünschte nur, er würde aufhören zu singen.“
     
    Der Truthahn stand dampfend auf dem Tisch und alle blickten erwartungsvoll auf Grant, der die Ehre hatte, den Vogel zu zerteilen. Sandra wurden Schüsseln gereicht und sie griff zu. Sie nahm sich etwas tief Oranges, etwas blass Weißes und etwas Rotes.
    „ Das Orange sind Yams“, erklärte John.
    Sie probierte die kleinen Stückchen. Ein milder, weicher und sehr süßer Geschmack kitzelte ihre Zunge.
    „ Mmm, das ist aber gut.“
    „ Und das Weiße sind Süßkartoffeln.“
    Sandra probierte davon. Sie waren noch süßer als die Yams, brachten aber noch einen anderen Geschmack mit, den sie nicht benennen konnte. Sehr lecker. Zusammen mit dem Truthahnfleisch eine Delikatesse.
    „ Vergiss nicht die Cranberry- und die Bratensoße“, mahnte Elizabeth.
    Auf Sandras Teller war schon fast kein Platz mehr, aber sie gehorchte artig.
    „ Und das Stuffing!“, rief Grant.
    Er reichte ihr eine Schüssel mit einem merkwürdig gelb und braun aussehenden Etwas. Bayerische Semmelknödel, vom Hund zerfetzt. Es schmeckte in der Tat wie Semmelknödel, nur intensiv mit Weihnachtsgewürzen aufgepeppt. Sie konnte gar nicht genug davon bekommen. Es war etwas schwierig, Fleisch, Stuffing, Yams, Süßkartoffeln und zwei Soßen auf eine Gabel zu bekommen, aber wenn es ihr gelang, explodierte ein köstlicher Geschmack in ihrem Mund. Für den gereichten Yorkshire-Pudding, ein Brötchen, ähnlich den deutschen Königinnenpasteten, war einfach kein Platz mehr. Sandra verstand nun, warum sich dieses traditionelle Essen so großer Beliebtheit erfreute. Sie hatte kaum je besser gegessen.
    „ John, wann lässt du dir endlich die Haare schneiden?“, fragte Elizabeth ihren Sohn, der sich grinsend eine Locke hinters Ohr schob.
    „ Niemals. Sandra mag es so.“
    Elizabeth starrte sie ungläubig an. „Wirklich?“
    Sandra nickte. „Er sieht aus wie ein wilder Highlander. Ich finde es ungeheuer romantisch.“
    „ Romantisch! Ich finde, er sieht aus wie ein alternder Hippie. Aber na gut. Genießt es, solange dieser Zustand anhält.“
    Grant schmunzelte. „In unserem Alter ist Romantik, wenn man es schafft, ins Bett zu klettern.“
    „ Und nicht nach zwei Sekunden zu schnarchen anfängt“, ergänzte Elizabeth.
    John und Sandra lachten und warfen sich einen Blick zu. In Sandras Gedanken sah sie sich und John eines Tages solche Witze machen, als altes Ehepaar. In diesem Sinne verlief der Abend, locker und entspannt, und Sandra fühlte sich wohl. Am nächsten Tag reisten die beiden ab und sie war wieder mit John allein. Sie verbrachten den Tag damit, ihren Kater auszuschlafen und das Essen zu verdauen.
     
    Man hatte ihr ein eigenes Büro zugewiesen, mit großen Fenstern und Blick über Vancouver. Die Arbeit machte Spaß, auch wenn John manchmal stur reagierte, wenn es um eine neue Idee ging. Sie lernte die Regeln des kanadischen Geschäftslebens, das sich nur in punkto Höflichkeit von dem deutschen stark unterschied. Bevor man einem kanadischen Kunden etwas verkaufte, musste man ihn zunächst auf persönlicher Ebene gewinnen. Wie geht es Ihrer Frau? Was macht das Golf spielen? Geht die Tochter schon aufs College? Manchmal war es anstrengend, besonders in Sitzungen. Es wurde unendlich viel am Thema vorbei gesprochen und Sandra konnte ihre Ungeduld, auf das Geschäftliche

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