Kein Kanadier ist auch keine Lösung
mehr zählen, wie oft er diese Unterhaltung mit Frauen geführt hatte. Meist war das dann das Ende. Schade, er hatte gehofft mit Sandra würde es etwas länger dauern, bis er diesen unausweichlichen Punkt erreichte.
„ Du willst mir also sagen“, begann sie langsam „dass du ohne ein Heiratsversprechen nicht treu bist?“
„ Das ist ein bisschen krass ausgedrückt, aber im Prinzip hast du recht. Hey, du wolltest Ehrlichkeit. Ich habe die bittere Erfahrung gemacht, dass Frauen zwar Ehrlichkeit verlangen, aber dann mit der Wahrheit nicht leben können. Ich kann nicht glauben, dass mir das schon wieder passiert.“
Er hatte seine Stimme leicht erhoben, was Sandra wütend machte.
„ Nun komm mir nicht so. Ich bin es, die verletzt wurde, spar dir dein Selbstmitleid.“
Er stutzte.
„ Du bist verletzt?“
„ Nein, ich weine nur so zum Spaß.“
„ Weinen allein bedeutet noch gar nichts bei Frauen.“
„ Bei mir schon. Ich bin normalerweise keine Heulsuse.“
Das stimmte. Ihre Stärke war eines der Dinge, die ihn magisch anzogen.
„ Hör zu, Honey, ich wollte dich nicht verletzen. Es tut mir ehrlich leid. Was kann ich tun, um es wieder gut zu machen? 24 Stunden heißen Sex in exotischen Stellungen?“
„ Das ist kein Spaß, John.“
„ Das mit dem Sex war kein Spaß.“
„ Ich möchte sicher sein, was ich hier mache. Warum soll ich bleiben, in einem fremden Land, fern der Familie, wenn du mich nicht liebst?“
Da, nun hatte sie das L-Wort ausgesprochen. John hob alarmiert die Brauen.
„ Ich weiß nicht, was du meinst. Ich liebe dich doch.“
Sandra lachte auf, doch es klang nicht humorvoll.
„ Und warum hast du mir das noch nie gesagt? Nicht mal in den romantischsten Momenten?“
„ Ich dachte, du spürst es.“
Sandra wurde still. Leise sprach sie ihre nächsten Worte.
„ Ich dachte auch, ich spüre es. Aber als ich dich heute mit Connie sah, fiel mir auf, dass du es noch nie gesagt hast.“
„ Du auch nicht“, konterte er in beleidigtem Ton.
Sie sah ihn herausfordernd an und sagte nichts. Er hob kapitulierend die Hände.
„ Okay, okay, erwischt. Vielleicht ist es an der Zeit, dir zu sagen ... ich habe ein Problem damit. Ich weiß, dass ich dich liebe, aber es ist dir wahrscheinlich nicht genug. Ich liebte alle Frauen, die ich hatte. Du meinst sicher diese alles verschlingende, glühende Liebe aus Romanen. Ich habe so etwas noch nie empfunden. Gibt es das überhaupt? Mein Gott, ich dachte, ich versuche es mit dir, ich dachte, vielleicht wächst diese Art der Liebe zwischen uns, denn ich habe mich noch nie so wohl gefühlt mit irgendeiner anderen Frau. Du bist die Erste, mit der ich zusammenleben kann. Zählt das gar nichts? Das ist doch etwas Besonderes, oder?“
Sandra dachte, sie müsse sich längst aufgelöst haben, bei all den Tränen die ihr übers Gesicht liefen. Sie konnte diese Unterhaltung nicht länger ertragen. Sie entschuldigte sich und ging nach oben, einen verwirrten John zurücklassend.
Im Schlafzimmer warf sie sich auf das Bett und betrachtete die Holzdecke. Er liebte sie nicht. Jedenfalls nicht mehr als jede andere Bettgespielin zuvor. Was hatte sie sich nur vorgemacht? Sie würde noch heute packen. Für Halbseidenes war sie sich zu schade. Seine Briefe, die langen Telefonate, all das hatte sie überzeugt, mehr für ihn zu sein als nur eine neue Eroberung. Die Enttäuschung brannte ihr das Herz aus der Brust. Alles war so perfekt gewesen. Warum hatte er sich nicht in sie verliebt? Warum wollte er nicht treu sein? Warum ihr nicht das verdammte Heiratsversprechen geben? War es ihre Schuld? War sie nicht gut genug für ihn? Reichte sie ihm nicht? War sie noch immer zu unweiblich? Endlich lief ein Mann einmal nicht davon, doch verliebt hatte er sich nicht in sie. Was war das nur für ein blödes Spiel? Was zum Henker wollten die Männer eigentlich?
Sie fand keine Antworten. Wie in Trance erhob sie sich und begann zu packen. Es hatte keinen Sinn sich noch weiter zu quälen. Wieder einmal würde sie allein sein, auf der Suche nach der perfekten Beziehung. Sie hatte den Glauben daran noch nicht verloren. Irgendwo da draußen war er und sie würde ihn finden. Ein Mann, mit dem sie so harmonisch leben konnte wie mit John, der aber zusätzlich noch unsterblich in sie verliebt war. War das zu viel verlangt?
Sie packte ihr Herz metaphorisch in eine Stahlhülle um es vor weiteren Verletzungen zu schützen. Im Badezimmerspiegel überprüfte sie ihre Augen. Kein
Weitere Kostenlose Bücher