Kein Kanadier ist auch keine Lösung
Diesmal nicht. Okay, dachte er, warten wir ab, was zu Hause passiert.
Sandra setzte sich auf die Couch und wartete darauf, dass John mit seinem Bier aus der Küche kam und Anstalten machte mit ihr zu sprechen. Er schien ärgerlich zu sein über ihr Schweigen, sagte jedoch keinen Ton. Das Ganze war albern, aber sie traute sich nicht zu beginnen, denn sie hatte Angst in Tränen auszubrechen. Wo kam das nur her? Bisher hatte sie noch immer einem Mann die Meinung sagen können. Doch diesmal war sie tief verletzt. Wann hatte sich John unbemerkt so weit in ihr Herz geschlichen und all ihre Verteidigungsmechanismen außer Kraft gesetzt? Dieser wichtige Moment war ihr völlig entgangen. Zum Teufel mit der Weiblichkeit. Sie war mit ihrem Herzen besser zurecht gekommen, als es noch von ihrer scharfen Zunge beschützt wurde.
John sah sie auf der Couch sitzen. Wenigstes hatte sie sich nicht schmollend im Schlafzimmer eingeschlossen, was er erwartet hatte. Alles bittere Erfahrung. Er setzte sich vor sie in einen Sessel und sah sie an. Sie wirkte nicht wütend, eher traurig. Der Anblick stach in sein Herz wie ein Dolch. Überrumpelt von seinen eigenen Gefühlen machte er ein „tse“- Geräusch. Das brachte ihm ihre Aufmerksamkeit. Übergroße Augen sahen ihn an, als wenn der Hund gestorben wäre.
„ Um Himmels Willen, Sandra, sprich mit mir. Was ist los mit dir? Ist irgendwas passiert?“
„ Das könnte man so nennen“, sagte sie mit wackeliger Stimme.
Oh nein, bitte nicht weinen, dachte John. Er stand weinenden Frauen mit gemischten Gefühlen gegenüber. Einerseits sah er, wie sie es schamlos als Waffe einsetzten, mit dem Ziel, einen Mann wie einen Scheißkerl aussehen zu lassen, andererseits rührte es seinen Beschützerinstinkt. So oder so, es war ihm unangenehm. Abwartend starrte er sie an. Sie seufzte tief und klebte ihren Blick an ein Gemälde über dem Kamin.
„ Ich habe dich mit Connie gesehen.“
John war verblüfft. Was war daran so besonders?
„ Ja und? Du siehst uns täglich zusammen. Ich verstehe nicht, bitte sei etwas präziser.“
Sie sah ihn noch immer nicht an.
„ Du hast sie geküsst und geneckt.“
Einen Moment lang herrschte Schweigen. Johns Gedanken rasten, versuchten den Tag zu rekonstruieren. Ach ja richtig, da war es, eine dumpfe Erinnerung. Er hatte mit Connie gescherzt und ihr abschließend einen Schmatz aufgedrückt oder so. Er erinnerte sich nicht mehr genau.
„ Aber Honey, ich kenne sie schon lange, das war rein freundschaftlich. Ich kann mich nicht mal mehr genau daran erinnern.“
Ihr Blick bombardierte ihn mit imaginären Giftpfeilen.
„ Wie bitte? Du findest es normal, mit einer Frau zusammenzuleben und nebenbei noch andere zu küssen und an den Hintern zu fassen?“
Er wusste nicht, was er darauf antworten konnte, ohne sich noch mehr zu belasten. Frauen waren Spezialisten darin, einem Mann das Wort im Mund umzudrehen. Was immer er sagte, es würde ihn nur noch tiefer reinreiten. Er gab einen hilflosen Seufzer von sich.
„ Nun ... ja.“
„ Ja?“
„ Was ist denn so schlimm daran?“
Nun war es an ihr zu seufzen.
„ Aber John, bedeutet dir unsere Beziehung denn gar nichts?“
„ Natürlich tut sie das. Wir sind ein prima Team, im Bett klappt es super ....“
Weiter kam er nicht.
„ Das ist alles, was ich dir bedeute? Ein Team und eine gute Nummer?“
John schnappte nach Luft. Jetzt hatte sie doch noch angefangen zu weinen.
„ Ich dachte, wir haben etwas Besonderes, etwas Dauerhaftes“, schluchzte sie.
John reichte ihr ein Papiertaschentuch aus seiner Hosentasche. Sie schnäuzte hinein.
„ Das ist nicht fair. Was wir haben, ist etwas Besonderes. Aber trotzdem habe ich dir schließlich von Anfang an gesagt, ich weiß nicht, wie man das macht, mit dem dauerhaft. Außerdem hat dieses Thema nichts mit Connie zu tun.“
Sandra öffnete den Mund und schloss ihn nicht mehr. Der Schock saß tief, das konnte sogar John erkennen. Er fühlte sich veranlasst, besser noch etwas hinzuzufügen.
„ Ich meine, wir sind schließlich nicht verlobt oder so was, warum soll ich denn plötzlich meine Ex-Geliebten als unsichtbar betrachten?“
„ Oder gar aufhören mit ihnen zu schlafen?“, setzte Sandra scharf hinzu.
„ Hey, das habe ich nicht gesagt. Obwohl, streng genommen haben wir beide keinerlei Verpflichtungen.“
Wieder klappte ihr Unterkiefer nach unten. Es hätte lustig ausgesehen, wäre ihm das Lachen nicht bereits vergangen. Er konnte schon nicht
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